Keine Gnade

wäre mein Timing doch ziemlich perfekt.«
    Â»Und was ist mit der Uni und der Sozialarbeit?«
    Â»Die Uni langweilt mich zu Tode, und die ganze Sache mit der Sozialarbeit ist nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe. Um in dieser Welt weiterzukommen, bräuchte ich meinen Master, und den wollte ich auch machen. Aber nun habe ich zwei Jahre Uni hinter mir, und ich kann auf keinen Fall noch ein paar Jahre in Seminaren sitzen.«
    Â»Aber Sami, nach deinem Martyrium mit Simon bin ich davon ausgegangen, dass du von der Arbeit als Detective genug hattest.«
    Â»Hatte ich auch. Aber Zeiten ändern sich. Umstände ändern sich. Und ich glaube, die Arbeit als Detective liegt mir mehr im Blut, als ich dachte.«
    Â»Schön, Sami, du machst mich völlig fertig, aber wenn du dir das wirklich sorgfältig überlegt hast und es willst, dann hast du meine volle Unterstützung.«
    Â»Ich danke dir. Wie, meinst du, werden der Captain und der Chief darauf reagieren?«
    Â»Wenn ich ehrlich sein soll, mit dem momentanen Einstellungsstopp und dem begrenzten Budget wirst du dich auf einen schweren Kampf einstellen müssen.«
    Â»Wäre nicht das erste Mal, dass ich mit den beiden an­einandergerate.«
    Â»Und wird auch nicht das letzte Mal sein.« Al hielt inne. »Ich hasse es, dich abzuwürgen, aber ich muss ins Zimmer meiner Schwester zurück. Sag deiner Mam, dass ich an sie denke. Und gib ihr einen Kuss von mir.«
    Â»Werde ich tun. Und wenn es irgendetwas Neues von Aleta gibt, ruf mich bitte sofort an – egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit.«
    Â»Viel Glück mit Davison und Larson.«
    Â»Ich glaube, ich werde mehr als nur Glück brauchen.«

    Die medizinischen Experimente, die Julian an Connor vorgenommen hatte, hatten nicht genügend Ergebnisse geliefert, um seinen Forschungsansatz zu stützen. Tatsächlich lag nicht ein einziges Ergebnis vor, das seine Theorien über neue chirurgische Behandlungsmethoden zum Beheben oder Kon­trollieren von Vorhofflimmern bestätigte. Als Julian entdeckte, dass Connor an Herzarrhythmien litt, konnte er es zuerst gar nicht glauben. Wenn man bedachte, dass nur drei Prozent der Bevölkerung an Vorhofflimmern litt und der größte Teil von ihnen über sechzig war, wie groß waren die Chancen, jemanden zufällig zu treffen, der an dieser Krankheit litt – besonders ein so junger Mann? Julian hatte einige unstimmige medizinische Entscheidungen getroffen, die seine Experimente verkürzten. Nun hatte er sich tiefe Schuld aufgeladen –  oh, wie sehr hatte Connor leiden müssen  –, doch er musste alles Ablenkende und alle moralischen Vorbehalte beiseiteschieben und das große Ganze betrachten.
    Das Wohl der Allgemeinheit ist wichtiger als das Wohl des Einzelnen.
    Er hatte lange und intensiv darüber nachgedacht, wie er die Verbindung zwischen seinen Laborexperimenten und der Forschung, die er an lebenden Testpersonen durchführte, kappen konnte, um die Aufmerksamkeit der Polizei nicht auf sich zu lenken. Die Lösung war so einfach, und er konnte nicht glauben, dass er nicht schon früher darauf gekommen war. Es war eine einfache Strategie: die Aufmerksamkeit von chirurgischen Eingriffen am Herzen ablenken, indem man vorgibt, Eingriffe an anderen Organen durchzuführen.
    Was für ein einfaches, aber trotzdem brillantes Konzept.
    Jetzt konnte Julian all seine Aufmerksamkeit auf das richten, was einzig und allein zählte. Wenn er seine Theorien durch kontrollierte Studien untermauern und eine neue chirurgische Vorgehensweise entwickeln konnte, die die Katheterablation und die drei Maze-Operationen weit hinter sich lassen würde, dann fände er sich wahrscheinlich weltweit auf dem Titel jedes medizinischen Blattes wieder. Von dem Respekt der ganzen Medizinerschaft einmal ganz ab­gesehen, nach deren Anerkennung er sich so sehnte. Und wenn er nur gewissenhaft mit den Daten umging, dann würde niemals jemand erfahren, dass er sie an lebenden Probanden gesammelt hatte.
    Nachdem er nun Experimente an zwei Testpersonen durchgeführt hatte, wuchs in ihm wieder das dringende Bedürfnis, mit seinen Versuchen fortzufahren. Er musste Genevieve und Connor hinter sich lassen und weitermachen. Er hatte nicht das Glück, kommen und gehen zu können, wie es ihm beliebte. Seine Familie war ihm ein richtiger Klotz am Bein geworden.
    Er konnte seine Experimente nur