Kein Mann für eine Nacht: Roman (German Edition)
Rauchring in die Luft. »Dieser ganze Erbschaftskram macht mich verrückt. Damit komme ich nicht klar.«
»Brauchst du auch nicht. David Bennis wird mit Alexis Stab zusammenarbeiten. Er kann alles von New York aus regeln.«
Alexis Assistenten mitzuteilen, dass sie ihnen gegenüber nach dem Tod des Chefs weisungsbefugt war, hatte sich als weitere Herausforderung herausgestellt, die sie mit Bravour gemeistert hatte. Jetzt galt es, mit einer nörgeligen Belinda fertigzuwerden und mit ihrem nervösen Magen, der sich jedes Mal zusammenkrampfte, wenn das Telefon klingelte.
»Ich möchte, dass du meine Geschäfte führst und nicht irgendein wildfremder Mann.« Fleur reagierte nicht darauf, und Belinda zog zum zigsten Mal eine Schnute, weil sie ihren Willen nicht bekam. »Wie ich dieses Haus hasse! Allein bleibe ich über Nacht nicht hier.«
»Dann zieh eben in ein Hotel.«
»Du bist eiskalt, Fleur. Du bist in letzter Zeit furchtbar abweisend zu mir. Und ich mag es nicht, wenn du mich ausschließt. All diese Geschichten über Jake in Vietnam … Ich hab es zufällig in der Zeitung gelesen. Ich bin sicher, du hast mit ihm darüber gesprochen, und mich lässt du im Ungewissen.«
Fleur hatte nicht mit ihm gesprochen. Jake weigerte sich beharrlich, ihre Anrufe entgegenzunehmen. Es versetzte ihr einen schmerzhaften Stich, wenn sie daran dachte, wie rigoros seine Sekretärin sie am Telefon abfertigte. »Bedaure, Miss Savagar, aber ich weiß nicht, wo er ist … Nein, er hat keine Nachricht für Sie hinterlassen.«
Fleur hatte es in seinem kalifornischen Haus und auch in seinem New Yorker Apartment versucht. Es wurde nie abgenommen. Als sie seine Sekretärin erneut anrief, schlug ihr offene Feindseligkeit entgegen. »Haben Sie noch nicht genug Unheil angerichtet? Er wird auf Schritt und Tritt von Reportern verfolgt. Kapieren Sie doch endlich: Er will nicht mit Ihnen reden!«
Das war vor fünf Tagen gewesen, seitdem hatte Fleur sich nicht mehr anzurufen getraut.
Sie schnappte sich ihren Koffer. »Wenn du nicht hier leben magst, Belinda, solltest du umziehen. Du bist eine reiche Frau und kannst dir überall auf dem Globus eine vornehme Adresse leisten. Ich hab dir angeboten, einen Makler einzuschalten, aber das wolltest du ja nicht.«
»Ich hab es mir anders überlegt. Lass uns morgen mit der Suche anfangen.«
»Zu spät. Mein Flugzeug geht um drei Uhr.« Aber nicht nach New York, wie Belinda glaubte.
»Baby!«, schluchzte Belinda, »ich bin es nicht gewöhnt, allein zu sein.«
Wie Fleur sie einschätzte, würde ihre Mutter nicht lange allein bleiben. »Du bist stärker, als du glaubst.« Das sind wir beide , dachte sie bei sich.
Belindas Augen füllten sich mit Tränen. »Ich kann es einfach nicht fassen, dass du mich verlässt. Nach allem, was ich für dich getan habe.«
Fleur hauchte ihrer Mutter einen Kuss auf die Wange. »Damit kommst du doch locker klar.«
Auf dem Weg zum Flughafen blieb die Limousine im Stau stecken. Fleur betrachtete die Schaufenster, bis ihr ein Touristenbus die Sicht versperrte. Ihr Wagen fuhr im Schritttempo weiter, schob sich vor den Bus. Plötzlich blickte sie in Jakes Gesicht, auf einem Filmplakat zu Entscheidung am Blood River . Den breitkrempigen Hut tief in die Stirn gezogen, mit Dreitagebart und Zigarillo im Mundwinkel, verkörperte er Bird Dog Caliber, den knallharten Cowboytyp, der sich nicht die kleinste Schwäche erlaubte, ein Mann, der seine Freiheit und das Abenteuer liebte, und dann kam erst einmal lange Zeit nichts. Wie war sie eigentlich auf das schiefe Brett gekommen, dass sie ihn zähmen könnte?
Sie schloss die Augen. In ihrer Agentur stapelte sich die Arbeit, und sie konnte es sich gar nicht leisten, noch länger frei zu machen, aber sie brauchte ein paar Tage – ein paar Tage des Alleinseins -, bevor sie zurückflog. Sie brauchte einen Ort, wo sie niemand finden würde, wo sie nicht ständig auf Anrufe wartete, die nicht kamen. Dort würde sie von ihrem gebrochenen Herzen genesen. Wie schon einmal.
Fleur hatte sich für Mykonos entschieden.
Das kleine, weiß verputzte Haus lag malerisch in einen Olivenhain gebettet, nicht weit von einem einsamen Strandstück. Sie aalte sich in der Sonne, unternahm barfuß lange Spaziergänge am Meer und redete sich ein, dass die Zeit alle Wunden heilte, auch ihre. Gleichwohl fühlte sie sich emotional abgestumpft, unfähig, die Schönheit der Insel zu genießen. Auf Mykonos – wo das Weiß so weiß war, dass es in den Augen
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