Keine halben Küsse mehr!: Roman (German Edition)
liebenswürdigen Lächeln. Emil reichte einem nach dem anderen die Hand. »Hallo, Emil Myers, Managing Director der Agentur... oder das ›M‹ in Lewis Gibbs Myers Kirby.«
Maggie, Managing Director von Fast Love, machte den aufgeschlossensten Eindruck. Eva, Marketing Director, war ein wenig jünger und besaß zwar ein charmantes Lächeln, machte jedoch einen verbohrten, dickköpfigen Eindruck. Der Letzte des Trios, Ted, Financial Director, hielt sich im Hintergrund, ein stiller, tiefgründiger Typ, ganz offensichtlich das Gehirn, der Mathematiker des Unternehmens. Er würde sich nur dann »zuschalten«, wenn es ihm gefiel. Bei ihm wüsste man nie, ob er überhaupt zuhörte oder nicht. Emil musterte Ted, der in diesem Moment aus dem Fenster starrte und die Agenturbelegschaft mit keinem Blick zur Kenntnis nahm. »Nun, ich freue mich jedenfalls außerordentlich, Sie alle wiederzusehen«, fügte Emil mit einem strahlenden Lächeln hinzu. »Bitte folgen Sie mir. Hier entlang.«
Er hielt den dreien die Tür zum Konferenzsaal auf und ihre Füße traten auf einen Teppich aus roten Rosenblättern. Erfreut nahmen sie zur Kenntnis, dass der Saal ihnen zu Ehren vollkommen umgestaltet worden war. Erstaunt sahen sich Maggie, Ted und Eva um. Gedämpftes Licht, überall Rosenblätter. Von der Decke hingen rote und lila Tücher und zusammen mit dem Kerzenlicht wirkte das Ganze höchst heimelig und romantisch. Emil wirkte sichtlich beeindruckt, die drei Fast-Love-Vertreter dagegen versuchten, kühle Mienen zu bewahren.
»Hallo, wie geht’s?«, sagte Josh in seinem breiten Australisch. »Herzlich willkommen... ich bin Josh Grant, Creative Director. Und das hier«, sagte er und wies mit einer ausholenden Armbewegung auf die Zweiertische, die mit eifrig schwatzenden und ihre Bewertungskarten bekritzelnden »Pärchen« besetzt waren – »ist der Kreativpool von LGMK. Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Rosa Champagner?«
Eva, Maggie und Ted nickten. Josh scherzte, während er ihnen ihre Gläser reichte, dass sie sich gerne überall hinsetzen dürften, sie müssten sich nicht an das strikte Männlein /Weiblein-Regime halten. Maggie und Eva, die von Joshs Charme offenbar beeindruckt waren, lachten herzlich. Eva sagte: »Ach, mir macht das nichts aus. Sind Sie noch zu haben?«
Falls Josh innerlich zusammenzuckte, so ließ er sich das mit keinem Mucks anmerken. Gelassen antwortete er: »Selbstverständlich. Seien Sie mein Gast. Maggie, Sie könnten sich zu Emil setzen, wenn Sie möchten? Wir können ja nach drei Minuten rotieren.«
Man nahm Platz, stieß gläserklingend an und machte sich anschließend bei gedämpftem Licht über das köstliche Büffet her. Um Punkt dreizehn Uhr erklomm Fleur das Podium und läutete laut die Glocke, um zu signalisieren, dass es nun losgehen würde. Amelie hatte dafür gesorgt, dass eine richtige Schulglocke beschafft wurde, um das Ganze so authentisch wie möglich zu gestalten. Sie musste lächeln, als sie die altvertrauten Klänge hörte.
Amelie, die sich am Saalrand herumdrückte, beobachtete nervös wie Fleur die Glocke schwang. In ihrem Magen machten sich mehr und mehr Schmetterlinge breit. Sie sah zu, wie Josh selbstbewusst aufs Podium sprang und wartete, bis es still geworden war. Dann hielt er eine charismatische Einführungsrede, in der er all die Dinge sagte, die sie besprochen hatten. Anschließend bat er Amelie aufs Podium. Langsam und zögernd durchquerte sie den Raum, den Blick nach vorne gerichtet, als ginge es zum Galgen. Gott steh mir bei, betete sie, lass es mich bloß nicht vermasseln. Ihr Mund war wie ausgetrocknet. Nach einem nervösen Blick auf Josh klappte sie ihr iBook auf, sammelte ihre Gedanken und wollte schon loslegen, als sie zu ihrem Schrecken sah, dass der Bildschirm vollkommen schwarz war. Der Computer war noch nicht eingeschaltet! Aber sie hatte ihn doch erst vor ein paar Minuten selbst eingeschaltet, oder? Wo war ihr Powerpointdokument, wenn sie es brauchte? Hatte Fleur etwa an den Tasten rumgespielt? Voller Angst schaute sie sich um, merkte, wie ihr die Röte ins Gesicht schoss. Aller Augen waren erwartungsvoll auf sie gerichtet. Wie zum Teufel sollte sie die Zeit überbrücken, bis der Computer hochgefahren war? In einer solchen Situation auch noch zu improvisieren überstieg ihre Fähigkeiten. Das hatte sie schon mit sieben nicht gekonnt und mit sechsundzwanzig war es nicht anders. Aber die Minuten tickten dahin, und alles wartete. Sie presste ein
Weitere Kostenlose Bücher