Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Keine Pizza für Commissario Luciani

Titel: Keine Pizza für Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Paglieri
Vom Netzwerk:
»Herr Risso hat sich eine Kugel in den Kopf gejagt.«
    Der Kommissar schaute ihn an: »Sie wollen mich auf den Arm nehmen.«
    Der Pathologe schüttelte den Kopf.
    »Und wie ist es möglich, dass das bisher übersehen wurde?«
    »Die Kugel ist durch den offenen Mund ein- und am Genick ausgetreten, ohne den Schädel zu verletzen. Das ist weiches Gewebe,
     und durch das Wasser und den Fischfraß … Jetzt ist das Loch jedenfalls deutlich zu erkennen.«
    »Aber wie können Sie sicher sein, dass …«
    »Dass der Schuss in seinem Mund abgefeuert wurde? Die Schmauchspuren am Gaumen sind evident.«
    »Dann ist er also nicht ertrunken, sondern an der Schussverletzung gestorben?«
    »Nein, Kommissar. Tod durch Ertrinken, da gibt es keinen Zweifel. Ich habe den Schaum gefunden, der typisch |124| ist für jemanden, der unter Wasser noch zu atmen versucht. Das beweist, dass er, als er ins Meer fiel, noch am Leben war.
     Der Pistolenschuss selbst war nicht tödlich, er hat keine lebenswichtigen Organe verletzt.«
    Marietto hatte sich also zuerst einen Kopfschuss gesetzt und war dann ins Wasser gefallen, dachte der Kommissar und stellte
     sich den Küstenstreifen bei Camogli vor. Gab es da eine abgelegene Stelle, wo man ungestört mit allem Schluss machen konnte?
     Von der aus Marietto ins Wasser gefallen sein konnte? Er musste auf einen Felsen gestiegen sein. Schwierig, für einen Mann
     in seinem Alter, aber Marietto war noch rüstig. Und wenn jemand erst einmal beschlossen hatte, sich umzubringen … Die Leiche
     hatten sie in der Cala dei Genovesi gefunden, und die Strömung ging normalerweise von Osten nach Westen. Wenn er nicht in
     dieser Bucht gelandet wäre, hätte man ihn vielleicht erst in Frankreich gefunden. Jetzt musste festgestellt werden, wie lange
     er im Wasser gelegen hatte. Einen Tag? Zwei Tage? Es waren kaum Boote auf dem Meer, und im Winter ging selten jemand an diesen
     Strand hinunter.
    »Möchten Sie die Leiche sehen?«, fragte der Arzt.
    Luciani wollte ablehnen. Wasserleichen waren nicht gerade sein liebster Zeitvertreib. Aber so wie Dionigi arbeitete, war es
     wohl besser, wenn er selbst einen Blick darauf warf, falls der Pathologe noch andere Hinweise übersehen hatte.
     
    Er setzte die Maske auf, um sich ein wenig gegen den Gestank nach Fäulnis und Exkrementen zu schützen, der den Saal erfüllte.
     Der Professor schob die Liege mit der Leiche, die er gerade obduzierte, beiseite und holte Marietto Rissos sterbliche Überreste
     ins Licht der Strahler. Das Alter, die Einwirkungen des Wassers und die Obduktion hatten ihn in eine unförmige Zellmasse verwandelt,
     und was von |125| seiner Seele übrig war, schien nur darum zu betteln, im Feuer des Krematoriums davon befreit zu werden. Auf der Brust bemerkte
     der Kommissar im Muster blauer Venen eine große, ziemlich verblichene Tätowierung, ein Hufeisen, mit einem Wort, das man kaum
     lesen konnte, vielleicht »Stefano«, darunter ein Datum, das besser erhalten war: 1960–1965. Wer wusste, was das zu bedeuten
     hatte? Dass sein Sohn mit fünf Jahren gestorben war? Wenn dem so war, hatte das Hufeisen ihm sicher kein Glück gebracht.
    »In dieser Tüte steckt alles, was für Sie nützlich sein könnte, Commissario.«
    »Haben Sie unter den Fingernägeln etwas gefunden?«
    Der Arzt lächelte schwach. »Nach all diesen Stunden im Wasser? Aus Gewissenhaftigkeit habe ich nachgeschaut, aber das Einzige,
     was ich gefunden habe, waren diese Steinchen, die er in der Faust hielt.« Der Kommissar nahm die Tüte und untersuchte sie
     im Gegenlicht. Eine Handvoll stinknormaler grauer und weißer Kiesel, ein paar kleine braune Algenfäden und ein wunderschönes,
     fast quadratisches blaues Glasstückchen. Marietto musste sich das in den letzten Sekunden seines Lebens gegriffen haben.
    »Anzeichen von Gewalt?«
    »Ein Schlag gegen die rechte Schläfe. Stark genug, um Haarrisse im Schädelknochen zu verursachen …«
    Der Kommissar spürte, wie sich sein Magen zusammenzog.
    »… aber bevor Sie mich fragen: Es ist unmöglich zu sagen, ob er dem Opfer vor oder nach Eintritt des Todes versetzt wurde.«
    »Mögliche Erklärungen?«
    Der Doktor zuckte mit den Achseln. »Ich konstatiere die Tatsachen. Sie zu interpretieren ist Ihre Sache.«
    »Der Gegenstand, mit dem ihm der Schlag versetzt wurde?«
    |126| »Wer weiß. Ein Knüppel, ein Stein. Es kann auch sein, dass eine Welle ihn gegen einen Felsen gespült hat.«
    »Das ist eine Interpretation«, bemerkte Luciani.

Weitere Kostenlose Bücher