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Kein Tod wie der andere

Kein Tod wie der andere

Titel: Kein Tod wie der andere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Ness
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Investorengruppe nicht selbst kannte, musste er mit diesem Luxemburger kooperieren, auch wenn ihm das zunehmend stank. Eigentlich konnte es ihm egal sein, wie sich Thill aufführte. Lief das alles ohne Zeugen in seinen vier Wänden ab, würde er sich einmal schütteln und nicht weiter drüber nachdenken. Da hatte er schon ganz andere Sachen ausgehalten.

26
    Avelsbach; Dienstag, 14.   Juni
    Der Himmel hatte sich von Westen her zugezogen. Marie Steyn wusste von all den Jahren, die sie nun schon in Avelsbach wohnte, dass sich auf diese Weise eine Regenfront ankündigte. Sie saß auf der Terrasse und hörte von weiter unten Nora mit einer Freundin im Garten spielen. Es hatte ihrer Tochter, aber auch ihr selbst gutgetan, dass sie am Nachmittag einige Stunden für sich gehabt hatten. Auch wenn sie zuerst nur Hausaufgaben gemacht und später zusammen im Garten Unkraut gejätet hatten, Marie hatte gespürt, wie Nora wieder lockerer und fröhlicher wurde. Zum Schluss hatte sie mit ihr auch über Zoé gesprochen, und Nora hatte zugestimmt, noch einmal auf ihren Gast zugehen zu wollen. Als dann eine Schulfreundin geklingelt hatte, wollte Zoé nicht mitspielen, obwohl Nora sie ganz einfühlsam gefragt hatte. Marie war richtig stolz auf ihre tolle Tochter gewesen.
    Doch Zoé war immer noch in sich gekehrt, war wie eingekapselt in ihren eigenen Gedanken. Als die junge Polizistin gekommen war, hatte Marie überrascht beobachtet, dass sich Zoé eher auf die Fremde einließ als auf sie selbst. Lag das daran, dass Marie und ihre Familie mit der Schatzkiste zu nah an Zoés tragische Vergangenheit herangerückt waren, die sie völlig verdrängt zu haben schien? Nicht ein Mal hatte sie nach ihrer Mutter gefragt. Als ob es selbstverständlich sei, dass auch sie wie die anderen Familienmitglieder aus ihrem Leben geschieden war. Marie bekam eine Gänsehaut bei dem Gedanken, was das Kind alles durchmachte.
    Nicole Huth-Balzer verhielt sich ausgezeichnet. Sie hielt den notwendigen Abstand zu Zoé, zeigte aber auch die Präsenz und ließ Zoé spüren, dass sie jederzeit für sie da wäre. Schon nach zwei Stunden hatte Marie beobachtet, wie Zoé Nicole bat, einen abgebrochenen Buntstift anzuspitzen. Und Nicole hatte das einfach gut gemacht, indem sie lediglich den Anspitzer holte, ihn Zoé übergab und wie zufällig an Zoés Bildern stehen blieb. Doch anstatt zu fragen, was diese dunkle, schattenartige Gestalt sein sollte, die immer regelmäßiger in Zoés Bildern auftauchte, hatte sie nur gelobt, wie toll Zoé malen könne, viel besser als sie selbst. Marie hatte den Eindruck gehabt, Zoé hätte zumindest für einen Moment ihre eigenen Bilder unter einem anderen Gesichtspunkt betrachtet.
    Gerade als Marie dabei war, das Abendessen für alle vorzubereiten, klingelte das Telefon. Christian Buhle fragte an, ob jetzt ein guter Zeitpunkt wäre, vorbeizukommen. Sie vertröstete ihn auf einen späteren Termin, wenn die Kinder im Bett wären, und fragte sich gleichzeitig, was es ihr bedeutete, dass er herkam. Als Mensch oder als Polizist? Es war ihr nur so herausgerutscht, aber dennoch musste sie immer wieder an ihre eigenen Worte denken. Wie konnte sie Christian Buhle betrachten? Nur als Mensch, nur als Kriminalbeamten oder nur als beides? Und wie wollte sie ihn sehen? Sie hatte bislang in ihrem Leben keinem anderen Mann derart ambivalente Empfindungen entgegengebracht wie diesem Kommissar. Eigentlich waren diese emotionalen Verwirrungen auch ein gutes Zeichen: Immerhin konnte sie für einen Mann noch etwas empfinden. Wie weit das ging, wusste sie allerdings nicht.
    Nach dem Abendbrot wollte Marie die beiden Mädchen ins Bett schicken. Mattis durfte mittlerweile bis acht Uhr aufbleiben und anschließend noch eine Stunde lesen. Für einen Jungen las er recht gern und viel. Doch Nora schlug vor, mit Zoé noch eine Runde Carcassonne zu spielen. Marie fand es erstaunlich. Zuerst reagierte Zoé kaum, dann sah sie fragend zu Nicole. Als die dann sagte, dass sie unheimlich Lust hätte mitzuspielen, stimme auch Zoé zu.
    Als die Kinder in ihren Betten lagen, berichtete Nicole, sie hätten sehr harmonisch miteinander gespielt und Nora sei sehr um Zoé bemüht gewesen. Marie schaute zusammen mit Nicole Zoés Bilder durch. Zoé hatte in den fünf Tagen, in denen sie bei ihnen wohnte, an die zwanzig Buntstiftzeichnungen angefertigt. Es war offensichtlich, dass die Familie als Thema im Vordergrund stand. Seit dem Zwischenfall mit der Schatzkiste hatte eine

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