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Keine große Affäre

Keine große Affäre

Titel: Keine große Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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unter
ihrem einfachen weißen Baumwoll-T-Shirt. Sie wirkte völlig unbefangen. Das
lange Haar fiel ihr über die Schultern, die braunen Rehaugen lächelten.
    »Gefällt dir dein Job denn nicht?«
fragte Alison und blickte schnell zu Ginger. Es war ihr peinlich, daß ihre
eigene Antwort so negativ gewesen war.
    »Was soll einem daran gefallen?«
fragte Ginger. »Ich koche Kaffee und lüge für meine Chefin. Sie ist eine
kettenrauchende Hexe, die sich nicht entscheiden kann, ob sie lieber Macht haben
oder beliebt sein will. Deshalb flirtet sie in der einen Minute mit dem
Oberboß, und in der nächsten jammert sie sich bei ein oder zwei Kisten
Chardonnay bei ihren aufgedonnerten feministischen Freundinnen über ungleiche
Berufschancen für Frauen aus. Dann kommt sie ins Büro zurück, sprüht mit
Mundspray um sich und erklärt mir, sie sei zu beschäftigt, um Anrufe
entgegenzunehmen...«
    Bei Gingers Vorstellungsgespräch war
die Frau verdächtig kameradschaftlich gewesen, und Ginger, die nicht viel
Erfahrung mit Bewerbungsprozeduren hatte und diesen Job unbedingt wollte, weil
alle sagten, er sei der erste Schritt auf der Leiter zu einer Fernsehkarriere,
hatte ihr naiv eine Liste mit Ideen für Sendungen überreicht, die sie am Abend
vorher sorgfältig getippt hatte. Sie sah die Liste nie wieder, aber ein paar
Monate später, als sie das Protokoll eines Meetings mit dem Ressortleiter
ablegte, fiel ihr auf, daß eine ganze Reihe ihrer Vorschläge ohne Erwähnung der
Quelle diskutiert worden waren. Als sie all ihren Mut zusammennahm und das
Thema ansprach, legte ihre Chefin ihre widerwärtige
Ich-bin-Ihnen-so-dankbar-für-Ihre-Hilfe-Platte auf und versprach Ginger ein
schönes, feuchtfröhliches Mittagessen, bei dem sie über ihre
Beförderungsaussichten sprechen könnten. Nachdem sie mehrere Monate vergeblich
auf dieses Essen gewartet hatte, war Gingers Naivität Ernüchterung gewichen,
und ihr wurde bewußt, daß nicht die geringste Hoffnung auf eine Beförderung
bestand, es sei denn, ihre Chefin würde von einem Bus überfahren. (Eine Wunschvorstellung,
der sie sich oft hingab, während sie ein Band nach dem anderen abtippte,
literweise Kaffee kochte und ganz besonders, wenn sie in der Schlange stand, um
die Sachen ihrer Chefin aus der chemischen Reinigung zu holen).
    »Ich war grad auf der Suche nach ’nem
neuen Job, als das passierte.« Ginger deutete in Guys Kinderwagen. »Aber ich
wollte meinen Anspruch auf Mutterschaftsurlaub nicht verlieren, und ich dachte
nicht, daß mich irgendwer einstellen würde, wenn ich schwanger wäre...«
    Ironischerweise war sie nur zu Roberts
verhängnisvoller Weihnachtsparty gegangen, um sich einen anderen Job zu angeln.
Sie hatte sich mit ein paar Gläsern Champagner Mut angetrunken und war dann
schnurstracks auf Charlie Prince zugesteuert. Während ihrer Zeit in Oxford war
er als Regisseur des OUDS, der dortigen Theatergruppe, berühmt gewesen. Nach
dem Abschluß war er arrogant genug gewesen, sich sofort als unabhängiger
Produzent selbständig zu machen, und hatte sich mit der Produktion mehrerer
erfolgreicher, jugendorientierter Sendungen schnell einen Namen gemacht. Seine
ständig expandierende Firma hatte auch einen Low-Budget-Dokumentarfilm
produziert, der in den Staaten ein Knüller gewesen war. Er war der Medienhit
des Monats, und er wußte es auch. Ginger hatte sich leicht nervös vorgestellt.
Sie waren zusammen in Oxford gewesen, erzählte sie ihm, und sie war überrascht,
als er damit herausrückte, daß er sie als Beatrice in der Gartenaufführung von Viel
Lärm um Nichts im Kreuzgang des New College bewundert hätte.
    Es war die einzige große Rolle, die
man ihr während der Universitätszeit angeboten hatte, und dann auch nur, weil
die gertenschlanke, schöne junge Frau, die für die Rolle vorgesehen war, sich
während der Osterferien in Kenia Malaria eingefangen hatte. Normalerweise hatte
man Ginger das gegeben, was Regisseure Charakterrollen nannten und was sie
selbst als Minirollen bezeichnete, weil es entweder Kinder oder Zwerge waren,
gelegentlich auch Hofnarren, wenn keine kleinen Männer zur Verfügung standen.
Die Mädchen, die mit ihr vorsprachen, waren normalerweise wenigstens dreißig
Zentimeter größer als sie, hatten lange Haare, rauchige Stimmen und sahen aus,
als könnten sie aus dem Stegreif eine unvergeßliche Ophelia geben.
    Daß Charlie Prince Gingers eintägigen
Schauspielruhm miterlebt hatte, verlangte nach mehr Champagner, und dann nach
noch

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