Kein Mann für eine Nacht: Roman (German Edition)
schmerzte, und die Ägais von einem strahlend schimmernden, einzigartigen Türkis – war für sie alles Grau in Grau. Sie spürte weder Hunger zu den Mahlzeiten noch Schmerz, wenn sie sich die Haut an den schroffen Felsen aufschürfte. Sie schlenderte am Ozean entlang, und die Brise spielte mit ihren Haaren, doch sie merkte es nicht. Manchmal fragte sie sich, ob dieses grässlich bedrückende Gefühl überhaupt jemals nachließe.
Nachts schrak sie aus quälenden Träumen hoch: sie und Jake beim Liebesakt … seine Lippen auf ihren Brüsten … seine Hände überall auf ihrem Körper … Wenn er so tief für sie empfinden würde wie Fleur für ihn, hätte ihm klar sein müssen, dass sie ihn niemals hintergangen hätte. Aber gerade weil sie Bedenken gehabt hatte, dass seine Liebe nicht stark genug wäre, hatte sie die Sache mit den Heiratsplänen erst einmal auf Eis gelegt. Sie hatte an ihm gezweifelt und letztlich Recht behalten. Jakes Gefühle gingen nicht tief genug, um in dieser Krise rückhaltlos zu ihr zu stehen.
Nach drei Tagen war ihr klar, dass Mykonos ihr Gemüt nicht aufhellen würde. Sie hatte ihre Agenturarbeit lange genug vernachlässigt und musste zurück nach New York. Allerdings gönnte sie sich noch zwei weitere Tage, ehe sie David anrief und ihre Rückkehr ankündigte.
Sie war depressiv und wie betäubt von ihrem Seelenkummer, dennoch war sie psychisch nicht zerbrochen.
Es schneite, als sie auf dem John-F.-Kennedy-Flughafen von Bord des Flugzeuges ging. Ihre Schurwollhose kratzte auf den sonnengebräunten Schenkeln, ihr Magen rebellierte nach den zweistündigen Turbulenzen über dem Atlantik. Wegen der Witterungsbedingungen war es noch schwieriger als sonst, ein Taxi zu finden. Das, welches sie schließlich ergatterte, hatte eine defekte Heizung. Es war weit nach Mitternacht, als sie ihre Haustür aufschloss und ihren Wohnraum betrat.
Im Haus war es klamm und fast so kalt wie in dem Taxi. Sie stellte den Koffer ab, drehte den Thermostat höher und trat ihre Schuhe aus. Im Mantel lief sie in die Küche und holte sich ein Glas Wasser, in dem sie zwei Alka-Seltzer auflöste. Während die Tabletten sprudelnd zerfielen, kroch die Kälte des Fliesenbodens durch ihre dünnen Strümpfe in die Beine. Sie wollte nur noch ins Bett, ihre Heizdecke einschalten und sich bis zum Morgen in wohlige Wärme kuscheln. Aber davor würde sie eine heiße Dusche nehmen, so heiß, wie sie es eben noch aushielt.
Erst im Bad zog sie ihren Mantel und ihre Sachen aus. Nachdem sie sich die Haare hochgesteckt hatte, schlüpfte sie in die Dusche und ließ den dampfend heißen Wasserstrahl über ihren Körper prasseln. Sie nahm sich fest vor, in sechs Stunden aufzustehen und eine Runde durch den Park zu laufen. Auch wenn sie sich miserabel fühlte – sie würde sich nicht unterkriegen lassen. Sie wollte ihren Tagesrhythmus beibehalten, und irgendwann würde der Schmerz abklingen.
Nachdem sie sich abgetrocknet hatte, streifte sie ein cremeseidenes Nachthemd über. Dummerweise hatte sie vergessen, die Heizdecke einzuschalten, also hüllte sie sich in einen dicken, flauschigen Bademantel. Der Temperaturunterschied gegenüber Mykonos war enorm. Trotz der heißen Dusche fröstelte sie. Bestimmt waren die Laken eiskalt.
Mit einer Hand öffnete sie die Badezimmertür, mit der anderen versuchte sie, den Bademantel zuzubinden. Merkwürdig. Sie hätte schwören mögen, dass sie vorhin im Schlafzimmer das Licht eingeschaltet hatte. Gute Güte, es war bitterkalt. Die Fensterläden klapperten wegen des tosenden Sturms draußen. War die Heizung etwa nicht angesprungen …?
Plötzlich kreischte sie auf.
»Keine Bewegung, Lady, und kein Geräusch!«
Ein gepresstes Stöhnen entrang sich ihrer Kehle.
Er saß im hinteren Teil des Raums, sein Gesicht lediglich erhellt von dem schwachen Lichtstreifen, der durch die geöffnete Badezimmertür drang. Sein Mund bewegte sich kaum beim Sprechen. »Ruhe, dann passiert nichts.«
Sie stolperte rückwärts in Richtung Bad. Er hob den Arm, und sie blickte unversehens auf einen schmalen, silbrig glänzenden Pistolenlauf. »Das ist weit genug«, befand er.
Das Herz klopfte ihr bis zum Hals. »Bitte …«
»Aufmachen.«
Fleur kapierte zunächst nicht. Dann begriff sie, dass er das Frotteeband ihres Bademantels meinte. Hastig knotete sie es auf.
»Und jetzt den Mantel.«
Sie rührte sich nicht.
Er zielte mit dem Colt genau auf ihre Brust.
»Das ist ja irrsinnig«, stammelte sie. »Blanker
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