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Kein Lebenszeichen

Kein Lebenszeichen

Titel: Kein Lebenszeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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»Also, wo ist er?«

    »Dann möchte ich eine Beschwerde einreichen.«
    »Was?«
    »Agent Cromwell hat sich mir als Anwalt vorgestellt«, fuhr McGuane mit seiner ruhigsten Stimme fort. »Ich habe das für bare Münze genommen. Ich habe ihm vertraut, weil ich davon ausging, dass mich das Anwaltsgeheimnis schützt. Jetzt sagen Sie, dass er ein verdeckter Agent ist. Ich möchte sicherstellen, dass nichts, was ich gesagt habe, gegen mich verwendet wird.«
    Pistillo war rot im Gesicht. »Wo ist er, McGuane?«
    »Ich habe nicht die leiseste Ahnung. Er ist zusammen mit Mr Ford gegangen.«
    »Welcher Art waren Ihre Geschäfte mit den beiden?«
    McGuane lächelte. »Das wissen Sie doch besser, Pistillo. Unsere Unterredung unterliegt dem Anwaltsgeheimnis.«
    Pistillo hätte gern abgedrückt. Er zielte McGuane mitten ins Gesicht. Der verzog immer noch keine Miene. Pistillo senkte die Waffe. »Alles durchsuchen«, bellte er. »Einpacken und beschriften. Er steht unter Arrest.«
    McGuane ließ sich Handschellen anlegen. Von dem Überwachungsvideo sagte er nichts. Das sollten sie ruhig selber finden. Auf die Art würde es viel mehr Eindruck machen. Doch als ihn die Agenten hinauszerrten, war ihm trotzdem klar, dass das hier nicht gut lief. Seine dreiste Tat machte ihm keine Sorgen – Cromwell war, wie gesagt, nicht der erste FBI-Agent, den er auf dem Gewissen hatte –, aber ihn ließ die Frage nicht los, ob er nicht etwas übersehen, sich irgendeine Blöße gegeben hatte, ob er schließlich doch einen Kardinalfehler begangen hatte, der ihn Kopf und Kragen kosten würde.

55
    Der Ghost verschwand im Wald und ließ Katy und mich allein zurück. Ich saß auf meinem Stuhl und starrte auf das Lasso um ihren Hals. Es hatte den beabsichtigten Effekt. Ich würde kooperieren. Ich würde nicht riskieren, dass sich diese Schlinge um den Hals des verängstigten Mädchens zusammenzog.
    Katy sah mich an und sagte: »Er bringt uns um.«
    Das stand außer Frage. Sie hatte natürlich Recht, doch ich stritt es trotzdem ab. Ich versprach ihr, dass alles gut ausgehen, dass ich einen Ausweg finden würde, aber ich glaube nicht, dass ich ihre Sorgen zerstreuen konnte. Kein Wunder. Meinem Kehlkopf ging es wieder besser, aber meine Niere schmerzte immer noch von dem Schlag. Ich ließ den Blick durch den Raum wandern.
    Nachdenken, Will. Und zwar schnell.
    Ich wusste, wie es weiterging. Der Ghost würde mich das Treffen vereinbaren lassen. Sobald Ken auftauchte, waren wir alle tot. Ich dachte darüber nach. Ich konnte versuchen, meinen Bruder zu warnen. Vielleicht konnte ich irgendeinen Code verwenden. Unsere einzige Hoffnung bestand darin, dass Ken die Falle witterte und den Gegner überraschte. Aber ich musste auch andere Möglichkeiten in Erwägung ziehen. Ich musste weiter nach einem Ausweg suchen, nach irgendeinem Ausweg, auch wenn das hieß, dass ich mich selbst opferte, um Katy zu retten. Irgendwann würde sich eine Chance bieten, er würde einen Fehler machen. Ich musste bereit sein und ihn nutzen.
    Katy flüsterte: »Ich weiß, wo wir sind.«
    Ich wandte mich zu ihr. »Wo?«
    »Wir sind im South-Orange-Wasserschutzgebiet«, sagte sie.
»Hier sind wir immer zum Biertrinken hergekommen. Es ist gar nicht weit bis zur Hobart Gap Road.«
    »Wie weit?«, fragte ich.
    »Knapp zwei Kilometer oder so.«
    »Kennst du den Weg? Also, falls wir abhauen, findest du dann dahin?«
    »Ich glaub schon«, sagte sie. Dann nickte sie: »Ja. Ja, das schaff ich.«
    Na gut. Das war ja schon mal was. Vielleicht nicht viel, aber immerhin ein Anfang. Ich sah zur Tür hinaus. Der Fahrer lehnte am Auto. Der Ghost stand neben ihm. Er hatte die Hände auf dem Rücken verschränkt und wippte auf den Zehenspitzen. Sein Blick war nach oben gerichtet, als beobachte er Vögel. Der Fahrer zündete sich eine Zigarette an. Der Ghost rührte sich nicht. Schnell erforschte ich den Fußboden und fand, was ich suchte – eine große Glasscherbe. Ich warf noch einen Blick aus der Tür. Keiner der beiden sah her. Also kroch ich hinter Katys Stuhl.
    »Was machst du denn da?«, flüsterte sie.
    »Ich schneid dich jetzt los.«
    »Spinnst du? Wenn er das sieht …«
    »Irgendwas müssen wir doch tun«, sagte ich.
    »Aber …« Katy hielt inne. »Auch wenn du mich losschneidest, was dann?«
    »Weiß ich nicht«, gab ich zu. »Aber halt dich bereit. Irgendwann ergibt sich schon eine Fluchtgelegenheit. Die müssen wir nutzen.«
    Ich drückte die scharfe Kante gegen das Seil und fing an, hin

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