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Keine Gnade

Keine Gnade

Titel: Keine Gnade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Annechino
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Experimente vorzubereiten. Anders als bei Genevieve, die von Anfang bis Ende völlig bewusstlos gewesen war, würde Connor nicht so viel Glück haben. Bei der nächsten Testreihe war der Proband betäubt, aber bei Bewusstsein. Er war sich nicht sicher, wo die Schmerzgrenze lag, bei der eine Testperson ohnmächtig wurde, aber das würde er bald herausfinden.

    Der Captain ließ über die Lautsprecher verlauten, dass der Flug in den nächsten fünfzehn bis zwanzig Minuten ein wenig unruhig würde.
    Â»Großartig«, murmelte Al. Es gab nur weniges, was ihm mehr Angst einjagte als Turbulenzen in elftausend Metern Höhe. Außerdem hasste er es, auf dem Mittelsitz zwischen zwei übergewichtigen Leuten eingequetscht zu sitzen. Aber wenn man einen Flug erst wenige Stunden vor dem Start buchte, dann sollte man froh sein, überhaupt einen Platz ergattert zu haben.
    Auf dem Weg nach Charlotte, wo er seinen Anschlussflug nach Rio erreichen würde, konnte er sich weder entspannen noch mit dem Grübeln aufhören. Als die Stewardess mit ihrem Getränkewagen kam und fragte, ob er etwas trinken wollte, hätte er einen kurzen Augenblick lang am liebsten »ja« geschrien. Dieser Augenblick stellte seine Abstinenz wahrlich auf die Probe, und das in dieser Höhe und fast zweieinhalbtausend Kilometer von Sami entfernt.
    Aber er blieb standhaft. Noch. Er machte sich mehr Gedanken über den Neun-Stunden-Flug von Charlotte nach Rio. Auf dem Flug hätte er mehr Zeit zum Nachdenken. Mehr Zeit, in Versuchung zu geraten. Mehr Zeit, nur den einen Drink zu rechtfertigen. Wie viele »nur ein Drink« hatte er in den letzten Jahren gehabt? Er konnte sie nicht zählen.
    Sami lag ihm natürlich schwer auf der Seele, wenn es um sein Abstinentbleiben ging. Er hatte ihr versprochen, nie wieder einen Tropfen Alkohol anzurühren, egal, wie die Umstände auch wären. Aber er hatte nie gedacht, mit so ­einer Situation konfrontiert zu werden. Wenn er es ohne einen Drink nach Rio schaffte, dann wäre das ein Wunder.
    Al versuchte zu schlafen, aber er musste die ganze Zeit an seine Schwester denken, die auf der Intensivstation im Koma lag. Früher waren Alberto und Aleta sich sehr nah gewesen. Sie hatten ihre Eltern verloren, noch bevor sie erwachsen waren, und sich aneinandergeklammert, um sich gegenseitig zu stützen. Für eine gewisse Zeit hatten sie sich sogar eine Wohnung geteilt.
    Doch als Aleta auf einer Karibikkreuzfahrt Ricardo kennenlernte, einen älteren Brasilianer mit Charme, Geld und einer atemberaubend schönen Villa in Rio de Janeiro, hatte sich alles verändert. Aleta war sehr zu Als Missfallen schon immer eine Goldgräberin gewesen, eine Frau, die auf der Suche nach einem Sugar Daddy war. In Ricardo hatte sie genau den gefunden, doch dabei ihrer Beziehung zu Al geschadet.
    Al konnte nie verstehen, warum seine Schwester ihn nicht regelmäßig besuchte. Sie hatte die Mittel dafür. Obwohl er sie nie direkt darauf ansprach, so hatte er doch mehrere Male durchblicken lassen, dass er seine Schwester gern öfter sehen würde.
    Wenn Aleta es nicht schaffte, wenn sie ihr Bewusstsein nicht wiedererlangte, könnte Al ihr nie sagen, was er so dringend sagen musste. Worte, die ruhig in einer dunklen Ecke seines Unterbewusstseins lebten. Er müsste den Verlust seiner Eltern noch einmal durchmachen. Es gab so vieles, was er ihnen noch hätte sagen sollen, doch er hatte zu lange damit gewartet. Seine Mutter und sein Vater starben beide, ohne zu wissen, wie sehr er sie geliebt und all ihre Opfer geschätzt hatte, die sie ihm während seiner Kindheit gebracht hatten. Er war selbstsüchtig gewesen, ein aufmüpfiger kleiner Scheißer. Erst als sie beide nicht mehr da waren, begriff er, was sie alles für ihn getan hatten.
    Al war müde, durcheinander und voller Bedauern. Er lehnte sich auf seinem engen Platz zurück, seine Knie drückten gegen den Sitz vor ihm, er schloss seine Augen und versuchte zu schlafen.

    Gerade als Julian auf dem Ledersofa eindöste, hörte er Connor stöhnen. Julian schüttelte seinen Kopf und ging langsam zum Bett.
    Â»Wie schön, dass dein Nickerchen vorbei ist«, sagte Julian.
    Connor, der nicht gemerkt hatte, dass er an Handgelenken und Knöcheln ans Bett gebunden war, versuchte sich aufzusetzen. »Verdammt noch mal, was ist los?«
    Â»Im Moment nicht viel.«
    Â»Bist du denn völlig

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