Kein Wort zu Papa - Heldt, D: Kein Wort zu Papa
Gedanken machen. Erstens weiß er Bescheid, undzweitens heißt er gar nicht Jurek, sondern Axel von Eitzen und ist Hotelbesitzer.«
Gesa wurde blass, sagte aber immer noch nichts. Dafür schaltete sich mein Verstand wieder ein. »Komm, Ines. Wir haben im Frühstücksraum
zu tun. Kaffee und Brötchen fehlen noch. Gesa, mach den Mund wieder zu, lass dir von Axel den Rest erklären und bete für uns,
dass Heinz nicht dabei ist, wenn die Bombe platzt. Wir können ihm das hinterher ja alles schonend beibringen.«
Ines und ich arrangierten die diversen Platten und Schälchen, dass es nur so eine Freude war. Ich schob gerade zum dritten
Mal die Käseplatte von rechts nach links und wieder zurück, immer noch vergeblich wartend, dass die Herren nur einen Satz
sagen würden, als endlich Guntram Bernd mit Adelheid den Gastraum betrat. Er sah sich an der Tür kurz um, dann erhellte sich
sein angespanntes Gesicht. Er ging schnell auf den Tisch zu, an dem der Mann mit der schönen Lederjacke schon stand und ihm
entgegenblickte.
»Jürgen! Das ist aber eine Überraschung. Warum hast du nicht angerufen?«
Jürgen umarmte Guntram Bernd und hielt ihn dann eine Armlänge von sich entfernt.
»Hallo, Guntram. Ich fand, dass es jetzt reicht. Wir können genauso gut sofort zur Sache kommen.«
Meine Schwester und ich rückten jetzt vierhändig denselben Brotkorb hin und her, mir taten vor lauter Anspannung bereits die
Schultern weh.
»Ines!« Die Stimme ging auch mir durch und durch.
»Oh nein«, stöhnte meine Schwester leise. »Warum ausgerechnet jetzt?«
Sie sah mich unglücklich an. »Er riecht so etwas.« Dann drehte sie sich zur Tür und rief: »Ja, Papa, wir sind hier.«
Mein Vater schob sich strahlend und gut gelaunt an Gesaund Axel, die an der Tür standen, und an Adelheid, die hinter Guntram Bernd wartete, vorbei.
»Einen wunderschönen guten Morgen«, sagte er und sah sich das Buffet an. »Ich glaube, ich frühstücke heute mal hier. Das ist
doch viel schöner als in der Küche.«
»Papa, bitte. Nicht so laut.« Ich zuckte zusammen und dirigierte ihn schnellstmöglich an den Tisch, der am weitesten entfernt
von Guntram Bernds Freund Jürgen und dem immer noch fremden Vollbart war. »Setz dich hierher, ich bringe dir Kaffee.«
»Na klar.« Zufrieden sah er sich um und lächelte Ines an. »Na, Kind? Gut geschlafen?«
Ines ging Kaffee holen, ich füllte für meinen Vater einen Teller am Buffet. Nicht, um ihm einen Gefallen zu tun, sondern,
um nichts zu verpassen.
Und dann kam Eleonore Stehler. Sie rauschte, wie jeden Morgen, mit Gregor Morell in ihrem Windschatten in den Raum und – blieb
plötzlich stehen. So abrupt, dass Gregor Morell gegen sie lief. Er sah dabei aus wie ein Volltrottel, was ihm wohl auch bewusst
war.
»Liebes, was ist denn?« Wenigstens küsste er sie noch kurz auf den Nacken.
Sie stand stocksteif an derselben Stelle und starrte Guntram Bernd an. Dann den Mann daneben. Und der fremde Vollbart erhob
sich langsam und fragte mit lauter Stimme: »Frau Schmidt?«
Eleonore starrte immer noch. Gregor Morell sah sich unsicher im Raum um und sagte gar nichts. Dafür stand mein Vater langsam
auf und tönte: »Das ist nicht Frau Schmidt. Was wollen Sie denn von ihr? Vielleicht kann ich Ihnen helfen. Ich habe eine Frau
und zwei Töchter, die alle Frau Schmidt heißen.«
Der Vollbart drehte sich zu ihm um. »Ja, vielleicht. Wenn da eine Christine dabei wäre, dann …«
Plötzlich erwachte Eleonore aus ihrer Schockstarre und presste mit einer Mädchenstimme, die ich noch nie von ihr gehört hatte,
ein einziges Wort heraus: »Jürgen.«
Der knöpfte in aller Ruhe seine schöne Lederjacke auf und sagte: »Eleonore.«
Niemand bewegte sich. Nach einer endlosen Sekunde ging Jürgen auf Eleonore zu. Er verbeugte sich vor dem verdatterten Gregor
Morell.
»Mein Name ist Jürgen Stehler. Ich bin der Ehemann dieser Frau, von der Sie sich gerade aushalten lassen. Wobei Sie sich eigentlich
von mir aushalten lassen, wenn man es genau nimmt.«
Jürgen wandte sich jetzt an Eleonore, die ihn mit aufgerissenen Augen fixierte.
»Ja, meine Liebe, du hast zwar sehr überzeugend versichert, dass du einen Yogakurs auf Rügen machst, Pech war nur, dass mein
alter Freund Guntram Bernd hier ist und dich gesehen hat. Ich kenne Guntram schon seit der Grundschule, es war schade, dass
du dich nie für meine Freunde interessiert hast, Eleonore. Du hättest ihn sonst erkannt. Und du
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