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Keine Gnade

Keine Gnade

Titel: Keine Gnade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Annechino
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dasselbe von ihrer Beziehung erwarteten. Sami wollte ganz sicher mehr. Aber er hatte schreckliche Angst davor, irgendwelche Zugeständnisse zu machen, und zog sich deshalb immer weiter zurück. Er wusste nicht, ob er in der Lage war, mehr zu geben. Dabei ging es nicht um Liebe, denn er liebte sie über alle Maßen. Aber die Liebe hatte einen hohen Preis: Er hatte ihr seine Unabhängigkeit geopfert. Vielleicht hatte er sogar seine Identität eingebüßt. War es da verwunderlich, dass er nie geheiratet hatte?
    Und natürlich war Angelina das andere große Problem. Er wollte nie Kinder haben – hatte nie die Verantwortung übernehmen wollen. Aber die Sechsjährige gehörte dazu. Obwohl Sami niemals irgendwelchen Druck auf ihn ausübte oder jemals andeutete, dass er die Elternrolle übernehmen sollte, wie könnte er mit Sami unter demselben Dach zusammenleben, jede Nacht neben ihr liegen und die unausgesprochene Verpflichtung nicht übernehmen wollen?
    Panik stieg in ihm hoch, er sah auf seine Uhr und rannte in das Gebäude. In knapp dreißig Minuten würden die Eltern von Genevieve Foster eintreffen, und er würde toughe Fragen stellen und kaum Antworten bieten können. Den vollständigen Autopsiebericht hatte Al noch nicht gesehen, weshalb er sich für ein kurzes Briefing auf den Weg zu Captain Davisons Büro machte.

    Doktor Templeton saß neben Sami und hustete hinter vorgehaltener Hand. »Miss Rizzo …«
    Â»Bitte nennen Sie mich Sami.«
    Â»Okay, Sami, die guten Nachrichten sind, dass bei Ihrer Mutter keinerlei Anzeichen für größere Muskelschäden zu finden sind. Tatsächlich sind die Testergebnisse sehr positiv, obwohl …«
    In diesem Augenblick hasste sie das Wort obwohl .
    Er zögerte einen Moment und schaute sie direkt an. »Vier Hauptarterien sind zu über achtzig Prozent blockiert, und die einzig effektive Maßnahme wäre eine Bypassope­ration.«
    Sami brauchte einen Augenblick, um das Gehörte zu verarbeiten. »Und Sie glauben, dass es bei diesem Befund die beste Vorgehensweise ist?«
    Â»Nun gut, man kann diesen Zustand auch mit einer Spezialdiät und Medikamenten in den Griff bekommen, aber wenn ich ehrlich bin, sehe ich das nicht wirklich als eine vernünftige Option. Operationen am offenen Herzen sind heut­zutage reine Routine geworden. Und die Überlebensrate nach zehn Jahren liegt bei über fünfundachtzig Prozent.«
    Als Sami versuchte, seine Worte zu begreifen, fragte sie sich, wieso der Chef der Herzchirurgie neben ihr saß und ihr die Nachrichten überbrachte. Wieso bekam gerade sie so eine Sonderbehandlung? Ein Mann, der den Präsidenten beriet, hatte doch sicherlich Wichtigeres zu tun.
    Â»Kann ich mit dem Arzt sprechen, der die Operation tatsächlich durchführen wird?«
    Â»Sie sprechen schon mit ihm, Sami.« Er strich sich mit den Händen über seinen Kittel. »Meine Verpflichtungen als Chef der Herzchirurgie sind zur Hälfte zwischen Verwaltungsaufgaben und Forschung aufgeteilt. Zurzeit arbeite ich an einer intensiven kontrollierten Studie, aber wenn ich ­ehrlich sein soll, bin ich eher ein Chirurg, der mit anpackt. Deshalb versuche ich auch jeden Monat vier bis fünf Ope­rationen zu übernehmen – das ist gut für meinen Kopf und trainiert meine Fertigkeiten.«
    Â»Ich weiß nicht, was ich sagen soll, Herr Doktor. Ich fühle mich geehrt, dass ein Chirurg Ihres Kalibers meine Mutter operieren möchte.«
    Â»Nun gut, Sami, ich muss Ihnen etwas gestehen.« Er verzog seinen Mund zu einem Lächeln. »Ich bin ein großer Fan von Ihnen. Natürlich zieht das halbe Land den Hut, wenn man Ihren Namen hört. Sie sind die Superpolizistin, die vor zwei Jahren diesen irren Serienkiller festgenommen hat. Ich kann mir nicht im Geringsten vorstellen, was für eine grauenvolle Erfahrung das gewesen sein muss – in einem Käfig eingesperrt zu sein und auf die Kreuzigung zu warten.«
    Â»Mir gebührt da eigentlich nicht die Ehre, Doktor Templeton. Hätte es meinen Partner nicht gegeben, würde ich heute nicht hier sitzen und mit Ihnen reden.«
    Â»Sie können Ihre heldenhafte Flucht kleinreden, wenn Sie mögen, aber Sie haben viele Fans da draußen.«
    Sie fühlte sich irgendwie geschmeichelt, seines Lobes trotzdem unwürdig, und sie hätte ihm gern gestanden, dass sie nicht bei

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