professioneller Schauspieler, wohl in solchen Situationen tat. Sie überlegte, ob sie ihn anrufen sollte, verwarf die Idee jedoch wieder. Jetzt ärgerte sie sich, dass sie überhaupt diese Last-Minute-Idee gehabt hatte – wenn sie das Ganze hätte sein lassen, dann könnte sie sich jetzt entspannen und die Vorstellung hinter einem Glas rosa Champagner versteckt genießen. Stattdessen stand ihr noch diese letzte, grässliche Prüfung bevor – die Präsentation. Sie holte ihren Taschenspiegel hervor und zog ihr Lipgloss und ihre Wimperntusche nach. Sie wollte sich gerade auf den Weg nach unten machen, als ihr Computer piepte: eine E-Mail.
Date: 14. Februar, 11:36
Sender:
[email protected] To:
[email protected] Subject: neue Entwicklungen
Liebe Amelie, ich hoffe, es geht Ihnen gut. Könnten Sie mich eventuell heute oder spätestens morgen anrufen? Es gibt neue Entwicklungen in der Sache, die wir letzte Woche besprochen haben, und ich glaube, ich hätte da etwas, das Sie interessieren könnte.
Mit freundlichen Grüßen,
Natasha
Interessant!, dachte Amelie. Da sie gerne mehr erfahren hätte, klickte sie auf »Antworten« und fing an, eine Antwort zu formulieren. Doch in diesem Moment meldete sich das vernünftige Sechzehntel ihres Ichs und signalisierte, dass dafür möglicherweise keine Zeit mehr war. Wenn sie nicht bald nach unten ginge, würde sie zu spät zur Präsentation kommen. Sie schaltete ihren Monitor aus, erhob sich und warf einen Blick auf den geschäftigen Soho Square hinunter, wo, nach ihrem Geschmack, immer noch viel zu viele Paare Arm in Arm herumschlenderten. Sie strich ihr rotes Wollkleid glatt und wandte sich zum Gehen. Als sie jedoch in den Gang hinaustrat, stieß sie unversehens mit Duncan zusammen, der im selben Moment hatte hereinkommen wollen.
»Oh, Verzeihung!«, rief er.
»Keine Ursache«, antwortete Amelie kühl. Sie fragte sich, wo er auf einmal herkam. Sie hatte ihn den ganzen Vormittag noch nicht gesehen. Aber da sie sich nicht anmerken lassen wollte, dass sie sein Verbleib auch nur im Geringsten interessierte, sagte sie nichts. Mit ihren Augen signalisierte sie ihm, dass er ihr im Weg stand, und er trat auch bereitwillig zur Seite.
Schüchtern sagte er: »Ich weiß, es ist ein bisschen spät, aber viel Glück, Amelie. Ich weiß, wie sehr du es hasst, vor Leuten reden zu müssen, also... ja, ich wünsche dir viel Glück. Ich werde dir die Daumen drücken.«
Amelie schenkte ihm ein kühles Lächeln und sagte: »Danke.« Dann ging sie.
Unten im Empfangsbereich waren Chloe und Fleur eifrig mit dem Beschriften und Verteilen von Namensschildchen beschäftigt. Sie wollten, dass jeder Mitarbeiter sich eines ansteckte, selbst Manuel, der Hausmeister, und Dave vom IT. »Wir müssen eine geeinte Front zeigen! Wir müssen zeigen, dass wir uns mit dem Geist von Fast Love identifizieren!«, rief Chloe, die nach sechswöchiger Tätigkeit in der Agentur nicht nur den Fachjargon, sondern auch den kreativen Irrsinn der Branche verinnerlicht hatte. Als sie Duncan aus dem Lift treten sah, malte sie hastig seinen Namen in großen Blockbuchstaben auf ein Schildchen und ging dann zu ihm hin, um es ihm ans Hemd zu pinnen.
»Ach, das wäre doch nicht nötig gewesen! Danke!«, sagte Duncan verlegen, aber offensichtlich auch erfreut darüber, so viel Aufmerksamkeit von Chloe zu bekommen. Er lächelte sie an und wollte gerade etwas sagen, als der Türsummer ertönte. Duncan und Chloe traten auseinander und schauten auf die drei Leute, die jenseits der großen Drehtür draußen im Regen standen.
»Das sind sie! Fleur, sie sind da!«
»Schnell, alle Mann!« Chloe hob den Hörer der Gegensprechanlage ab und sprach laut und entschlossen in den Lautsprecher: »Alle Mitarbeiter in den Konferenzsaal. Alle Mitarbeiter sofort in den Konferenzsaal. Der Klient ist hier.«
Emil Myers, Managing Director der Agentur, kam in die Eingangshalle geschlendert. Er war gestern aus Singapur hergeflogen, um bei der Präsentation anwesend zu sein. Er trug einen eleganten, dunkelblauen Anzug und trat zusammen mit Chloe vor, um die Gäste zu begrüßen, die soeben durch die Drehtür kamen. Chloe überreichte jedem lächelnd einen Strauß roter Rosen und zirpte: »Alles Gute zum Valentinstag!«
Eine verlegene Stille trat ein, während derer die drei Gesichter misstrauisch die Blumen musterten und zögernd nickten. Maggie, eine Rothaarige mit Brille, bedankte sich mit einem