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Kein Öl, Moses

Kein Öl, Moses

Titel: Kein Öl, Moses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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auf dem Spiel.
    »Das Telefon!« Ich sause zur Türe und in mein Zimmer hinunter, wirklich zum Telefon, obwohl es natürlich nicht geläutet hat. Vielmehr rufe ich jetzt meinen Freund Bruno an, der als Biochemiker oder etwas dergleichen tätig ist.
    »Bruno«, flüstere ich in die Muschel, »wieso wissen wir, daß sich die Erde um die Sonne dreht?«
    Sekundenlange Stille. Dann höre ich Brunos gleichfalls flüsternde Stimme. Er fragt mich, warum ich flüstere. Ich antworte, daß ich heiser bin, und wiederhole meine Frage.
    »Aber das haben wir doch in der Schule gelernt«, stottert der Biochemiker oder was er sonst sein mag. »Wenn ich nicht irre, wird es durch die vier Jahreszeiten bewiesen ... besonders durch den Sommer...«
    »Eine schöne Auskunft, die du mir da gibst«, zische ich ihm ins Ohr. »Das mit den vier Jahreszeiten bleibt ja auch bestehen, wenn die Lampe bewegt wird und die Schachtel mit den Reißnägeln nicht herunterfällt! Adieu.«
    Als nächstes versuche ich es bei meiner Freundin Dolly. Sie hat einmal Jus studiert und könnte von damals noch etwas wissen.
    Dolly erinnert sich auch wirklich an das Experiment mit Fouchets Pendel aus der Physikstunde. Soviel sie weiß, wurde das Pendel auf einem freistehenden Kirchturm aufgehängt und hat dann Linien in den Sand gezogen.
    Das war der Beweis.
    Allmählich wird mir die Inquisition sympathisch. Freche, vorlaute Kinder, die nur darauf aus sind, ihre Altvorderen zu blamieren, sollten sich hüten! Woher ich weiß, daß die Erde sich um die Sonne dreht? Ich weiß es und Schluß. Ich spüre es in allen Knochen.
    Mühsam schleppe ich mich an meinen Schreibtisch zurück, um weiter zu arbeiten. Wo ist der Radiergummi?
    »Papi!« Der Rotkopf steht schon wieder vor mir. »Also bitte - was dreht sich?«
    Tiefe Müdigkeit überkommt mich. Mein Kopf schmerzt. Man kann nicht sein ganzes Leben kämpfen, schon gar nicht gegen die eigenen Kinder.
    »Alles dreht sich«, murmle ich. »Was geht's dich an?«
    »Du meinst, die Sonne dreht sich?«
    »Darüber streiten sich die Gelehrten. Heutzutage ist alles möglich. Und zieh schon endlich deine Socken hinauf!«

Wie unser Sohn Amir das Schlafengehen erlernte
    Manche Kinder wollen um keinen Preis rechtzeitig schlafen gehen und sprechen aller elterlichen Mühe hohn. Wie anders unser Amir! Er geht mit einer Regelmäßigkeit zu Bett, nach der man die Uhr einstellen kann: auf die Minute genau um halb neun am Abend. Und um sieben am Morgen steht er frisch und rosig auf, ganz wie's der Onkel Doktor will und wie es seinen Eltern Freude macht.
    So gerne wir dies von unserem Sohn erzählen, ein kleiner Haken ist leider dabei: Es stimmt nicht. Wir lügen, wie alle Eltern. In Wahrheit geht Amir zwischen 23.30 und 2.15 Uhr schlafen. Das hängt vom Sternenhimmel ab und vom Fernsehprogramm. Am Morgen kriecht er auf allen vieren aus dem Bett, so müde ist er. An Sonn- und Feiertagen verläßt er das Bett überhaupt nicht.
    Nun verhält es sich keineswegs so, daß der Kleine sich etwa weigern würde, der ärztlichen Empfehlung zu folgen und um 20.30 Uhr schlafen zu gehen. Pünktlich zu dieser Stunde schlüpft er in seinen Pyjama, sagt »Gute Nacht, liebe Eltern!« und zieht sich in sein Schlafzimmer zurück. Erst nach einem bestimmten Zeitintervall - manchmal dauert es eine Minute, manchmal anderthalb - steht er wieder auf, um seine Zähne zu putzen. Dann nimmt er ein Getränk zu sich, dann muß er Pipi machen, dann sieht er in seiner Schultasche nach, ob alles drinnen ist, trinkt wieder eine Kleinigkeit, meistens vor dem Fernsehapparat, plaudert anschließend mit dem Hund, macht noch einmal Pipi, beobachtet die Schnecken in unserem Garten, beobachtet das Programm des Jordanischen Fernsehens und untersucht den Kühlschrank auf Süßigkeiten. So wird es 2 Uhr 15 und Schlafenszeit.
    Natürlich geht diese Lebensweise nicht spurlos an ihm vorüber. Amir sieht ein wenig blaß, ja beinahe durchsichtig aus, und mit den großen Ringen um seine Augen ähnelt er bisweilen einem brillentragenden Gespenst. An heißen Tagen, so ließ uns sein Lehrer wissen, schläft er mitten im Unterricht ein und fällt unter die Bank. Der Lehrer erkundigte sich, wann Amir schlafen geht. Wir antworteten: »Um halb neun. Auf die Minute.«
    Lange Zeit gab es uns zu denken, daß alle anderen Kinder unserer Nachbarschaft rechtzeitig schlafen gehen, zum Beispiel Gideon Landesmanns Töchterchen Avital. Gideon verlangt in seinem Hause strikten Gehorsam und eiserne Disziplin

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