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Keine Pizza für Commissario Luciani

Titel: Keine Pizza für Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Paglieri
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wieder für Ordnung zu sorgen. Dann fragte
     er, wer mit Risso das Zimmer geteilt habe. Und als Gaetano schüchtern die Hand hob, bot er ihm den Arm und ließ sich zu den
     Schlafräumen führen.
     
    Fünf Minuten später saß der Kommissar auf Mariettos Bett, während Gaetano ihn vom Lager gegenüber anlugte wie ein Dackel,
     den man auf dem Autobahnrastplatz ausgesetzt hat.
    »Die Direktorin hat mir gesagt, dass Marietto an den Feiertagen krank war.«
    »Ja, kurz vor Weihnachten. Er hatte Verdauungsprobleme. Merkwürdigerweise, der verträ… vertrug sonst nämlich alles, ich nannte
     ihn immer ›Stahlranzen‹.«
    Der Glückliche, dachte Marco Luciani, ich bin nur halb so alt und kann gar nichts essen. Das Brötchen vom Vortag hatte ihn
     fast umgebracht. Aber das war nur Einbildung, wiederholte er sich stumm, alles nur Einbildung.
    »Die Direktorin hat mir außerdem gesagt, dass er in letzter Zeit sehr aufgeregt war. Vielleicht hatte ihm das auf den Magen
     geschlagen.«
    »Mag sein. Er redete die ganze Zeit von Verschwörungen, |149| von Faschisten. Er behauptete, sie verfolgten ihn. Er werde beschattet. Aber er kam mir nicht verängstigt vor, sondern … erschüttert
     und gleichzeitig erregt. Als hätte er ein Gespenst gesehen. Wissen Sie, mir ist das auch einmal passiert, mit meiner armen
     Mama, kurz nach ihrem Tod. Ich war im Wohnzimmer, hatte mich zum ersten Mal in ihren Sessel gesetzt …«
    Marco Luciani seufzte, ließ ihn aber seine Geschichte zu Ende erzählen und lauschte artig mit geheucheltem Interesse. »Entschuldigen
     Sie«, sagte er schließlich, »wo bewahrte Marietto eigentlich seine Pistole auf?«
    Der Alte riss die Augen auf, schaute instinktiv zum Spind und senkte dann gleich wieder den Blick. Die Frage hatte ihn überrumpelt.
    »Welche Pistole?«, stammelte er.
    Marco Luciani sah ihn an, als wollte er sagen: »Lassen Sie uns nicht unnötig Zeit verlieren!« Gaetano schwieg eine Weile,
     stieß einen tiefen Seufzer aus und entschloss sich schließlich zur Beichte.
    »Ich musste ihm schwören, dass ich es niemandem sage. Aber inzwischen … Ja, Marietto hatte eine Pistole. Als ich sie das erste
     Mal sah, traute ich meinen Augen nicht. Eines Abends war ich runter in den Fernsehraum gegangen, er kam fast nie mit, er mochte
     das Fernsehen nicht. Oder vielleicht mochte er lieber allein sein. Was will man machen, die Einsamkeit ist schlimm, aber wenn
     man nie einen Augenblick zum Alleinsein hat … Zum Beispiel, als ich beim Militär war …«
    »Die Pistole, Signor Gaetano.«
    »Ach ja, entschuldigen Sie. Wie gesagt, ich bin noch einmal hoch ins Zimmer, weil ich meine Brille vergessen hatte, und da
     sehe ich ihn am Tisch, wie er die Pistole ölt. Eine von diesen alten, wie aus dem letzten Weltkrieg, aber sie sah aus, als
     wäre sie absolut funktionstüchtig.«
    |150| »Und er, was tat er?«
    »Nichts, er sagte nur, sie sei ein Souvenir, nein, eine Trophäe, und er wolle sie gerne sauber halten. Als ich ihm sagte,
     er sei nicht recht bei Trost, es könne gefährlich sein, sie hierzubehalten, meinte er, ich brauche mir keine Sorgen zu machen,
     sie sei nicht geladen. Ich kann mich nicht mehr an den genauen Wortlaut erinnern, aber aus seiner Bemerkung ging hervor, dass
     er die Patronen irgendwo anders aufbewahrte.«
    »Und wo bewahrte er die Pistole auf?«
    »In seinem Spind, fein säuberlich in ein Stück Hirschleder und ein Wachstuch gewickelt.«
    Der Kommissar stand auf und ging zum Spind.
    »Sie brauchen gar nicht reinzuschauen. Sie ist nicht mehr da. Und das Geld ist auch weg. Dafür hat er dauernd das Versteck
     gewechselt.«
    »War es viel?«
    »Ich glaube, rund tausend Euro, höchstens. Seine gesamten Ersparnisse.«
    Jetzt schwieg Marco Luciani. Dieses Unbehagen, das er im Obduktionssaal angesichts der Leiche des alten Fischers gespürt hatte,
     war wieder da, nur viel stärker. Eine Pistole. Tausend Euro. Vielleicht wollte er die der Nichte bringen, damit sie ihm verzieh.
     Oder um sie ihr zu überlassen, ehe er sich umbrachte.
    »Wissen Sie, warum wir alle so aus dem Häuschen sind?«, fragte Gaetano. »Weil wir Marietto kannten und er nicht der Typ war,
     der sich umbringt.«
    Marco Luciani machte eine Grimasse, und der andere kam seinem Einwand zuvor. »Ich weiß, Herr Kommissar. Wahrscheinlich ist
     das ein Satz, den alle Freunde und Verwandten von Selbstmördern anbringen. In diesem Fall ist es aber wahr, glauben Sie mir.
     Marietto hatte nie und nimmer einen Grund, Schluss

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