Kein Spaß ohne Hanni und Nanni
Else“, sagte sie. „Du gehst nicht mit zu Frau Theobald.“
„Lass mich los“, schrie Else und versuchte sich aus Carlottas Umklammerung zu befreien. „Ich kann Frau Theobald nicht sagen, dass ich nicht länger Klassensprecherin bin.“
„Anne kann es sagen“, erklärte Hilda. „Es tut mir leid, Else, aber es muss sein. Du warst keine gute Vertreterin unserer Klasse – wir möchten dich einfach nicht mehr. Anne geht allein!“
„Sie geht nicht allein, sie geht nicht allein“, schrie Else, den Tränen nahe. „Es ist schändlich! Was wird nur Frau Theobald von mir denken?“
„Das hättest du dir früher überlegen müssen“, meinte Hilda. „Anne, geh jetzt. Natürlich wirst du so wenig wie möglich über Else reden – aber bitte mach es ganz klar und deutlich, dass du – und nur du allein – die Sprecherin unserer Klasse bist.“
Anne ging. Else blieb zurück. Schluchzend hockte sie sich wieder auf ihren Stuhl. Sie hoffte, dass die Klasse Mitleid mit ihr hätte. Aber niemand achtete auf sie. Die Mädchen redeten unbekümmert weiter.
Marianne befand sich nicht unter ihnen. Das Gespräch mit der Direktorin hatte sie aufgewühlt. Sie wollte nicht, dass die anderen ihre Tränen sahen. Deshalb war sie in den Waschraum gegangen, um ihr Gesicht mit kaltem Wasser abzuwaschen. Als sie wieder auf den Korridor kam, begegnete sie Anne, die auf dem Weg zur Direktorin war. Anne sprach sie an.
„Hallo, Marianne! Kriegst du die Geige? Wenn du willst, können wir das Telegramm zusammen aufgeben.“
„Frau Theobald erlaubt es nicht“, erwiderte Marianne bedrückt. „Anne, sie war böse auf mich. Sie glaubt, ich will nur einen neuen Anfang machen, weil ich es leid bin, euch zu ärgern. Aber das ist nicht der einzige Grund. Ich schäme mich wirklich wegen meines Benehmens. Und gerade an dem Tag, an dem ich mich ändern wollte, geschahen all diese scheußlichen Dinge – und jetzt ist auch noch Frau Theobald gegen mich. Wozu soll ich mich eigentlich anstrengen? Es hat ja doch keinen Zweck. Ich werde also beim bunten Abend nicht mitmachen. Ich werde überhaupt nichts mehr tun.“
Anne starrte Marianne überrascht an. „Schau, ich kann jetzt nicht“, sage sie. „Ich muss zur Direktorin. Aber wir wollen später über alles reden. Es tut mir schrecklich leid für dich, Marianne. Wirklich! Mach jetzt kein so trauriges Gesicht! Vielleicht sieht alles viel schlimmer aus, als es ist.“
Anne rannte den Korridor hinunter und klopfte an Frau Theobalds Tür. „Herein“, ertönte die freundliche Stimme der Direktorin. Ein wenig furchtsam betrat Anne das Zimmer. Frau Theobald war gütig und gerecht – aber sie war auch so klug und würdevoll, dass die Schülerinnen immer ein bisschen Angst vor ihr hatten.
„Guten Morgen, Anne“, sagte Frau Theobald. „Wo ist denn Else?“
„Else ist nicht mehr Klassensprecherin“, erwiderte Anne zögernd.
Die Direktorin schaute sie erstaunt an.
„Das ist mir neu. Was ist denn geschehen?“
Für Anne war es nicht einfach, das zu erklären, ohne Else zu verpetzen. Endlich sagte sie: „Wir fanden, dass Else zurzeit für diesen Posten nicht geeignet ist.“
„Frau Jenks weiß aber nichts davon“, warf die Direktorin ein. „Warum habt ihr sie nicht um Rat gefragt?“
„Es war Elses eigener Wunsch“, erklärte Anne. „Sie wollte, dass wir selber die Angelegenheit entscheiden. Frau Theobald, es ist – es ist recht schwierig, darüber zu sprechen – ohne zu petzen, meine ich.“
„Sind Hilda Wentworth und die Sullivan-Zwillinge damit einverstanden?“, fragte die Direktorin.
„Natürlich, ich hätte es nie von mir aus getan – dafür bin ich zu faul, leider. Aber als mir die Mädchen die Verantwortung übertrugen, durfte ich sie doch nicht enttäuschen.“
„Sicher nicht“, meinte Frau Theobald. Sie fühlte, dass in Anne mehr steckte, als sie angenommen hatte. „Ich will jetzt nicht weiter in dich dringen, Anne. Wahrscheinlich hat eure Klasse die richtige Entscheidung getroffen. Ich hoffe nur, dass Else etwas daraus lernt. Du hast dich auf jeden Fall zu deinem Vorteil verändert.“
Anne errötete. Verantwortung zu tragen war schon eine lästige Plage – aber schließlich brachte es auch etwas ein, zumindest Selbstvertrauen.
„Anne, ich habe dich kommen lassen, um mit dir über Marianne Urban zu sprechen“, sagte Frau Theobald. „Was hältst du von ihr?“
Anne verschwendete nie viel Worte. In wenigen Sätzen berichtete sie Frau Theobald, was sie von
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