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Kein zurueck mehr

Kein zurueck mehr

Titel: Kein zurueck mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swati Avasthi
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und hält die Luft an. Er kommt rüber und setzt sich neben mich. Als er weiterspricht, ist seine Stimme leiser und er wählt seine Worte mit Bedacht. »Ich habe Dad sagen hören, dass es ihm leidtut, ich habe ihn versprechen hören, dass er es nicht wieder tun würde, aber ich habe ihn nie sagen hören, dass es seine Schuld war.«
    Ich hole tief Luft und schließe die Augen. Die Tränen drängen heraus. »Wirklich?«
    »Du bist gar nicht so sehr wie Dad. Du schiebst nicht allen anderen die Schuld in die Schuhe, du drängst Lauren nicht, zu dir zurückzukommen. Kurz, du hast nicht annähernd genug Charme.«
    Jetzt muss ich gleichzeitig weinen und lachen.
    »Ich entschuldige nicht, was du ihr angetan hast«, fährt er fort.
    »Das lässt sich auch durch nichts entschuldigen.«
    »Genau. Aber … wenn jemand den Unterschied zwischen dir und Dad erkennen kann, dann doch wohl ich, oder? Ich meine, als du Mist gebaut hast, hast du versucht, es wiedergutzumachen. Er benutzt immer noch Schuldzuweisungen und Charme und all das, um Mom zurückzugewinnen, nur damit er es wieder tun kann.«
    Ich drücke das Kissen an meine Brust. Er hat recht: Es ist das einzig Gute, was ich getan habe. Ich habe Lauren nie beschuldigt oder versucht, sie für meinen Fehltritt verantwortlich zu machen.
    »Aber wie kann es angehen, dass du dasselbe durchgemacht hast und nie im Leben eine Frau schlagen würdest?«
    »Siehst du, das habe ich auch immer geglaubt. Dass wir dasselbe durchgemacht haben. Aber das haben wir nicht. Zum einen wart Dad und du immer besonders eng miteinander und alle haben immer gesagt, dass ihr euch ähnlich seid. Du hast lange zu ihm aufgeschaut, wolltest so sein wie er. Ich hatte immer Mom.«
    »Aber das ist nicht –«
    »Und dann, letzte Nacht, musste ich ständig daran denken, was du gesagt hast, als ich dieses Messer zückte. Du hast gesagt, du könntest nicht noch mal mit ansehen, wie er mich schlägt.«
    Ich versetze mich zurück zu diesem Moment und lasse ihn noch einmal in Zeitlupe ablaufen. Woran hatte ich gedacht, als ich das sagte? Daran, wie das Gesicht meines Bruders in einer Lache von Frostschutzmittel lag, wie ich das Tablett mit dem Essen in der Garage fallen ließ, zu meinem Dad rannte und mein Gesicht an seinen Bauch drückte.
    Ich beginne, an den Troddeln des Kissens zu zupfen. Er zieht die Stirn kraus und nimmt mir das Kissen aus der Hand.
    »Und?«, sage ich.
    »Ich habe nie gesehen, wie er dich geschlagen hat. Und mal ehrlich, es war doch leichter, seine Scheißschläge einzustecken, als zuzusehen, wie Mom es abbekommt, oder? Deshalb sind wir doch beide immer dazwischengegangen.«
    »Nicht für mich«, sage ich. »Ich wollte, dass sie wenigstens einmal einen Schlag für mich einsteckt.«
    »Das hat sie getan, Jace, jahrelang. Nachdem er auf mich losgegangen war – na ja, nachdem ich weg war –, hattest du keine Chance.« Er beißt sich auf die Lippen – eine Geste, die ich seit Jahren nicht gesehen habe, aber ich erkenne sie wieder. Er versucht, nicht zu weinen. Er sieht mich nicht an, und als er spricht, ist seine Stimme so leise und zittrig, dass ich mich vorbeugen muss, um ihn zu verstehen. »Die Wahrheit ist, ich habe nie nach dir gesehen, weil ich wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis er es an dir auslassen würde. Aber solange ich nicht sicher war, konnte ich mir einreden, dass du in Ordnung warst.«
    Ich atme aus. Ich habe nicht gewusst, dass eine Entschuldigung wirklich helfen kann; ich habe immer geglaubt, dass um Verzeihung bitten mehr dazu dient, Schuldgefühle zu mindern, dass Entschuldigungen mehr für die Lippen als für die Ohren gedacht sind. Ich nicke langsam.
    Das Duschwasser wird abgestellt und die Stille ist auf einmal noch lauter.
    »Tja …«, sage ich. »Was nun?«
    »Na ja.« Er fängt an, mit dem Kopf zu nicken. »Wir haben uns doch schon mal darauf geeinigt, dass wir beide verkorkste Existenzen sind, oder?«
    »Jo«, sage ich und stimme in sein Wackeldackel-Nicken ein.
    »Aber trotzdem Brüder, nicht wahr?«
    Ich höre auf zu nicken, während sein Kopf in Bewegung bleibt.
    »Wir werden immer Brüder bleiben, der Abstammung nach zumindest.«
    Er starrt auf seine Knie, legt das Kissen neben sich und steht auf. »Okay.« Als er an der Tür ist, sagt er: »Sagst du mir Bescheid, wo du landest?«
    »Klar, okay.«
    Er beißt sich noch einmal auf die Lippen und sein Adamsapfel hüpft auf und ab.
    »Versprochen, meine ich«, sage ich.
    Er dreht den Türknauf und hält

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