Keine Gnade
Fifth Avenue, und nun rate mal, was es gekostet hat?«
»Null Ahnung.«
»Fünf Mäuse fehlen an dreitausend Dollar .«
Er brauchte eine Minute, um das zu verarbeiten. »Und was schlieÃt du daraus?«
»Sofern sie keine reichen Eltern hat oder im Lotto gewonnen hat, kann ich mir nicht vorstellen, dass sie das Kleid gekauft hat.«
»Also denkst du, dass unser Typ ihren verdammten Brustkorb aufgestemmt hat, dem armen Ding UnglaubÂliches angetan hat und sie dann in ein Dreitausend-Dollar-Kleid gesteckt hat?«
»Sieht so aus. Aber das ist nur ein Teil der mysteriösen Geschichte. An den Schuhen hing kein Preisschild, aber es sind Jimmy Choos, und ich möchte wetten, die haben an die tausend gekostet.«
»Ich fasse es nicht. Er bringt sie um und gibt dann vier Riesen für Klamotten aus?«
»Das ist ganz sicher merkwürdig«, erwiderte Betsy.
»Sieht so aus, als ob er nach dem Mord schwere Gewissensbisse gehabt hätte.«
»Entweder das, oder er will uns eine versteckte Botschaft zukommen lassen.«
»Irgendwelche Fingerabdrücke auf dem Preisschild?«
»Ist blitzblank.«
»Sonst noch etwas?«
»Ich glaube nicht, dass er sie vergewaltigt hat, aber das kann ich erst bei der Autopsie feststellen.« Sie schüttelte ihren Kopf. »Ich habe keine Ahnung, warum er sie auf diese Weise getötet hat. Das ist mir noch nicht untergekommen.«
Al ging wieder in die Knie und enthüllte langsam ihren Oberkörper. »Das ist verdammt noch mal nicht wahr.« Er musste an den letzten Serienkiller denken und wie er seinen Opfern die Herzen als Trophäen entnommen hatte. »Er hat ihren Oberkörper geklammert?«
»Sehr genau und ordentlich.«
»Gibt es irgendwelche Blutergüsse oder Wunden?«
»Das ist das Verrückte. Ihr restlicher Körper â soweit man erkennen kann â scheint nicht angetastet zu sein. Aber ich kann das wirklich erst abschlieÃend sagen, sobald wir sie auf einem Untersuchungstisch haben.«
»Ruf mich an, sobald du einen vollständigen Bericht hast.«
»Mach ich, Detective.« Einen Augenblick lang herrschte betretenes Schweigen. »Grüà Sami von mir. Sag ihr, dass ich sie wirklich vermisse.«
4   Sami und Angelina waren noch vor dem Mittag bei Josephine zu Hause angekommen, gerade rechtzeitig zum Essen. Angelina liebte die Käsemakkaroni ihrer GroÃmutter, und Oma Rizzo hatte sie ihr versprochen. Da es mit der Gesundheit ihrer Mutter in letzter Zeit ziemlich bergab gegangen war, hatte Sami Gewissensbisse, weil sie ihre Mutter gebeten hatte zu kochen. Doch Sami kannte ihre Mutter nur zu gut. Josephine war eine toughe alte Frau, und es würde mehr als ein schwaches Herz und ein nachÂlassendes Gedächtnis brauchen, um sie aus dem Verkehr zu ziehen. AuÃerdem hatte Josephines Kardiologe gemeint, dass es sinnvoll wäre, ihre Mutter mit nicht zu anstrengenden Aufgaben zu beschäftigen. Und Sami wusste nicht, was ihrer Mutter mehr Spaà machte als zu kochen â besonders für Angelina.
Sie saÃen zusammen am Küchentisch, Josephine hatte kaum einen Happen von ihren Käsemakkaroni gegessen. Angelina hatte alles aufgefuttert und leckte ihren Teller ab.
»Liebling«, meinte Sami, »wie oft habe ich dir schon gesagt, dass junge Damen ihren Teller nicht ablecken?«
»Aber Mami«, erwiderte die Sechsjährige, »ich bin doch noch ein kleines Mädchen. Können denn kleine Mädchen ihren Teller ablecken?«
Josephine sah Sami eindringlich an. »Lass sie doch. Sie muss sich bei mir nicht wie in einem Restaurant benehmen. Wenn sie den Teller ablecken möchte, lass sie machen.«
»Aber Ma â¦Â«
»Lass das âºaber Maâ¹, Samantha Marie Rizzo. Kannst du dich noch daran erinnern, was du mit Eiscremeschüsseln gemacht hast, als du so alt wie Angelina warst? Du hast sie ausgeleckt und in den Küchenschrank zurückgestellt.«
»Das habe ich ganz sicher nicht gemacht.«
Josephine legte ihre linke Hand auf ihr Herz und hob die rechte Hand. »Gott ist mein Zeuge.«
Es gab keinen Grund, sich mit ihr zu streiten. Sami nahm an, dass es nur ein weiterer Beweis dafür war, dass ihre Mutter senil wurde. Josephine konnte sich an Sachen erinnern, die vor dreiÃig Jahren passiert waren, aber nicht an das, was sie gestern zum Frühstück gegessen hat. Der Doktor hatte
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