Kein Tod wie der andere
auch nur, weil sie sich auf die Rolle von Mutter und Ehefrau konzentriert hatte und erst jetzt, wo ihre Tochter Jana in der Kindertagesstätte war, stundenweise ihrem Beruf als Physiotherapeutin nachging.
»So, über unseren Besuch im Bitburger Krankenhaus darfst du wieder berichten.« Mit einem spöttischen Lächeln übergab Nicole Huth-Balzer das Wort an ihren Kollegen.
Nikolas Steffen nahm den Ball gekonnt auf. »Ich sag euch, die Ermittlungen sind nicht leicht für einen voll im Saft stehenden jungen Mann. Gestern noch mit Freundin und Schwiegereltern in spe zusammen diniert, dann mit der hübschesten Kriminalistin im Land ausgeritten und heute die heißeste Zeugin, die ihr euch vorstellen könnt, befragt: Da muss man schon durch und durch Polizist sein, um seinen Mann zu stehen … Also, seine Arbeit gewohnt super zu machen.«
Steffen war mit seinen vierunddreißig Jahren nicht mehr wirklich jung. Sein ansprechendes Aussehen, der muskulöse Körper und seine gegenüber dem weiblichen Geschlecht durchaus charmante Art machte ihn bei Frauen mehr als beliebt. Wenn er zusammen mit der hübschen Huth-Balzer unterwegs war, hatte das bei Befragten nicht nur einmal zu erheblichen Zweifeln an einem polizeilichen Besuch geführt. Legendär war mittlerweile ein Besuch bei einem älteren Mann im Stadtteil Kürenz. Der Prototyp des heruntergekommenen Junggesellen hatte ihnen in grauer Jogginghose und weiß geripptem Unterhemd die Tür geöffnet. Als Huth-Balzer ihn fragte, ob er etwas von sexuellen Belästigungen im nahe gelegenen Schlosspark wüsste, hatte sich der Mann nach hinten umgedreht und im tiefsten Trierer Platt gerufen: »Ludmilla, zieh dir was an und komm. Hier sind Leute von der versteckten Kamera, die wissen wollen, wie wir uns kennengelernt haben.«
Für gewöhnlich waren Steffen und Huth-Balzer aber vielleicht gerade wegen ihrer sympathischen Erscheinung und ihrer Qualitäten im Kontakt mit den Menschen ein erfolgreiches Ermittlerteam, dem sich die Leute eher mitteilten als anderen Polizisten. Genau das hatten Buhle und die Kollegen im K 11 an den beiden schätzen gelernt, und umso enttäuschter waren alle, als die junge Polizistin nach ihrer praktischen Ausbildungszeit in Trier und bestandener Abschlussprüfung zunächst ihren Dienst bei der Bereitschaftspolizei in Wittlich antreten musste.
Bei der Befragung von Suzanne Altmüllers Kollegen und Vorgesetzten im Marienhaus Klinikum Eifel am Standort Bitburg hatten Steffen und Huth-Balzer mit ihrem unangekündigten Besuch und der Frage nach Informationen zu der ermordeten Ärztin zunächst für rege Betriebsamkeit auf allen Ebenen gesorgt.
»Bei dem Namen Altmüller schienen bei allen Menschen in weißen Kitteln die Alarmglocken zu läuten. Wenn die auch bei Notfällen so geschäftig reagieren, lasse ich mich bei meinem nächsten Unfall dorthin einliefern.« Steffen hatte als Sportler und Autofreak bereits mehrere Krankenhausaufenthalte hinter sich. »Suzanne Altmüller war in der Abteilung für Allgemeine Innere Medizin und Pulmonologie tätig. Ihr Chef, Dr. Martin B. Rosenthal war zunächst etwas reserviert. Hatte wohl in einem früheren Fall mit Kollegen von uns nicht die besten Erfahrungen gemacht. Als er dann merkte, dass wir seinem Haus nichts Böses wollten, hat er immerhin Suzanne Altmüller als sehr fleißig, strebsam und verantwortungsbewusst beschrieben. Offenbar war er mit ihren Leistungen sehr zufrieden. Zu einer privaten Einschätzung konnte er sich nicht durchringen. Wir haben dann die anwesenden Stationskollegen befragt. Hier war das Bild durchaus vielschichtiger. Einige meinten, wörtlich, ›die Altmüller‹ hätte sich ›mit ihrer scheißfreundlichen Art nur zu gerne in den Vordergrund gespielt‹, und zudem wäre sie zu den Krankenschwestern herablassend gewesen. Andere behaupteten genau das Gegenteil. Wenn ihr mich fragt, gab es welche, die sie mochten, und welche, die sie nicht mochten, vielleicht neidisch waren. Als wir schon wieder aus dem Krankenhaus raus waren, kam uns eine Krankenpflegerin hinterhergerannt. Martina Kootz war mit Suzanne näher bekannt, wie sie sagte.« Steffen drehte sich zu Huth-Balzer um. »Immerhin eine Frau in den besten Jahren, darf ich weiterreden?«
»Du darfst. Die ist so alt wie du, also eh zu alt für dich.«
»Also, Martina Kootz berichtete, dass das Arbeitsklima auf der Station nicht besonders gut sei. Es gäbe viel Neid zwischen Krankenschwestern und Pflegerinnen. Die Ärzte wiederum hätten
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