Kein Lebenszeichen
hatte Recht.
Castman hörte auf zu lachen, sah mich aber weiter an. »Wollen Sie wissen, wie ich Ihr Mädchen groß rausgebracht hab, großer Liebhaber?«
Ich sagte nichts.
»Genau wie unsere Tanya hier. Ich hab mich immer auf die besten Stücke konzentriert. Die, an die die Brothers nicht rangekommen sind. Echte Spitzenklasse. Ich hab Sheila also belabert und irgendwann ist sie für ’ne Fotosession in mein Studio
gekommen. Das war’s. Mehr war gar nicht nötig. Da konnte man mit der Gabel reinpieken, die war durch.«
»Wie?«, fragte ich.
»Wollen Sie das wirklich wissen?«
»Wie?«
Castman schloss die Augen, lächelte aber immer noch. Er suhlte sich in seinen Erinnerungen. »Ich hab ein paar Fotos von ihr gemacht. Echt hübsch und völlig legal. Und als wir fertig waren, hab ich ihr ein Messer an die Kehle gesetzt. Dann hab ich sie mit Handschellen an ein Bett in einem …«, er gluckste, »… korkgedämmten Raum gefesselt. Ich hab sie unter Drogen gesetzt. Ich hab sie gefilmt, als sie halb weggetreten war, und hab drauf geachtet, dass alles so aussah, als würde es in bestem gegenseitigem Einvernehmen passieren. Da hat Ihre Sheila übrigens ihre Jungfräulichkeit verloren. Auf Video. Mit meiner Wenigkeit. Reizend, oder?«
Die Wut kochte wieder hoch, und ich wusste nicht, wie lange ich noch durchhalten würde, bevor ich ihm den Hals umdrehte. Aber genau das, ermahnte ich mich, wollte er ja.
»Wo war ich? Ach ja. Ich hab sie angekettet und sie vielleicht eine Woche mit Drogen voll gepumpt. Guter Stoff. War nicht billig. Aber was soll’s, das sind Geschäftsinvestitionen. Eine gewisse Anlaufphase muss man immer einplanen, stimmt’s? Dann war unsere Sheila süchtig, und ich kann Ihnen sagen, diesen Geist kriegt man nicht so leicht wieder zurück in die Flasche. Als ich das Mädel losgemacht habe, hätte sie mir für einen Schuss den Dreck zwischen den Zehen weggelutscht, wenn Sie mir folgen können?«
Er unterbrach kurz, als erwartete er Applaus. Mich zerriss es innerlich.
Squares fragte mit unbewegter Stimme: »Und dann haben Sie sie auf den Strich geschickt?«
»Genau. Hab ihr noch ein paar Tricks beigebracht. Wie man’s schafft, dass ein Kerl schnell kommt. Wie man’s mit mehreren Typen gleichzeitig macht. Das weiß sie alles von mir.«
Ich hätte kotzen können.
»Weiter«, sagte Squares.
»Nein«, sagte er. »Nur wenn …«
»Dann gehen wir.«
»Tanya«, sagte er.
»Was ist mit ihr?«
Castman fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Können Sie mir etwas Wasser geben?«
»Nein. Was ist mit Tanya?«
»Das Miststück lässt mich hier vermodern, Mann. Das ist nicht okay. Klar, ich hab ihr wehgetan, aber ich hatte meine Gründe. Sie wollte abhauen und diesen Typen aus Garden City heiraten. Hat gedacht, es ist Liebe. Echt, Mann, sind wir hier bei Pretty Woman, oder was? Und ’n paar von meinen besten Mädels wollte sie gleich mitnehmen. Die könnten bei ihr und diesem Freier in Garden City wohnen, clean werden und lauter solche Scheiße. Das konnte ich nicht durchgehen lassen.«
»Also«, sagte Squares, »haben Sie ihr eine Lektion erteilt.«
»Ja, logisch. So läuft das halt.«
»Sie haben ihr Gesicht mit einer Rasierklinge bearbeitet.«
»Nicht nur das Gesicht – da kann man ja ’ne Tüte drüber stülpen, wenn Sie wissen, was ich meine? Aber im Großen und Ganzen haben Sie’s erfasst. Den anderen Mädels war’s eine Lehre. Aber wissen Sie – und jetzt wird’s witzig –, ihr Freund, dieser Freier, wusste nicht, was ich gemacht hab. Er kommt also aus seiner Villa in Garden City und will Tanya retten, klar? Der Trottel hat ’ne .22er dabei. Ich lach ihn aus. Und da schießt der auf mich. Diese Lusche von einem Buchhalter aus Garden City.
Er trifft mich unter der Achsel und die Kugel geht in die Wirbelsäule. Ich bleib so liegen. Ist das zu glauben? Und dann, hey, das ist echt witzig, nachdem er auf mich geschossen hat, sieht Mr Garden City, was ich mit Tanya gemacht hab, und wissen Sie, was der mit seiner großen Liebe macht?«
Er wartete. Wir nahmen an, dass es eine rhetorische Frage war, und schwiegen.
»Er dreht durch und lässt sie sitzen. Alles klar? Er sieht meine Handarbeit und haut ab. Die große Liebe. Will nichts mehr mit ihr zu tun haben. Die haben sich nie wiedergesehen.«
Wieder fing Castman an zu lachen. Ich versuchte, ruhig weiterzuatmen.
»Dann lieg ich also im Krankenhaus« , fuhr er fort. »Vollkommen hinüber. Tanya hat nichts zu tun. Holt mich
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