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Keine Pizza für Commissario Luciani

Titel: Keine Pizza für Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Paglieri
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Fußboden durchgebrochen, und es kann einem immer mal
     ein Brocken auf den Schädel fallen.«
    Der Kommissar lächelte. »Heute ist Samstag. Und ich wette, Sie haben ein Boot.«

|326| Fünfundfünfzig
    Ranieri
    Ventotene, April
     
    Belmondo nahm die Beretta und brachte sich in Position. Er verteilte sein Gewicht auf beide Beine, entspannte die Schultern
     und streichelte den Abzug. Man hörte einen trockenen Knall, dann das Scheppern der Dose, die zwanzig Meter entfernt von einem
     Pfosten geflogen war. In weniger als einer Minute gab er sechs Schuss ab, wobei er fünf Volltreffer erzielte und die sechste
     Dose streifte. Er forderte den Minister auf, weiter vor zu gehen, doch Ranieri wollte keinen Vorteil, sondern ein faires Duell.
     Auch er schoss mit seiner Beretta in knapp einer Minute sechs Mal. Die ersten vier Dosen traf er, die beiden letzten nicht.
    »Exzellente Leistung, Herr Professor«, sagte der Bodyguard lächelnd.
    »Am Ende habe ich es verschenkt. Zu viel Hektik.«
    »Ein bisschen Anspannung ist normal. Hätten Sie mich geschlagen, wäre das für mich eine bittere Pille gewesen. Ich soll schließlich
     Sie beschützen, nicht umgekehrt.«
    »Das heißt, im Notfall können wir uns gegenseitig den Rücken freihalten.«
    Belmondo wollte ihm ein wenig schmeicheln. »Mit einem Schützen wie Ihnen würde ich mich sicher fühlen. Sie haben hervorragend
     geschossen. Hätte ich nie erwartet, von einem Menschen, der so …«
    »Friedfertig ist?«
    »Na ja, halt ein Gelehrter. Wo haben Sie so schießen gelernt?«
    »Mein Großvater hat es mir beigebracht, da war ich vielleicht zehn. Und der Vater eines Jungen von der Insel hier, |327| der hat uns ins offene Gelände geführt und auf Flaschen und Dosen ballern lassen. Er war ein großer Jäger. Als man das hier
     noch durfte, holte er die Zugvögel zu Hunderten herunter. Die Leidenschaft für Waffen ist mir geblieben, aber ich habe noch
     nie auf ein Lebewesen geschossen, nicht einmal auf einen Spatz.«
    »Nun, das ist ein anderes Paar Stiefel. Ein Tier zu schießen, meine ich. Als ich in Afrika arbeitete, habe ich es manchmal
     getan. Und ich versichere Ihnen, da bleibt einem fast das Herz stehen. Es ist viel leichter, auf einen Menschen zu schießen.«
    »Warum?«, fragte der Professor mit einem erstaunten Lächeln.
    »Weil das zu meiner Arbeit gehört. Weil er der Gegner ist, und wenn ich ihn nicht erschieße, erschießt er mich.«
    »Ich weiß nicht, ob ich das könnte«, flüsterte Ranieri.
    »Wenn Sie gezwungen wären … Sie müssen versuchen, ihn nicht als Menschen zu sehen, sondern als Zielscheibe. Mit lauter weißen
     und schwarzen Ringen.«

|328| Sechsundfünfzig
    Marietto
    Zuchthaus Santo Stefano, 1963
     
    Giuseppe Risso saß auf einem Felsen und beobachtete die Gefangenen, die den Boden mit harten, rhythmischen Schlägen lockerten.
     Es war Vulkanboden, widerspenstig, aber äußerst fruchtbar, und alle schienen gern zu arbeiten. Besser, man schindete sich
     im Freien, ertrug Sonne und Regen, als dass man endlose Stunden in der Zelle eingesperrt blieb, sich langweilte und wütend
     nachgrübelte über all das, was man verloren hatte.
    Mario Martone kam angeschlurft. »Ich brauche eine Pause«, flüsterte er.
    »Setz aus und komm hierher in den Schatten. Heute ist es zu heiß.«
    Die anderen Gefangenen hoben den Kopf und schauten zu ihm herüber.
    »Pause auch für euch, Jungs. Holt euch ein bisschen Wasser.«
    Martone blickte ihn an. »Für einen Bullen bist du kein schlechter Kerl.«
    Risso lächelte und fegte ein bisschen Staub von seiner Aufseheruniform.
    »Ich möchte gerecht sein. Das ist alles. Manchmal ist es reine Glückssache, ob man auf dieser Seite der Barrikade steht oder
     auf eurer.«
    Er zündete eine Zigarette an und reichte sie dem alten Zuchthäusler, dann zündete er noch eine an. Mittlerweile lebten sie
     seit fast vier Jahren Seite an Seite, und sie hatten gelernt, einander zu respektieren. Kaum ein Wärter glaubte mehr als Risso
     an das Projekt des Gefängnisdirektors, der |329| es sich in den Kopf gesetzt hatte, Santo Stefano in einen modernen und menschlichen Strafvollzug zu verwandeln, wo sich die
     Freigänger unbeaufsichtigt auf der ganzen Insel bewegen und alle Häftlinge arbeiten, sich nützlich machen konnten. Sie wurden
     wie Menschen behandelt, die gefehlt hatten, nicht wie Vieh, das man in einen Käfig sperren und malträtieren musste.
    Risso hatte die Arbeit als Aufseher angenommen, weil er bedauerte, den Krieg

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