Kein Mann für eine Nacht: Roman (German Edition)
unfair sein. Nach der Einweihung von Fleurs zweitem Büro an der Westküste hätte auch der größte Skeptiker eingeräumt, dass sie ihre Agentur erfolgreich führte. Zudem hatte sie sich für Vogue in Michels aparter neuer Modelinie für Schwangere ablichten lassen. Trotzdem fand Belinda, dass ihre Tochter ihr Potenzial nicht völlig ausschöpfte. Eine solche Schönheit und dann das … Grundgütiger, Fleur musste doch nun wirklich nicht hinter einem Schreibtisch hocken und versauern! Und an den Wochenenden vergrub sie sich mit Jake in diesem gottverlassenen Farmhaus in Connecticut, anstatt dass sie in Manhattan blieben, wo sie das illustre Traumpaar der Stadt waren.
Vor zwei Monaten, Anfang Juli, hatte Belinda sie zuletzt auf der Farm besucht. Sie war aus ihrem Wagen ausgestiegen und prompt in einen Hundehaufen getreten, von den dreckigen Kötern, die Fleur unbedingt halten musste. Ihre nagelneuen Designerpumps waren damit zwangsläufig hinüber. Sie klingelte. Da niemand an die Tür kam, ging sie kurzerhand hinein.
Im Innern war es kühl, und es roch nach Küche. Das war nicht Belindas Vorstellung, wie es bei zwei derart prominenten Menschen auszusehen hätte. Weiß gestrichene Bodendielen statt Marmor. Darauf zwei Flechtteppiche – Flickenteppiche nannte man dergleichen in Indiana – statt edlen Persern. In einer Ecke der Eingangshalle lag ein Basketball. In einer alten Blechkanne stand ein Strauß Gartenblumen. Und auf der Kommode entdeckte sie etwas, was verräterisch nach der schicken Peretti-Abendtasche aussah, die sie Fleur vorletztes Jahr zu Weihnachten geschenkt hatte, nur dass ihr jetzt die dunklen Knopfaugen eines gelben Plüschentchens daraus entgegenstaunten.
Belinda zog ihre kotverschmierten Schuhe aus und tappte durch das verlassene Parterre ins Esszimmer. Ein Manuskript lag auf dem Sideboard, aber das reizte Belinda nicht besonders. Im Gegensatz zu vielen anderen, die sich ein Bein ausgerissen hätten, um einen Blick in ein neues Werk von Jake Koranda zu werfen. Ungeachtet seiner vielen Literaturpreise und Auszeichnungen interessierte sie sich nicht für Jakes schriftstellerische Karriere. Und das Buch über Vietnam, mit dem er seinen zweiten Pulitzer gewonnen hatte, war das Deprimierendste, was sie je gelesen hatte.
Sie liebte seine Filme und wünschte sich, er würde mehr Präsenz auf der Leinwand zeigen, dabei hatte er in den letzten drei Jahren nur einen Bird-Dog-Western gedreht. Sehr zu Fleurs Leidwesen. Sie und Jake stritten sich tagelang deswegen, bis er sich letztlich durchsetzte. Er argumentierte, dass er die Rolle des Bird Dog gern spiele und sie das eben alle paar Jahre akzeptieren müsse. Nachher begleitete sie ihn zu den Dreharbeiten, wann immer es ihre Termine ermöglichten, und kümmerte sich um die Pferde.
Plötzlich drang Fleurs Lachen durch das offene Fenster. Belinda schob die Spitzengardine beiseite.
Die beiden lagen unter einem knorrigen Kirschbaum, der längst hätte gefällt werden müssen. Fleur, die den Kopf in Jakes Schoß gebettet hatte, trug eine fadenscheinige blaue Schwangerschaftsbermuda und dazu eins von Jakes Oberhemden, aufgeknöpft, damit ihr gerundeter Bauch Platz hatte. Belinda hätte schreien mögen. Das wunderschöne Blondhaar war mit einem einfachen Gummiring zu einem Pferdeschwanz gebändigt, ein langer Kratzer zog sich über ihre Wade, ein aufgekratzter Mückenstich verunstaltete ihren Knöchel. Zu allem Überfluss stopfte Jake ihr mit einer Hand Kirschen in den Mund, während er mit der anderen ihren Bauch streichelte.
Da drehte Fleur den Kopf, und Belinda gewahrte ihr kirschsaftverschmiertes Kinn. Jake küsste sie, glitt mit der Hand unter das Hemd und umschloss ihre Brust. Bevor Belinda empört fliehen konnte, hörte sie das Knallen einer Autotür, gefolgt von schrillem, ausgelassenem Gekreische. Belindas Puls beschleunigte sich, und sie beugte sich aus dem Fenster, um Meg zu winken, die sie wochenlang nicht mehr gesehen hatte.
Meg …
Fleur und Jake blickten auf, als das Kind um das Haus gelaufen kam. Sie umrundete ein grünes Planschbecken, stürmte zu ihren Eltern. Jake fing sie auf, bevor sie sich auf Fleur stürzen konnte, und zog sie in seine Armbeuge. »Boah, Naschkatze. Dein Bauch ist fast so dick wie der von deiner Mama.«
»Ein guter Auftakt zu ihrem Sexualkundeunterricht, Cowboy.« Fleur zupfte an Megs Baumwollkleidchen. »Klebt da an deinem Mund etwa Eis? Hast du deiner Nanny schon wieder eins abgeluchst?«
Meg schob sich den
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