Keine Gnade
tun.«
Stille.
»Denk positiv, Al. Sie wird es schaffen. Ich spüre es.«
Al schaute Sami tief in die Augen. »Sag deiner Ma, dass es mir leidtut, dass ich nicht â¦Â«
»Sie wird es verstehen.«
Al legte seine Arme um Sami und drückte sie. Er wünschte, sie könnte ihn begleiten, wusste aber, dass es nicht möglich war. Als er gehen wollte, fiel es ihm ein.
»Mist!«
»Was ist denn?«
»Ich habe vergessen, Selena ihre Geburtstagskarte und das Geschenk zu schicken. Ich habe sie schon geschrieben, und der Umschlag ist adressiert. Könntest du sie morgen in die Post stecken? Du findest alles im Schrank im Schlafzimmer.«
»Klar mache ich das. Wieder so eine Geschenkkarte von Walmart?«
Er nickte. »Ja, ich weiÃ. Ein bisschen unpersönlich. Aber da ein Walmart nur etwa anderthalb Kilometer vom Waisenhaus entfernt aufgemacht hat, ist das Einkaufen jedenfalls einfacher geworden. Lieber eine Geschenkkarte als irgendetwas, mit dem sie nichts anfangen kann. AuÃerdem habe ich mit einem der Mädels im Büro gesprochen, und sie hat gesagt, dass die Belegschaft gern mit den Kids zum Einkaufen geht.«
Selena war eine der fünf Waisen, die von Al im Casa de los Niños in Tijuana unterstützt wurde. Nachdem er selbst eine schwere Kindheit erlebt und seine hart arbeitenden ÂEltern schon als Teenager verloren hatte, hatte Al sich geschworen, eines Tages anderen bedürftigen mexikanischen Kindern zu helfen. Er wünschte, mehr tun zu können, noch mehr Kinder unterstützen zu können, doch sein Budget war bis zum Anschlag ausgeschöpft. Obwohl sein Spanisch ein wenig eingerostet war, so besuchte er doch vierteljährlich das Waisenhaus in Tijuana und freute sich, »seine« Kids zu sehen und Zeit mit ihnen zu verbringen.
»Ich werde sie morgen früh gleich als Erstes in die Post stecken«, versicherte Sami ihm.
»Und es geht weiter, Leute«, sagte ein Sicherheitswachmann und leuchtete mit der Taschenlampe.
Er küsste Sami auf den Mund. »Und lass mich wissen, wie es mit der Operation deiner Mutter läuft.«
»Ich werde anrufen.«
Julian und Connor saÃen auf dem Ledersofa und tranken Cabernet.
»Dieser Wein steigt mir wirklich in den Kopf«, sagte Connor. »Mir ist plötzlich schrecklich schwindlig.«
»Hast du etwas gegessen?«
»Seit dem Mittag nicht mehr.«
»Vielleicht liegt es daran. Ich kann etwas Käse und ein paar Crackers holen.«
»Und schlecht wird mir auch noch. Kann ich mal dein Bad benutzen?«
»Natürlich«, antwortete Julian und zeigte ihm die Richtung. »Du findest es links von der Küche.«
Die Droge wirkte schneller, als Julian vermutet hatte, und er machte sich Sorgen, dass Connor im Badezimmer ohnmächtig werden könnte. Er wollte nicht, dass er hinfiel und sich verletzte. Das war in seinem Plan nicht vorgesehen. Er lauschte, konnte aber von drinnen nichts hören, weshalb er vorsichtig an die Tür klopfte.
»Ist alles in Ordnung, Connor?«
Keine Antwort.
Er klopfte fester.
Nichts.
Julian schob die Tür langsam auf, schaffte es aber nur zur Hälfte. Er quetschte sich durch die Ãffnung und sah Connor bewusstlos hinter der Tür auf dem Boden liegen. Julian überprüfte seinen Puls und sah dabei auf die Uhr. Sechsundsechzig Schläge pro Minute. Perfekt. Er überprüfte Connors Kopf, ob er sich angeschlagen hatte, als er bewusstlos wurde, doch es schien alles in Ordnung zu sein.
Julian packte Connor an den Unterarmen und zog ihn aus dem Badezimmer bis zum Bett, das auf der entgegengesetzten Seite des Lofts stand. Er machte sich Sorgen wegen Connors Gewicht, vor allem wegen der Höhe des Betts. Was er jetzt gar nicht gebrauchen konnte, war ein gezerrter Rückenmuskel. Er schätzte, dass der schmale und hochgewachsene Connor um die fünfundsiebzig Kilo wog.
Julian schob seine Arme unter Connors Achseln und hievte seinen Körper aufs Bett. Dann nahm er seine Beine und schwang sie ebenfalls nach oben. Er ging davon aus, dass Connor noch etwa zwei bis drei Stunden bewusstlos bleiben würde, weshalb Julian seine Handgelenke und Knöchel mit dicken Nylonriemen am Bettgestell befestigte. Dann setzte er sich wieder auf die Couch und machte sich Notizen über die Instrumente, die er brauchte, über die Medikamente und deren Dosierungen. Und er versuchte, sich emotional auf die bevorstehenden
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