Keine Panik Prinzessin
wohl unbesorgt allein lassen und …«
Grandmère schnaubte. »Welches glückliche Unterwäschemodel von ›Victoria’s Secret‹ ist denn heute deine Auserwählte?«, fragte sie. Aber bevor er darauf eingehen konnte, sagte sie zu mir: »Die Aufregung der letzten Tage hat meiner Gesichtshaut gar nicht gutgetan. Ich brauche jetzt dringend eine beruhigende Gesichtsmaske. Der Prinzessunterricht fällt heute aus.«
»Im Ernst?«, sagte ich. »Äh … okay. Wie du meinst, Grandmère.« Es fiel mir nicht leicht, mir nicht anmerken zu lassen, wie unendlich erleichtert ich war. Ich muss heute nämlich noch ganz schön viele Härchen wegrasieren.
Hm, ich frage mich, ob sie das ahnt und mich deswegen früher nach Hause lässt?
Nein. Nein, das ist unmöglich. Nicht einmal Grandmère kann sich allen Ernstes wünschen, dass ihre Enkelin vorehelichen Sex hat.
Aber wieso hat sie mir dann …?
Nein. So berechnend kann nicht einmal Grandmère sein.
Donnerstag, 9. September, 19 Uhr, bei den Moscovitzens zu Hause
So, da wäre ich. Ich bin am ganzen Körper glatt rasiert und gepeelt, hab meine Haare gewaschen, die Packung mit den Verhütungsschwämmchen in meinen Rucksack gesteckt und bin zu allem bereit.
Wenn ich nur nicht immer noch die ganze Zeit das Gefühl hätte, gleich kotzen zu müssen.
Hier geht es zu wie im Irrenhaus . Michael ist gerade dabei, seinen Koffer zu packen, und regt sich auf, weil seine Mutter ihm immer wieder irgendwelche Sachen reinschmuggelt. Anscheinend macht sie sich Sorgen, dass es in Japan weder Haarshampoo noch Klopapier geben könnte, und war deshalb gestern extra mit Maya, der Haushälterin der Moscovitzens, in einem Großmarkt in New Jersey, wo sie unter anderem eine Großpackung Tabletten gegen Sodbrennen gekauft hat, die er mitnehmen soll.
»Mom!«, sagt Michael immer wieder. »Ich bin mir sicher, dass es in Japan auch Tabletten gegen Sodbrennen gibt. Vielleicht nicht genau diese, aber irgendetwas Ähnliches. Ich brau che keine Klinikpackung davon. Und die Monsterflasche Listerine brauche ich genauso wenig.«
Aber seine Mutter lässt sich nicht beirren. Jedes Mal, wenn Michael etwas herausnimmt, packt sie es wieder in den Koffer.
Irgendwie traurig. Ich weiß genau, wie sie sich fühlt. Die Welt um sie herum kreiselt mit rasender Geschwindigkeit dem Chaos entgegen, und sie versucht irgendetwas zu tun, um das Gefühl zu haben, wenigstens ein BISSCHEN die Kontrolle zu behalten. Und anscheinend hilft es ihr, ihrem Sohn einen Vorrat an Tabletten gegen Sodbrennen mitzugeben, der bis zur nächsten Jahrtausendwende reicht.
Ich wünschte, ich könnte ihr sagen, dass sie sich keine Sorgen machen muss, weil Michael nicht nach Japan gehen wird. Aber ich darf sie nicht in meinem Plan einweihen, bevor ich Michael so weit gebracht habe.
Als ich ihm gesagt hab, dass ich mich heimlich mit ihm aus der Wohnung schleichen will, war er zwar nicht so begeistert – er hat immer Angst, etwas zu tun, womit mein Vater nicht einverstanden wäre, was ich auch verstehen kann, weil Dad ja immerhin das Oberkommando über eine Elite-Einsatztruppe hat. Aber ich hab gemerkt, dass er neugierig ist. »Okay«, hat er gesagt. »Ich muss nur noch meine Jacke suchen. Die muss hier doch irgendwo …«
Woher soll er auch wissen, dass er seine Jacke gar nicht brauchen wird.
Gerade ist Lilly mit der Videokamera in der Hand aus ihrem Zimmer gekommen und hat gerufen: »Ah, gut dass du da bist, PrivoG! Sag schnell, was du tun würdest, um die Umweltverschmutzung, die zur globalen Klimaerwärmung führt, so zu reduzieren, dass wir von einer Klimakatastrophe wie in ›The Day after Tomorrow‹ und in ›Der Tag des Tornado‹ verschont bleiben. Ich meine, wenn du über die Welt regieren würdest und nicht bloß über Genovia.«
»Lilly«, stöhnte ich. »Ich bin jetzt echt nicht in der Stimmung, mich für deine Sendung interviewen zu lassen.«
»Das ist nicht für ›Lilly spricht Klartext‹, das ist für die Schule. Also los, komm schon. Nur ein ganz kurzes Statement. Tu einfach so, als würdest eine Rede vor dem genovesischen Parlament halten.«
Ich seufzte. »Okay. Statt dreihundert Milliarden Dollar jährlich auszugeben, um fossile Brennstoffe zu fördern, würde ich die Staatsoberhäupter der Welt dazu aufrufen, das Geld lieber in saubere, alternative Energien zu investieren, Solar-und Windkraftanlagen zu bauen und die Entwicklung von Biokraftstoffen voranzutreiben.«
»Gut«, sagte Lilly. »Und weiter?«
»Sag mal, ist
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