(K)ein Mann fuer die Liebe
Gegenwart verhielt. Rachel Tanner hatte ihr unnachahmlich knisterndes Lachen hören lassen und gesagt, vermutlich werde Jolie früher oder später darüber hinwegkommen.
Ihre Schwärmerei für Cole Rees war nichts, worüber sie sich Sorgen machen musste. Es war nur eine Phase.
âHannah, jetzt bleib endlich stehen.â Entschlossen schob Jolie den Riemen ihrer Schultasche über die Schulter und lief los, um die Freundin einzuholen.
âGeh einfach weiterâ, befahl Cole.
âAber wie soll ich ihr das erklären?â, wandte Hannah mit kläglicher Miene ein. âCole, sie ist meine beste Freundin. Was soll ich ihr sagen?â
âNichts.â
âGlaubst du, sie weià es?â
âKeine Ahnung.â Cole Rees hatte das Gefühl, überhaupt nichts mehr zu wissen. Bis gestern hatte er geglaubt, die Ehe seiner Eltern sei unerschütterlich. Vielleicht ein bisschen langweilig, aber solide. Sein Vater war für ihn der AllergröÃte gewesen, ein Held, ein Idol. Und dann hatte die Wirklichkeit ihn eingeholt. Seit mehr als einem Jahr schon hatte sein Vater eine Affäre. Gestern Abend hatte er es zugegeben, und sein Geständnis hatte eingeschlagen wie ein Blitz. Er wollte die Scheidung. Eigentlich hatten Cole und Hannah von dem Gespräch der Eltern nichts mitbekommen sollen, doch sie waren sehr laut geworden, sodass man bis ins oberste Stockwerk jedes Wort verstehen konnte. Die gegenseitigen Anschuldigungen, die plötzliche Erkenntnis, und dann das Schluchzen der Mutter.
Unerträglich lange hatte sie geweint.
Wieder rief Jolie, doch Cole ging unbeirrt weiter. Er ertrug es nicht, sie zu sehen. Obwohl Jolie noch ein Kind war, konnte man bereits erkennen, dass sie eines Tages eine echte Schönheit sein würde. Ihr Haar hatte die Leuchtkraft von Feuer, und mit ihren groÃen grauen Augen schien sie jedem direkt ins Herz zu blicken. Die Ãhnlichkeit mit ihrer Mutter war frappierend.
SchlieÃlich hatte Jolie die Geschwister eingeholt. Sie ging neben ihnen auf dem schmalen Weg, ihre Augen strahlten hell, der glänzende Pferdeschwanz wippte bei jedem Schritt. âHannah, hast du die Aufgaben für den Test geübt?â
Hannah schwieg. Sie bedachte ihren Bruder mit einem bittenden, verzweifelten Blick und Cole wünschte, er könne irgendwo anders sein, ganz gleich, wo.
Seit sie ein kleines Mädchen war, ging Jolie in seinem Elternhaus ein und aus. Sie gehörte nicht direkt zur Familie, aber sie war ein Teil seines Lebens, den er für selbstverständlich gehalten hatte. Hannahs Freundin. Ein bisschen sonderbar. Witzig. Immer mit einem dicken Notizbuch bewaffnet, in das sie unablässig hineinkritzelte und dessen Inhalt niemand jemals zu Gesicht bekam. Vor Jahren einmal hatte Cole Hannah gefragt, was sie eigentlich dort eintrage.
âSie zeichnetâ, hatte Hannah erklärt.
âUnd was?â
âAlles Möglicheâ, war Hannahs lapidare Antwort gewesen. âTiere, Menschen, besondere Farben, einfach alles.â
Cole hatte dieser Gedanke fasziniert.
âHan.â Jolie lieà nicht locker und riss Cole aus seinen Erinnerungen. Er bedachte sie mit einem finsteren Blick.
âHast du dich auf den Test vorbereitet?â, fragte sie erneut.
Kaum sichtbar schüttelte Hannah nur den Kopf, dann senkte sie den Blick und ging weiter. Gestern Abend hatte ihr nicht der Sinn danach gestanden, sich auf die Schule vorzubereiten.
Als Cole nun die Freundin seiner Schwester ansah, entdeckte er Unsicherheit und Schmerz in ihren Augen. Grimmig wandte er den Blick ab und setzte wortlos und mit schnellen Schritten den Weg fort. Dabei versuchte er zu ignorieren, dass Jolie Tanner neben ihm ging.
So kamen die drei schlieÃlich in der Schule an.
Und es schien ihnen, als hätten sie eine fast endlose Reise hinter sich.
Irgendetwas lief schief. Vollkommen schief. Hannah hatte kein Wort mit ihr gesprochen, Cole hatte sie nicht einmal wahrgenommen. Ohne einen Gruà war er im Schulgebäude verschwunden, noch ehe es geläutet hatte. Jolie hatte gehofft, Hannah werde ihr erklären, was geschehen war, wenn Cole gegangen war.
Doch auch jetzt sah Hannah sie nicht einmal an.
âWas ist los?â, beharrte Jolie verzweifelt. âSag doch etwas.â
âIch kann nicht mehr deine Freundin seinâ, erwiderte Hannah mit bebender Stimme.
Als Jolie sie ansah, bemerkte sie, dass Hannah weinte.
âWas
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