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Kein Lebenszeichen

Kein Lebenszeichen

Titel: Kein Lebenszeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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stimmt nicht«, sagte der Ghost. »Eigentlich ist es sogar genau umgekehrt. Wenn man im Schützengraben liegt, wenn man dem Tod von Angesicht zu Angesicht gegenübersteht, ist man absolut sicher, dass es keinen Gott gibt. Deshalb kämpft man um sein Leben, um den nächsten Atemzug. Deshalb fleht man jedes mögliche und unmögliche Wesen um Hilfe an – weil
man nicht sterben will. Weil man tief im Herzen weiß, dass der Tod das Ende ist. Danach kommt nichts mehr. Es gibt kein Paradies. Keinen Gott. Nichts.«
    Der Ghost sah ihn an. McGuane rührte sich nicht.
    »Du hast mir gefehlt, Philip.«
    »Was willst du, John?«
    »Das kannst du dir doch denken.«
    Das konnte McGuane, doch er sagte nichts.
    »Mir ist klar«, fuhr der Ghost fort, »dass du ein bisschen in der Klemme sitzt.«
    »Was hast du gehört?«
    »Nur Gerüchte.« Der Ghost lächelte. Sein Mund war ein rasiermesserdünner Schlitz, und bei dem Anblick hätte McGuane fast laut losgeschrien. »Darum bin ich zurückgekommen.«
    »Das ist mein Problem.«
    »Das stimmt leider nicht, Philip.«
    »Was willst du, John?«
    »Die Männer, die du nach New Mexico geschickt hast, sind gescheitert, stimmt’s?«
    »Ja.«
    Der Ghost flüsterte: »Das wird mir nicht passieren.«
    »Ich weiß immer noch nicht, was du von mir willst.«
    »Du wirst mir doch sicher zustimmen, dass ich auch an der Sache beteiligt bin.«
    Der Ghost wartete. Schließlich nickte McGuane. »Ich denke schon.«
    »Du hast deine Quellen, Philip. Du kommst an Informationen ran, zu denen ich keinen Zugang habe.« Der Ghost betrachtete den Grabstein, und einen Moment lang meinte McGuane fast, etwas Menschliches in seinen Zügen zu erkennen. »Bist du sicher, dass er wieder da ist?«
    »Ziemlich sicher«, sagte McGuane.

    »Woher weißt du das?«
    »Ein Informant aus dem FBI. Die Männer, die wir nach Albuquerque geschickt haben, sollten herausfinden, ob es stimmt.«
    »Sie haben ihren Feind unterschätzt.«
    »Offensichtlich.«
    »Weißt du, wohin er geflohen ist?«
    »Wir suchen noch.«
    »Aber nicht sehr intensiv.«
    McGuane antwortete nicht.
    »Dir wäre es am liebsten, wenn er einfach wieder verschwindet, stimmt’s?«
    »Das wäre das Einfachste.«
    Der Ghost schüttelte den Kopf. »Diesmal nicht.«
    Sie schwiegen.
    »Und wer könnte wissen, wo er ist?«, fragte der Ghost.
    »Sein Bruder vielleicht. Vor einer Stunde hat das FBI Will abgeholt. Zu einer Vernehmung.«
    Das weckte die Aufmerksamkeit des Ghost. »Wieso vernehmen sie ihn?«
    »Wissen wir noch nicht.«
    »Dann«, sagte der Ghost leise, »sollte ich da vielleicht anfangen.«
    McGuane gelang es, zu nicken. Dann trat der Ghost auf ihn zu. Er streckte die Hand aus. McGuane erschauerte. Er konnte sich nicht bewegen.
    »Hast du Angst, deinem alten Freund die Hand zu schütteln, Philip?«
    Und wie. Der Ghost kam noch einen Schritt näher heran. McGuanes Atem ging flach. Er überlegte, ob er Tanner das Zeichen geben sollte.
    Eine Kugel. Mit einer Kugel könnte das Ganze ein für alle Mal erledigt sein.

    »Gib mir die Hand, Philip.«
    Das war ein Befehl, und McGuane befolgte ihn. Fast gegen seinen Willen hob sich seine Hand und streckte sich langsam nach vorn. Der Ghost, das wusste er, hatte Menschen umgebracht. Viele. Einfach so. Er war der Tod. Nicht nur ein Killer, sondern der Tod höchstpersönlich – als durchstieße jede seiner Berührungen die Haut und sende sein Gift in die Blutbahn aus, das ins Herz dringen würde wie das Küchenmesser, das der Ghost vor so langer Zeit benutzt hatte.
    McGuane wandte den Blick ab.
    Der Ghost trat rasch auf ihn zu und ergriff McGuanes Hand. McGuane unterdrückte einen Aufschrei. Er versuchte, sich aus der feuchten Falle zu befreien. Der Ghost ließ nicht los.
    Dann spürte McGuane, wie sich etwas Kaltes, Hartes in seine Handfläche bohrte.
    Der Griff wurde fester. McGuane keuchte vor Schmerz. Das Ding, das der Ghost in der Hand hatte, bohrte sich wie ein Bajonett in einen Nervenstrang. Die Umklammerung wurde noch fester. McGuane fiel auf ein Knie.
    Der Ghost wartete, bis McGuane zu ihm aufsah. Die Blicke der beiden Männer trafen sich, und McGuane war sich sicher, dass seine Lunge zu Stein werden und die anderen Organe einfach der Reihe nach versagen würden. Der Ghost lockerte den Griff. Er drückte McGuane das spitze Ding in die Hand und schloss sie. Dann ließ er endlich los und trat zurück.
    »Die Heimfahrt könnte ein bisschen einsam werden, Philip.«
    McGuane keuchte: »Was soll denn das schon

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