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Keine Gnade

Keine Gnade

Titel: Keine Gnade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Annechino
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hatte der Arzt Al gebeten, vorsichtig mit dem zu sein, was er ihr erzählte, denn Menschen im Koma konnten unter Umständen alles hören. Sie können nicht unbedingt darauf reagieren, was sie hören, aber jedes Wort könnte verstanden werden.
    Als Al bei seiner Schwester stand, war er geschockt von den Blutergüssen um ihre Augen, die schwer geprellte Stirn und angeschwollene Nase, doch am meisten berührten ihn die vielen Plastikschläuche, die in ihren Körper führten. Sie sah aus wie ein Proband bei einem scheußlichen Experiment. Er trat in den Vorraum, wo der Arzt auf ihn wartete.
    Â»Sie können offen mit mir reden, Doktor. Wie stehen ihre Chancen?«, fragte Al.
    Der junge brasilianische Arzt sprach perfekt Englisch mit starkem portugiesischem Akzent. »Es sieht nicht sehr gut aus«, antwortete Doktor Souza. »Je länger sie im Koma bleibt, umso besorgter bin ich. Aber bitte verlieren Sie nicht die Hoffnung. Obwohl ihr Gehirn vom Aufprall bei dem Zusammenstoß angeschwollen ist, ihre Gehirnaktivität ist hoch, und im MRT wurden keine größeren Gehirnschädigungen entdeckt.«
    Â»Warum liegt sie dann im Koma?«, fragte Al.
    Â»Das hängt mit der Schwellung des Gehirns zusammen, Mr Diaz, die größeren Hirndruck zur Folge hat. Wir geben Medikamente, die hoffentlich die Schwellung zurückgehen lassen, doch bis dahin wird sie aller Wahrscheinlichkeit nach im Koma bleiben.«
    Â»Ich möchte Ihnen nicht zu nahe treten, Doktor, aber gibt es vielleicht andere Krankenhäuser, die von ihrer Ausrüstung her besser mit ihrem Zustand umgehen könnten?«
    Â»Ich versichere Ihnen, Mr Diaz, wir tun alles in unserer Macht Stehende, um Ihre Schwester auf dem neuesten Stand der Medizin zu behandeln.«
    Der Doktor verließ ihn, und Al ging nur ein paar Schritte hinter ihm aus der Tür zum Ausgang. Er wollte seiner Schwes ­ter keinen Moment von der Seite weichen, aber er brauchte ein wenig frische Luft und Zeit, um all das zu verarbeiten, was der Arzt ihm gesagt hatte. Als er nach draußen trat, ließ die kühle Herbstluft ihn frösteln. Als er sich in San Diego auf den Weg gemacht hatte, lag die Temperatur bei fast siebenundzwanzig Grad.
    Al lehnte sich gegen die kalte Betonwand und atmete tief durch. Gerade als er zum Zimmer seiner Schwester zurückwollte, klingelte sein Handy.
    Â»Hi, Sami«, sagte Al. »Gibt es gute Nachrichten?«
    Â»Mam hat die Operation mit Pauken und Trompeten hinter sich gebracht.«
    Â»Fantastisch.«
    Â»Gibt es etwas Neues von Aleta?«
    Â»Alles unverändert. Sie sieht schrecklich aus – wie jemand, der mit einem Rohr verprügelt wurde. Es ist wirklich hart, sie so zu sehen.«
    Â»Bleib bei ihr, so lange du willst. Aber melde dich bitte wieder, und halte mich auf dem Laufenden.«
    Â»Versprochen.«
    Â»Captain Davison muss kurz vor einem Herzinfarkt stehen«, meinte sie.
    Â»Er war nicht gerade hocherfreut, als ich abgefahren bin. Und er hat mich schon zweimal angerufen.«
    Â»Also hat er es dir erzählt?«
    Â»Was erzählt?«
    Â»Es gab wieder einen Mord. Den Nachrichten zufolge sieht es aus, als ob es dieselbe Vorgehensweise war.«
    Â»Verdammt«, sagte Al. »Jetzt wird der Captain mich wirk ­lich zusammenscheißen.«
    Â»Du musst bei deiner Schwester bleiben, egal, was los ist. Außerdem ist alles von der Personalabteilung genehmigt worden.«
    Â» Ich weiß das, und du weißt das. Aber der Captain ist eine ganz andere Geschichte.«
    Â»Familie geht vor, mein Lieber.«
    Sami konnte Al schwer in sein Handy atmen hören. Das Letzte, was sie wollte, war, ihn mit noch mehr Problemen zu belasten, aber sie war so durcheinander und hin- und hergerissen, dass sie einfach nicht anders konnte.
    Â»Al, ich weiß, dass du genug am Hals hast, und ich hasse es, dir noch mehr aufzubürden, aber ich muss wirklich etwas mit dir besprechen, bevor mir der Kopf platzt.«
    Â»Hört sich ernst an.«
    Sami war sich nicht im Klaren, wie sie ihm diese Ankündigung schonend beibringen sollte, also kam sie gleich auf den Punkt. »Du wirst glauben, ich bin eine labile dumme Nuss, aber ich habe darüber nachgedacht, zu Captain Davison und Chief Larson zu gehen und herauszufinden, ob es eine Möglichkeit gibt, wieder eingestellt zu werden.«
    Â»Wieder eingestellt?«
    Â»Wenn man sich vor Augen hält, was gerade los ist,

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