Kein Tod wie der andere
Öffentlichkeit immer nur von asiatischen Geldgebern oder von Investoren aus Fernost gesprochen. Nie hatte er China explizit genannt. Nie war er mit Shiwen zusammen in der Öffentlichkeit zu sehen gewesen. Ihre Treffen waren stets höchst diskret organisiert. Aber der Chinese hatte später auffallend genau wissen wollen, was Altmüller gefragt und gesagt hatte. Da hatte bei Shiwen etwas zwischen den Zeilen gestanden, das in ihm ein höchst beklemmendes Gefühl hervorgerufen hatte.
Hier wusste nur einer etwas mehr über die Investoren, wenngleich auch keine Namen: Schilzenbach. Hatte der dem Journalisten gegenüber geplaudert, um sich wieder wichtig zu machen, um sein kommunalpolitisches Vorzeigeprojekt in der Öffentlichkeit zu pushen? Schilzenbach hatte es bestritten, als er ihn neulich in die Mangel genommen hatte. Aber konnte man einem Politiker glauben?
Thill bestellte noch einen Kaffee und dazu eine Lütticher Waffel mit Erdbeeren und Sahne. Wie konnte er die Besprechung mit den Polizisten einordnen? Letztendlich hatten sie keine verfänglichen Fragen gestellt. Er hatte nur das zu wiederholen brauchen, was über das Projekt bekannt war. Auch das Gespräch mit Altmüller hatte er nicht verschweigen müssen oder gar dürfen, weil es natürlich völlig normal war, dass ein Journalist Hintergrundrecherchen zum Bitburger Flughafen durchführte. Ganz zum Schluss der Unterhaltung hatte er das vermeintlich gesteigerte Interesse Altmüllers an Schilzenbach angedeutet. Aber den hatten die Kriminalbeamten wohl ohnehin schon auf ihrer Liste.
Nachdem Thill bezahlt hatte und mit offenem Verdeck in seinem gelben Carrera in Richtung Bridel fuhr, fühlte er sich gut. Er war sich nun sicher, nichts falsch gemacht zu haben, und die Polizei würde den Eifler Politiker etwas unter Druck setzen, was in ihm eine gewisse Schadenfreude hervorrief. Schilzenbach sollte mal wieder von seinem hohen Thron runterkommen und wissen, wem er es zu verdanken hatte, wenn sein Bitburger Traum wahr werden würde.
* * *
Markus Schilzenbach hatte heute eigentlich nach Mainz fahren wollen. Aber dann war der Termin mit Mitgliedern des Wirtschaftsausschusses und den Leitungskräften in dem neu formierten Ministerium kurzfristig abgesagt worden. Die grüne Führung traute dem Treffen wohl nicht, obwohl auch aus deren Partei Abgeordnete dabei gewesen wären. Stattdessen hatte die Ministerin zu einem späteren Dialog mit eigener Teilnahme eingeladen und somit den heutigen Termin platzen lassen. Das hatte sie geschickt gelöst.
Ihm war das eigentlich auch recht gewesen, weil er ohnehin noch einige Dinge in seinem Wahlkreis erledigen wollte. Nach seiner Wiederwahl gab es eine gewisse Erwartungshaltung bei seinen Unterstützern, die er bedienen musste. Doch dann hatten ihn die beiden Kriminalbeamten aus Trier und Luxemburg zu dem Gespräch gebeten. Die Schilzenbachs und die Polizei – das war in den letzten Jahren ein heikles Thema gewesen, und er war darauf bedacht, kein weiteres Öl in die langsam verglimmende Glut zu gießen.
Die Befragung war dann allerdings recht harmlos verlaufen. Es ging im Wesentlichen um die tragischen Ereignisse bei der jungen Familie in Merteskaul. Offensichtlich hatte der verstorbene Journalist intensive Recherchen über ihn und seinen Flughafen geführt. Beides war sicher nichts Außergewöhnliches. So war es auch kein Problem, einzuräumen, dass er ihn von einem Interview her gekannt hatte. Die Polizisten hakten da auch gar nicht weiter nach.
Kritischer waren allerdings die Nachfragen zum Flughafenprojekt gewesen, vor allem, als sie wissen wollten, welche Art der Finanzierung vorgesehen war. Der Verweis auf den luxemburgischen Investor, der kurz davor stünde, die Ersteinlage von dreißig Millionen Euro bereitzustellen, war ihnen zu wenig gewesen. Das war deutlich zu spüren. Aber etwas anderes konnte und wollte er nicht sagen. War ihm letztendlich auch egal. Wichtig war nur, dass Thill das Geld zusammenkriegen würde, woher auch immer. Es war nicht seine Aufgabe zu prüfen, ob das Kapital aus sauberen Quellen floss. Wenn es die bestehenden Kontrollinstanzen durchlaufen hatte, war es in Ordnung und fertig. Das wurde woanders genauso gemacht.
Allerdings schien dieser Thill aus irgendeinem Grund nervös zu werden. Wie er sich kürzlich aufgeführt hatte, war einfach unter aller Sau gewesen. Am liebsten hätte er ihn hochkant rausgeschmissen, aber leider war er sein einziger Trumpf in diesem Spiel. Solange er die
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