Keine halben Küsse mehr!: Roman (German Edition)
zuhörte. »Und vielleicht könnten wir ja ein bisschen auf die Vorurteile der Leute in Bezug aufs Speed-Dating eingehen?«, fügte sie hinzu. »Du weißt schon, dass die Leute glauben, sie wären zu gut für’s Speed-Dating, dass es unter ihrer Würde ist, dabei sind sie aber trotzdem einsame, arme Würmer. Wie wär’s damit: ›Finde die Liebe dort, wo du sie am wenigsten erwartest‹. Ich meine, Speed-Dating ist doch das Letzte, wo man so etwas erwarten würde, oder? Oder ist das zu offensichtlich, zu blöd?«
Amelie hatte kaum ausgesprochen, als ihr Handy piepte – eine Textnachricht. Sie griff danach und öffnete ihre Inbox.
Ciao bella! Come sta? War echt schön gestern Abend, trotz der Invasion einer hungrigen Horde Italiener... hoffe, du bist gut nach Hause gekommen... treffen wir uns bald auf den aufgeschobenen Kaffee? Charliexxx
Amelie lächelte in sich hinein und las die Nachricht gleich noch mal. Sie überlegte, ob sie gleich antworten sollte, verwarf den Gedanken jedoch wieder. Ihr Kopf war im Moment zu voll mit Ideen für die Kampagne, und ein Bursche wie Charlie musste schon eine schlagfertige Antwort erhalten. Ein Bursche, an den sie, zugegeben, seit gestern Abend ziemlich oft gedacht hatte... Ja, sie würde ihm später antworten, wenn sie mehr Zeit zum Nachdenken hatte.
Duncan warf Amelie einen nachdenklichen Blick zu und redete weiter: »Ja, ich verstehe, was du meinst. Ja, das könnte was werden. Bin nicht sicher, was die Formulierung betrifft, aber ich glaube, wir sind da an was dran.«
»Glaubst du?«, fragte Amelie und verbannte die Vision von Charlies ausdrucksvollen braunen Augen vorläufig in ein hinteres Eckchen ihres Kopfes. »Also, ich glaube, es ist immer noch nicht frisch genug, nicht neu genug. Aber lass es uns trotzdem mal zu Ende denken.« Amelie hielt inne, überlegte. »Was wir den Leuten sagen wollen, ist dies: »Sei mutig, such selbst dein Glück. Gib Cupido einen Tritt...«
»He, das ist die Idee!«, rief Duncan und warf begeistert seinen Stift beiseite. »Wir hauchen Cupido Leben ein, machen eine Figur aus ihm, geben ihm einen Charakter, eine Persönlichkeit, eine Rolle in unserem Drama – ja, das könnte es sein! Ja! Eine Art Cartoon, ein Comicstrip, Cupido, der in schlabberigen Jogginghosen schnaufend dahintrabt, ein bisschen fett geworden, weil er sich in letzter Zeit ein wenig hat gehen lassen!«
Amelie und Duncan brachen bei dieser Vorstellung in lautes Gelächter aus.
»Eine originelle Vorstellung«, ertönte plötzlich Josh Grants Stimme.
Amelie fuhr erschrocken zusammen; sie hatte gar nicht gemerkt, dass sie vom Boss belauscht worden waren. Sie wurde ein wenig rot, als dieser so unversehens in ihren Arbeitsbereich eindrang.
»Sorry, Leute, dass ich euch unterbrochen habe. Aber ich habe im Vorbeigehen eure Idee gehört und wenn ich eine gute Idee höre, dann zögere ich nicht, dies laut zu sagen. Ist so was wie eine Berufskrankheit von mir.«
Josh trat näher. »Habe ich euch schon gesagt, woher ich weiß, wann eine Idee eine gute ist? Und zwar immer dann, wenn ich sauer bin, weil ich nicht selbst drauf gekommen bin. Dann weiß ich, dass die Idee gut ist. Also Leute, gut gemacht.« Josh lächelte herzlich und zog sich einen Stuhl heran. Amelie fühlte sich gegen ihren Willen geschmeichelt. Und Duncan dachte, dass dieser neue Creative Director vielleicht doch nicht so schlimm war, wie er gedacht hatte.
»Aber belassen wir es nicht nur bei einem Cartoon-Cupido, so charmant die Idee auch ist.« Josh grinste. »Passt auf. Ihr müsst all eure Ideen sammeln. Ja, ich glaube, da könnte was Solides draus werden. Etwas, woraus sich eine großartige Kampagne machen ließe.« Josh blickte sich in Duncans und Amelies Kabäuschen um, registrierte all die halbgaren Ideen auf zahllosen Zetteln.
»Wisst ihr, worauf diese Idee eigentlich hinausläuft? Was ihren Kern ausmacht, wenn man mal all den Ballast wegdenkt? Ihr wollt doch rüberbringen dass man, im Gegensatz zur herkömmlichen Meinung, der Liebe durchaus einen Schubs geben kann. You can hurry love , versteht ihr? Ich an eurer Stelle würde mir all eure anderen Gedanken merken, aber versuchen, eben dies zur zentralen Aussage eurer Kampagne zu machen.« Josh erhob sich und begann auf und ab zu gehen. Amelie und Duncan hörten ihm gebannt zu.
»Also, wenn man unser Zielpublikum nimmt, Singles Ende zwanzig, Anfang dreißig – für die ist das geradezu eine kulturelle Revolution! All die Jahre hat man ihnen eingeredet,
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