Keine halben Küsse mehr!: Roman (German Edition)
seit drei Jahren. Wieso jetzt damit aufhören?«
Duncan, der das Gefühl hatte, dass Amelie am liebsten allein gelassen werden wollte, schlich sich davon, um zum Kiosk zu gehen. Zehn Minuten später tauchte er wieder auf, mit einem Karamellriegel für Amelie und fünf Rubbelkarten für sich selber. Amelie telefonierte noch immer, sichtlich gestresst. Duncan machte eine besorgte Miene, und Amelie quittierte diese mit einem schwachen Lächeln. Mit den Lippen formte sie ein »Dankeschön« für die dringend benötigte Schokolade.
»Also gut.« Sie schniefte und rieb sich die Augen. »Ich weiß. Hör zu, das ist alles wirklich schwierig für mich. Du kannst nicht einfach so Knall auf Fall auftauchen und erwarten...« Sie hielt inne, hörte ihm einen Augenblick zu. Doch bald hatte sie genug. »Nein. Hör zu. Ich muss jetzt wirklich Schluss machen. Ich habe furchtbar viel zu tun... Nein, ich halte das für gar keine gute Idee. Ehrlich, ich möchte nicht...« Sie hielt inne, während Jack sie weiter schluchzend anflehte. Schließlich wurde es ihr zu viel. »O Mann, na gut, wenn du dann Ruhe gibst, dann treffe ich mich halt auf einen Kaffee mit dir. Aber nur auf einen Espresso an der Bar, okay? Und nur als alte Freunde, kapiert?« Amelie schwieg; sie bereute ihr Zugeständnis offensichtlich bereits. Jack bedankte sich derweil überschwänglich. »Aber erst nächste Woche. Ich hab bis Dienstag beim besten Willen keine Zeit. Okay, also bis dann. So um achtzehn Uhr rum. Ist gut. Ich muss jetzt... Tschüss.«
Zornig und vollkommen durcheinander hängte sie auf. »Scheißmänner!«, fluchte sie. Dann warf sie einen Blick auf Duncan, der hingebungsvoll an seinen Lottokarten rubbelte.
»Ach. Du. Lieber. Gott.« Duncan, der Amelies Liebesprobleme offensichtlich vollkommen vergessen hatte, blickte auf und schrie: »Jaaaaaaa!!!« Er schaute noch einmal seine Nummern an, dann Amelie. »Ich hab schon wieder gewonnen!!! Ich hab gerade 65 Piepen gewonnen! Ist das zu fassen?!«
»Nein, ich kann nicht fassen, dass du heute noch mal fünf gekauft hast, Duncan«, sagte sie streng. »Männer! Die wissen auch nie, wann sie aufhören sollen, oder?« Sie stand auf und schaltete ihren Computer aus. »Die können sich nie mit dem zufriedengeben, was sie haben! Scheißkerle, allesamt.«
»Ach, das tut mir leid, Am... pass auf, es ist schon halb sechs. Komm, wir gehen was trinken und feiern einen höchst produktiven Tag. Du bist eingeladen.«
»Okay, danke«, sagte Amelie lächelnd. »Ich brauche jetzt auch dringend was zu trinken. Meeting Room 4?«
12. KAPITEL
Filzpantoffeln und Hängematten
Daheim, Freitag, 28. Januar, 23:00 Uhr
Was für eine Woche: Komme gerade von einem Treffen mit Gerald, Kreuzchen Nummer zwei. Also, ich hasse Vorurteile, aber man muss den Tatsachen ins Auge sehen – die Erfindung des Speed-Datings ermuntert geradezu, sich in Vorurteilen zu ergehen. Wahrscheinlich versuchen irgendwelche Fast-Love-Wissenschaftler gerade fieberhaft, das Vorurteilsgen zu isolieren, damit die Leute noch wählerischer und heikler werden und das Speed-Dating als einzigen Ausweg sehen... Oder vielleicht bin ich ja einfach übermüdet und brauche Schlaf. Aber eins habe ich aus meinen Speed-Dating-Erfahrungen gelernt: Wenn man nicht bis zu einem gewissen Grade voreingenommen ist, bringt man es in diesem Spiel nicht weit. Wenn man die Liebe auf der Überholspur sucht, sind ein gutes Urteilsvermögen und eine gute Zeiteinteilung unabdingbare Voraussetzungen.
Ich hatte mich jedenfalls entschieden, es mit einem weiteren Date zu versuchen. Immerhin habe ich mich recht gut mit Gerald unterhalten, in den drei Minuten, die uns zur Verfügung standen. Wir haben uns also den Film »Motorcycle Diaries – Die Reise des jungen Che« angeschaut, den ich schon immer sehen wollte. Es war fantastisch. Zugegeben, der Hauptdarsteller ist einfach zum Sterben. Aber was mich vor allem beeindruckt hat, war die Landschaft – ich kriegte richtig Fernweh, merkte auf einmal, wie sehr ich das Reisen vermisse. Als ich wieder daheim war, musste ich an mich halten, um nicht auf den Dachboden zu rennen und meinen alten Backpack, die ausgelatschten Sandalen und mein Kopftuch rauszukramen und mich in alten Hippieerinnerungen zu ergehen. Nun, ich habe der Versuchung widerstanden. Ich denke, ich werde mich stattdessen einfach einmal in Joshs Hängematte legen, wenn er nicht da ist.
Aber zurück zu meiner Verabredung. Es war ein netter Abend mit Gerald, wir hatten ein
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