Keine Gnade
positiv war.
»So gern wir Sie bei der Mordkommission auch wieder zurückhaben möchten, es ist einfach nicht möglich. Wenigstens zurzeit. Bei den jetzigen Budgeteinschränkungen und dem Einstellungsstopp bräuchten wir eine Sonderbewilligung vom Stadtrat und der Bürgermeisterin. Und Sie haben lange genug hier gearbeitet, um zu wissen, dass der Bürokratismus, der bei jeder wichtigen Entscheidung anfällt, riesig ist. Es ist ungefähr so, als ob man den Kongress bittet, ein Veto zu kippen.«
Sie dachte darüber nach, das Ganze noch ein letztes Mal zu diskutieren, doch sie hatte das Gefühl, dass es sinnlos wäre. AuÃerdem traf nicht Larson die Entscheidung. »Ich verstehe, Chief. Und ich weià Ihre Bemühungen wirklich zu schätzen.«
Nur kurz nachdem sie aufgelegt hatte, setzte bei Sami tiefe Enttäuschung ein. Da ihr bewusst gewesen war, dass es schwierig sein würde, als Detective wieder eingesetzt zu werden, hatte sie ihre Erwartungen nicht allzu hoch gestec kt. Doch trotz ihres nur vorsichtigen Optimismus hatte sie sich innerlich schon darauf vorbereitet, aus der Uni auszusteigen; und nun sah sie sich wieder mittendrin. Doch gefühlsmäÃig konnte sie die Uni nicht länger ertragen. Tatsächlich hatte Chief Larsons Anruf allein den Gedanken, zur Uni gehen zu müssen, völlig unerträglich werden lassen. Wie hatte sie in weniger als zwei Jahren von einer idealisÂtischen Enthusiastin zu einer ausgewachsenen Zynikerin werden können? Sie versuchte sich davon zu überzeugen, dass sie ein Opfer des Systems war, von ihm verdorben worden war. Doch sie erinnerte sich daran, was Captain Davison ihr vor Jahren erklärt hatte: »Es gibt keine Opfer, nur Freiwillige.«
Im Augenblick wünschte sie sich aber nun nichts sehnÂlicher, als ihren Unterricht zu schwänzen. Doch Sami hatte ein ausgeprägtes Rechtsbewusstsein. Sie war den Prinzipien treu, die ihr Vater ihr in ihrer Kindheit und sogar bis ins Erwachsenenleben buchstäblich aufgezwungen hatte. Auf der Grundschule war sie eine Vorzeigeschülerin gewesen. Sie hätte nicht einmal einen Stift gestohlen. Und auf der Highschool hatte sie nicht ein einziges Mal nachsitzen müssen.
Beinahe hätte sie bei der Verwaltung der Universität von San Diego angerufen, um sich für den Unterricht heute abzumelden. Doch die Stimme ihres Vaters, die in ihr Ohr flüsterte, zwang sie, auf dem rechten Weg zu bleiben. Und so griff sie anstatt nach dem Telefon nach dem Fön und tat das Richtige.
Julian kam durch die Eingangstür und stellte sein Gepäck auf dem Boden ab. Noch bevor die Tür hinter ihm zufiel, war Nicole auch schon aufgetaucht.
»Wie war die Konferenz?«, fragte Nicole spitz.
Julian sah etwas in Nicoles Augen. »Langweilig. Bin froh, dass ich sie hinter mir habe.«
»Das glaube ich dir.«
»Bist du heute mit dem falschen Fuà aufgestanden? Kein Kuss. Keine Umarmung. Nichts.«
»Wo zum Teufel bist du gewesen?«, rief Nicole.
»Fragst du mich das ernsthaft?«
»Ted Hastings rief an, als du weg warst. Doktor Ted Hastings.«
Julian wartete auf die Explosion. Er musste nicht lange warten.
»Es gab keine Konferenz, Julian, du verlogener Mistkerl.« Nicole kniff ihre Augen zusammen. »Gibt es eine andere Frau?«
»Natürlich nicht.« Julians Plan ging auf. Er bereitete seine Erklärung sorgfältig vor. »Möchtest du die Wahrheit hören?«
»Nein. Ich will einen Haufen Müll hören.«
»Ich bin nach Big Bear gefahren.«
»Wofür das denn?«
»Es sollte eine Ãberraschung werden. Du liebst es dort oben, besonders während der Skisaison. Und so habe ich versucht, eine kleine Hütte zu kaufen. Sie sollte eine Ãberraschung zum Geburtstag werden.« Wow, dachte er bei sich. Dass er lügen konnte, ohne das Gesicht zu verziehen, machte ihm fast Angst.
Nicole schien die Information zu verarbeiten. »Und hast du eine gekauft?«
Julian schüttelte den Kopf. »Sie wurde von privat verkauft, und der Kerl ist mit dem Preis nicht runtergegangen. Sie kostete mehr, als wir uns leisten können.«
»Wieso kann ich dir nicht glauben?«
»Habe ich dir jemals Grund dazu gegeben, mir zu misstrauen?«
»Nur weil ich dich nicht beim Lügen erwischt habe, heiÃt das noch lange nicht, dass du es nicht getan hast.«
»Ich erzähle dir die
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