Keine Pizza für Commissario Luciani
bezauberte die Kommission
und kam mühelos auf die maximale Punktzahl. |118| Ein Diplom mit Auszeichnung konnte sie nicht bekommen, weil der Schnitt der Vorschlagsnoten zu niedrig war, aber am selben
Abend waren sie zum Feiern in ein schönes Restaurant gegangen und dann ins Hotel, und danach hatte sich die frischgebackene
Magistra Artium ihre Auszeichnung doch noch verdient.
Ludovico spürte, wie ihm ein warmer Schauer den Rücken hinunterlief, und zündete sich noch eine Zigarette an. Auch nach all
den Jahren betörten ihn diese Erinnerungen noch – und taten weh.
Jene Liebesnacht mit Sabrina war ihre letzte gemeinsame Nacht gewesen. Zu ihrem nächsten Treffen war sie mit einer Miene erschienen,
in der eine unumstößliche Entscheidung geschrieben stand. Er durfte sie nicht einmal anfassen und wurde mit einer einfachen
Wahrheit konfrontiert: »Wir sind zwei ehrgeizige Menschen, Ludovico, doch zusammen kommen wir nicht weit. Du brauchst die
Unterstützung deiner Frau und deines Schwiegervaters. Ich brauche einen Mann mit Macht und Geld, der bereit ist, beides für
mich einzusetzen.«
»Was für ein romantisches Weltbild!«, hatte er zurückgegeben. Sabrina machte das Gesicht, das er am meisten an ihr hasste:
Sie betrachtete ihn wie ein kleines Kind, dem man recht gibt, damit es zu heulen aufhört.
»Och, armer Kleiner, er liebt mich wirklich. Er will wirklich mit mir fliehen. Okay, er ist nur ein Dozent ohne Festanstellung,
mit weniger als zweitausend Euro im Monat, er hat eine schöne Villa und eine Yacht, die von der Frau bezahlt werden, und wenn
er sich von ihr trennt, wird er alles verlieren, wird vielleicht sogar Alimente bezahlen müssen. Aber ich bin sicher, dass
er mit tausend Euro ein putziges Häuschen finden wird, in dem wir zusammen leben können, ein Liebesnest, in dem wir unsere
zehn Kinder aufziehen werden.«
|119| Ludovico hatte den Kopf gesenkt, gedemütigt und zornig. »Du tust mir unrecht. Ich liebe dich wirklich. Das ist nicht nur ein
schmuddeliges Verhältnis zwischen Professor und Studentin.«
»Du liebst mich, sagst du? Vielleicht stimmt das. Oder vielleicht liebst du nicht mich, sondern wie du dich fühlst, wenn du
mit mir zusammen bist. Jung, voller Begeisterung, voller Pläne. Fähig, den Träumen nachzujagen, die du mal hattest und dann
begraben hast. Du liebst mich, weil ich den Teil an dir zum Leben erwecke, den du liebst.«
»Was ist daran verkehrt? Jedenfalls ist mir das nur mit dir passiert, und deshalb liebe ich dich und keine andere in deinem
Alter.«
»Sicher, verkehrt ist das nicht. Wir Frauen müssen die Schokoladenseite der Männer bedienen, dafür sorgen, dass sie sich wichtig
fühlen. Aber was bekomme ich im Gegenzug von dir? Warum sollte ich dich lieben? Auch eine Frau verliebt sich in das Leben,
das du ihr eröffnest. Wir Frauen sind praktisch veranlagt, Ludovico, weil letzten Endes wir dafür sorgen müssen, dass der
Laden läuft. Ihr träumt weiter, bis vierzig, bis fünfzig, bis zum Schluss. Aber du hast recht, ich bin nicht die Studentin,
die sich das Leben von der Midlife-Crisis ihres Professors ruinieren lässt. Ich weiß, was ich will, und ich kann es alleine
erreichen oder mit jemand anderem. Ich kann es aber nicht erreichen, wenn ich bei dir bleibe.«
Ludovico hatte geschwiegen. Was gibt es Demütigenderes, als zu lieben, ohne dass diese Liebe erwidert wird? Was gibt es Demütigenderes,
als sich nicht auf der Höhe der Frau zu fühlen, die man liebt, und sich von einem 22-jährigen Mädchen Belehrungen über das
Leben anhören zu müssen? Wenn er reich und mächtig wäre, dann würde sie ihn lieben. Aufrichtig oder nicht, was spielte das
für eine Rolle, wer würde den Unterschied schon merken? Auch er |120| und seine Frau wurden über all die Jahre sicher nicht durch die Liebe zusammengehalten, sondern durch ein Tauschgeschäft:
Sie hatte eine reiche, einflussreiche Familie, ein traumhaftes Haus im Zentrum, sie kümmerte sich um die Kinder und ließ ihm
Zeit, sich seiner Karriere zu widmen. Er war ein charismatischer, geistreicher Mann, mit ausgezeichnetem Geschmack, und er
entschädigte sie für eine Jugend, in der ihre Freundinnen mit den hübschesten Jungs ausgingen und sie nur Zaungast war.
Am Ende war Sabrina aufgestanden und hatte ihm ein heiteres Lächeln geschenkt. »Jetzt, da ich den Abschluss habe, wird mein
Vater mir für eine gewisse Zeit ein Leben in Rom finanzieren. Ich werde zu
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