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Kein Öl, Moses

Kein Öl, Moses

Titel: Kein Öl, Moses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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habe:
    »Hab ich? Ich kann mich nicht erinnern...«
    Offensichtlich handelt es sich bei der ganzen Sache um eine automatische, sinnentleerte Gewohnheit, eine Art Reflexbewegung der Handmuskeln, die einem unkontrollierbaren inneren Antrieb gehorchen. Ein Hobby-Experte hat berechnet, daß die letzte Drucksachen-Serie von »Glück und Erfolg im Neuen Jahr« aneinandergereiht eine Hartpapierkette ergeben würde, die von Tel Aviv bis Bath Jam reicht, die Stadt zweimal umkreist und in einer Ambulanz nach Tel Aviv zurückkehrt.
    Natürlich versuchen die Behörden diesem ökonomischen Unglück entgegenzuwirken:
    »Mitbürger!« rief der Postminister in einem dramatischen Fernsehappell, »alle Israeli sind Brüder. Wir müssen uns das nicht jedes Jahr aufs neue durch die Post bestätigen. Die Regierung ist fest entschlossen, diesem Unfug ein Ende zu setzen.«
    Eine bald darauf erlassene Verordnung begrenzte die glücklichen und erfolgreichen neuen Jahre auf fünf je Einwohner. Zuwiderhandelnden wurden Geldstrafen bis zu 1000 Shekel oder Gefängnisstrafen bis zu zwei Wochen angedroht. Die Einwohnerschaft kümmerte sich nicht darum. Allein in den beiden Vortagen des Neujahrsfestes brachen in Tel Aviv auf offener Straße 40 Briefträger zusammen, die Hälfte davon mit schweren Kreislaufstörungen und sechs mit Leistenbrüchen. Zwei mußten in geschlossene Anstalten überführt werden, wobei sie ununterbrochen »Glück und Erfolg... Glück und Erfolg...« vor sich hin murmelten.
    Das Slonsky-Komitee, eine gemeinnützige Organisation zur Erforschung israelischer Charaktereigenschaften, machte die bemerkenswerte Entdeckung, daß viele Israeli den Regierungserlaß umgingen, indem sie ihre Glück- und Erfolgswünsche nicht als Drucksache, sondern als geschlossene Briefe verschickten, also lieber ein höheres Porto bezahlten, als auf Glück und Erfolg zu verzichten. Um die Kosten einzubringen, fügten sie zum vorgedruckten Glück und Erfolg noch handschriftlich Gesundheit, Frieden, guten Geschäftsgang und Gottes Segen hinzu, was weitere Zeitvergeudung und Verluste an Produktionsenergie mit sich brachte.
    Als die Regierung ihre Gegenmaßnahmen verschärfte und gelegentliche Stichproben vorzunehmen begann, protestierte eine Gruppe israelischer Bürger beim Generalsekretär der Vereinten Nationen gegen diese Einschränkung der Gruß- und Wunschfreiheit, verlangte den sofortigen Rücktritt der Regierung und drohte mit der Aufdeckung von Mißständen im Verwaltungsapparat. Die Behörden ließen sich das nicht zweimal sagen und reagierten noch schärfer: In einem mit knapper Stimmenmehrheit durchgebrachten Ausnahmegesetz wurde die Versendung von Neujahrskarten überhaupt verboten und die Strafsätze auf Gefängnis bis zu zwei Jahren erhöht. Überdies wurden speziell ausgebildete Kontrolleinheiten ins Leben gerufen, die verdächtig aussehende Briefe öffnen sollten. Binnen kurzem wurden in Tel Aviv mehrere angesehene Bürger verhaftet, unter ihnen ein Versicherungsagent, der nicht weniger als 2600 Karten mit dem Text »Glück und Erfolg im Neuen Jahr innerhalb sicherer und international anerkannter Grenzen« verschickt hatte. Der Verteidiger des Angeklagten stellte sich vor Gericht auf den Standpunkt, daß es sich hier nicht um Neujahrskarten handle, sondern um ein politisches Pamphlet. Daraufhin trat die gesetzgebende Körperschaft abermals in Aktion und ergänzte das Wunschkartenverbot durch einen Zusatz, demzufolge die Worte »Glück«, »Erfolg«, »neu« und »Jahr« sowie ihre Derivate im Postverkehr mit sofortiger Wirkung untersagt wurden. Zu den interessantesten Versuchen, dieses Verbot zu umgehen, zählten die 520 Bar-Mizwah-Telegramme eines jungen Architekten in Haifa, die er mit »Jonas Neujahr, Präsident der Firma Glück & Wunsch« unterzeichnete.
    Der Strafsatz für illegales Glückwünschen wurde auf 15 Jahre Gefängnis hinaufgesetzt, aber es half nichts. Eine Woche vor Neujahr entdeckte die Kontrolleinheit IV - sie galt als die tüchtigste von allen - ein Rundschreiben der »Landwirtschaftlichen Maschinenbau AG«, dessen letzter Satz den verdachterregenden Wortlaut hatte:
    »Dieses Zirkular ist vor Kälte zu schützen.« Man hielt das Blatt über eine kleine Flamme, und zwischen den vorgedruckten Zeilen erschien in fetten Blockbuchstaben der landwirtschaftliche Text: »Möge die Stärke der Arbeiterklasse im neuen Jahr blühen und gedeihen und möge den Gewerkschaften Glück und Erfolg beschieden sein! Dies ist der

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