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Keine Pizza für Commissario Luciani

Titel: Keine Pizza für Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Paglieri
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zu machen. Klar, er war alt, |151| aber auf die Idee, dass man sich deswegen umbringen könnte, kommen nur junge Leute. Wenn du erst so weit bist, dann klammerst
     du dich an jedes bisschen Leben, das dir noch bleibt.«
    Sie schwiegen eine ganze Weile. Der Kommissar trat ans Fenster, und Gaetano schien seine Gedanken zu lesen.
    »Hier ist sogar die Aussicht deprimierend. Wer mehr bezahlt, hat ein Zimmer mit Meeresblick, wer sich das nicht leisten kann,
     wie wir, schaut auf den Parkplatz. Signor Commissario, wenn aber stimmt, dass zumindest der Tod uns alle gleichmacht, dann
     bitte ich Sie, diesen Fall zu betrachten, als wäre ein Mann im besten Alter zu Tode gekommen, oder sogar ein achtzehnjähriger
     Bengel.«
    Marco Luciani drehte sich um. »Wie können Sie unterstellen …« Doch die Worte blieben ihm im Hals stecken, als er sah, dass
     Gaetano weinte. Tränen der Ohnmacht, der Einsamkeit, der Scham über die eigene Lage. Dieser alte Mann bat ihn um Hilfe, er
     erniedrigte sich, damit seinem Freund Gerechtigkeit widerfuhr.
    »Signor Gaetano«, sagte er und trat ans Bett, »die Ermittlungen sind nicht abgeschlossen, und sie werden es nicht sein, bis
     wir nicht hundertprozentig sicher sind, dass es ein Unglück war. Ich werde weitere Nachforschungen anstellen. Sie müssen mir
     aber alles sagen, was mir weiterhelfen kann. Diese Nichte zum Beispiel. Was ist sie für ein Typ? Können Sie sie beschreiben?«
     
    Nur noch wenige Meter trennten Marco Luciani vom Ausgang des Altersheims und damit von der frischen Luft, nach der er sich
     sehnte, seit er eingetreten war. Er hoffte, dass die Tüte mit der tiefgekühlten Minestrone noch kalt genug war, um sie sich
     auf die Stirn zu packen und damit den brutalen Kopfschmerz zu lindern, der ihn befallen hatte. Was habe ich heute gefrühstückt?,
     überlegte er. Einen |152| Espresso und zwei Kekse. In den Keksen ist Weizenmehl. Einbildung, sagte er sich, alles nur Einbildung.
    »Signor Commissario, auf ein Wort, wenn Sie gestatten?«
    Er drehte sich um, entschlossen, sich nicht aufhalten zu lassen. Eine kurios aufgemachte Alte, um den Hals einen Seidenschal
     und einen Turban auf dem Kopf, hatte sich in gekünsteltem Tonfall an ihn gewandt. Nun schaute sie ihn mit halb zusammengekniffenen
     Augen an, als wollte sie seine Seele ergründen.
    »Bitte.«
    »Es handelt sich um eine höchst vertrauliche Angelegenheit. Wenn Sie einen Moment mit auf mein Zimmer kommen könnten …«
    »Nun, offen gestanden wollte ich gerade gehen. Ist es dringend?«
    Die Frau sah ihn abschätzig an. »Das müssen Sie selbst beurteilen. Wollen Sie Mariettos Mörder finden oder nicht?«
    Juhu, die nächste Irre, dachte der Kommissar. »Weshalb glauben Sie, dass er ermordet wurde?«
    Die Alte lachte kurz und trocken auf. »Ich glaube es nicht, ich weiß es. Und ich hatte ihn auch gewarnt, dass er an Sankt
     Stephan sterben würde. Er hat aber nicht auf mich gehört. Egal, wenn die Sache Sie nicht interessiert …«, sagte sie, machte
     auf dem Absatz kehrt und wandte sich der Treppe zu.
    Okay, lassen wir auch das noch über uns ergehen, sagte sich der Kommissar und hielt ihr den Arm hin, um ihr die Stufen hinaufzuhelfen.
     Sie lehnte sich mit dem ganzen Oberkörper gegen ihn und lächelte schmachtend: »Ach, wie lange schon habe ich keinen Mann mehr
     mit aufs Zimmer genommen …«
    Ihr Lebenslauf als aufstrebender Mezzosopran, die Scheidung vom ersten Mann und der Tod des zweiten nahmen fast eine halbe
     Stunde in Anspruch. Signora Olga |153| changierte geschickt zwischen Gesagtem und Ungesagtem, sie warf für den Kommissar einen Köder Richtung Marietto aus und schweifte
     dann wieder in ihr Privatleben ab, das die anderen Bewohner inzwischen wohl in- und auswendig kannten. Ein neuer Gesprächspartner
     war in diesem Altersheim so wertvoll wie in der Badesaison eine Sonnenliege direkt am Wasser. Als sie sich anschickte zu erzählen,
     wie übel ihr Impresario ihr mitgespielt hatte, schaute Marco Luciani auf die Uhr und sprang auf. »Gnädige Frau, es war ein
     Vergnügen, mit Ihnen zu sprechen, aber ich muss jetzt wirklich gehen.«
    »Wie denn, über Marietto wollen Sie nichts erfahren?«
    »Wenn es etwas zu erfahren geben sollte, ja. Ich habe jedoch nicht den Eindruck, dass Sie mir weiterhelfen können.«
    Olga setzte eine grantige Miene auf, öffnete ihre Nachttischschublade und zog einen Brief heraus. »Bitte, für Sie ganz allein.«
    »Was ist das?«, fragte der Kommissar und griff

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