Keine Gnade
Einwilligung von Richter Foster vorlag, mit der Autopsie an. Wann immer er die Zeit dazu hatte, wohnte Al der Autopsie von Mordopfern bei, damit er die Leiche aus nächster Nähe Âsehen und Fragen stellen konnte, die ihm Hinweise liefern könnten. Eigentlich hatte er zur Fashion Valley Mall fahren und mit der Abteilungsleiterin der Damenmoden bei Saks sprechen wollen, doch die Autopsie ging vor. AuÃerdem waren vier Augen immer besser als zwei â egal, wie geschult der Rechtsmediziner auch war und wie begrenzt sein eigenes medizinisches Wissen. Aber in diesem besonderen Fall könnte seine Anwesenheit sich als besonders wichtig herausstellen, da Doktor Fox erst seit sechs Monaten zum forenÂsischen Team gehörte und er noch nicht davon überzeugt war, dass sie über dieselben Fähigkeiten verfügte wie ihre erfahreneren Kollegen. Sie sah einfach nicht wie eine Rechts Âmedizinerin aus. Al hatte eine bestimmte Vorstellung davon, wie eine Rechtsmedizinerin auszusehen hatte, und Doktor Fox entsprach diesem Bild in keiner Weise.
Al ging in den Untersuchungsraum drei, und wie immer fühlte er sich unwohl. Er war sich nicht sicher, ob es der unbeschreibliche Geruch war oder was er sich gleich ansehen würde â vielleicht war es ein wenig von beidem. Von auÃen betrachtet, ging man davon aus, dass ein erfahrener Detective der Mordkommission einer Autopsie einigermaÃen gelassen zusehen könnte, doch Al, dem seine Befindlichkeit allerdings nicht anzumerken war, hatte jedes Mal das Gefühl, als würde sein Magen versuchen, sich selbst zu verdauen.
Genevieve Fosters Leichnam lag unter einem blutbefleck ten weiÃen Laken auf einem Stahltisch. Ihr rechter Fuà ragte unter dem Laken hervor, und er konnte das gelbe Schildchen mit ihrem Namen an ihrer groÃen Zehe sehen. Doktor Fox stand neben der Leiche, hatte Latexhandschuhe überÂgezogen, den weiÃen Laborkittel sorgfältig zugeknöpft, und auf dem Tisch lag eine Reihe von chirurgischem Besteck Âneben den sterblichen Ãberresten des Opfers.
»Detective Diaz«, sagte Doktor Fox freudiger, als es der Situation angemessen schien. »Es ist schön, Sie wiederzuÂsehen. Schade, dass wir uns nicht unter anderen Umständen treffen.« Sie blickte Al mit ihren honigfarbenen Augen ein wenig länger an als nötig.
»Nicht gerade der Teil meines Jobs, der mir am meisten Spaà macht, Doktor Fox.«
»Mir auch nicht. Wenn man einen achtzig Jahre alten Mann mit Herzproblemen obduziert, ist das etwas anderes als bei einer jungen Frau, die noch ihr ganzes Leben vor sich hatte. Und man fragt sich, ob Gott wirklich aufpasst.«
»In diesem Fall hat er wohl nicht aufgepasst.«
Die Rechtsmedizinerin hob eine Ecke des Lakens. »Wollen wir anfangen?«
Al nickte.
Sie gab ihm eine Atemschutzmaske und Latexhandschuhe und zog das Laken zurück. Er blickte über den Körper der Frau und bemerkte groÃe Blutergüsse an ihrem zugeklammerten Oberkörper, Brandmale an ihrem oberen linken und unteren rechten Torso. Und ihm fiel ein Schnitt oben an ihrem Oberschenkel auf. Doch der übrige Körper wies keinerlei Verletzungen auf. Er konnte nicht einmal einen Mückenstich entdecken.
Noch bevor Doktor Fox irgendwelche Schnitte setzte, untersuchte sie sorgfältig den Oberkörper des Opfers, bewertete die Blutergüsse und fuhr mit ihren Fingern über den gesamten Brustkorb der Frau. »Ich kann nicht sagen, warÂum, aber es sieht so aus, als ob unser Mann an diesem armen Mädchen eine Operation am offenen Herzen vorgenommen hat.«
Sie untersuchte die Brandmale noch genauer. »Es scheint, als ob der Killer mehrmals versucht hat, sie mit Âeinem Defibrillator und einer Herz-Lungen-Reanimation wiederzubeleben.« Ihre Augen schweiften zu ihrem unteren Körper. »Das ist interessant.«
»Was ist das?«
»An ihrem Oberschenkel befindet sich ein kleiner Schnitt. Genau über der Oberschenkelarterie und Vene.«
»Irgendwelche Vermutungen, warum?«
»Das ist normalerweise die Stelle, wo ein Kardiologe einen Katheter einschieben würde, um ein Angiogramm vorzunehmen.«
Al schüttelte den Kopf. »Was zum Teufel hat dieser Irre ihr angetan?«
Sie untersuchte beide Arme, vom Handgelenk bis zum Trizeps. Fuhr mit den Händen über den Oberkörper des Opfers, überprüfte jede Rippe, ihre Brüste, ihre Brustwarzen. Dann
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