Keine Pizza für Commissario Luciani
Zimmer.«
Ludovico Ranieri winkte seiner Frau, die mit den Gattinnen zweier Parlamentarier plauderte, verließ den Raum mit dem Buffet
und zog sich in einen stillen Flur zurück.
»Ich hatte gesagt, du sollst mich nicht anrufen«, flüsterte er, »und schon gar nicht unter dieser Nummer.«
»Es ist ein Notfall«, sagte Sabrina tonlos.
»Das heißt?«
»Ich habe eine Mail von Schwester Maura bekommen.«
»Wem?«
»Schwester Maura, die das Heim leitet, in dem der Alte wohnt. In Camogli.«
»Sag nicht, er ist tot.«
»Nein, im Gegenteil. Risso hat ihr gesagt, dass er mich für ein paar Tage in Rom besucht, und sie wollte wissen, ob das stimmt.«
»Davon hatte ich keine Ahnung.«
»Ich auch nicht. Das ist es ja. Der Alte hat ihr erzählt, dass er nach Rom fährt, und ich habe es ihr bestätigt, aber sicher
kommt er nicht zu mir. Er weiß ja nicht mal, wo ich wohne.«
Ludovico seufzte. »Ich kann dir nicht folgen.«
»Der ist achtzig, Ludovico, das ist nicht normal, dass er mal kurz irgendwo hinfährt. Und dass er es ausgerechnet |216| tut, nachdem er gemerkt hat, dass ich ihn linken wollte. Ich glaube, er hat kapiert, woher der Wind weht, und hat einen Schreck
gekriegt. Wahrscheinlich macht er sich auf, um die Sache zu holen.«
»Aber wenn er weiß, wo sie ist, warum hat er sie dann nicht früher geholt?«
Sabrina schwieg einen Moment. »Keine Ahnung. Vielleicht weiß er ja, wer sie geholt hat, und jetzt will er denjenigen warnen.
Ich meine, man sollte ihn jedenfalls im Auge behalten und schauen, wohin er fährt.«
»Kannst du das nicht machen?«
»Ich? Er kennt mich doch!«
»Nicht als Marina. Als Sabrina.«
»Nein, Ludovico. Ich schlage mich mit anderem herum. Und ich habe keine Lust mehr, für dich die Kastanien aus dem Feuer zu
holen.«
Zicke, dachte Ludovico.
»Okay, ich kümmere mich darum«, sagte er und beendete die Verbindung.
Sabrina Dongo legte den Hörer auf und biss sich auf die Unterlippe. Ludovico versuchte sie loszuwerden, das hörte man aus
seinem Ton heraus, aber zum Glück hatte sie es rechtzeitig gemerkt. Vor Silvester würde sie ihm die freudige Nachricht überbringen,
und ihr gemeinsames Kind würde alles ändern. Männer mochten es nicht, wenn man sie in die Enge trieb, aber manchmal musste
man sie einfach zwingen, sonst schoben sie Entscheidungen in alle Ewigkeit auf. Er würde jetzt wählen müssen, und er würde
sie wählen, da hatte sie keinen Zweifel. Er würde sie wählen, weil sie jünger und schöner war als seine Frau, weil sie ihn
im Bett auf Touren brachte und weil sie beide, letzten Endes, vom Leben dasselbe wollten. Der Kopf, dachte sie, wenn der Alte
uns zu dem Kopf führt, dann kommt alles |217| ins Lot. Sie lächelte und dachte, wie komisch das Leben doch war. Sie hatte Monate damit zugebracht, sich Rissos Vertrauen
zu erarbeiten, und nichts erreicht. Dann hatte ihr erster Fehler die lang ersehnte Wendung herbeigeführt. Sie zündete sich
eine Zigarette an, machte zwei Züge und drückte sie sofort wieder aus. Innerlich bat sie ihr Kind um Verzeihung. Es wird hart
sein, hier tatenlos herumzusitzen, ohne zu rauchen, dachte sie. Hoffen wir nur, dass Ludovico nicht alles verbockt.
Der Alte war in Aktion getreten, und Sabrina hatte recht, man musste herausfinden, was er vorhatte. Marietto Risso war der
einzige Faden, der ihn zum Kopf der Themis führen konnte, und den durfte er nicht verlieren.
Ludovico drehte sich um und sah Belmondo vor der Wohnzimmertür stehen. Sein Leibwächter hatte bemerkt, dass er den Raum verlassen
hatte, und sich so platziert, dass er ihn im Auge behalten und gleichzeitig die gebotene Diskretion wahren konnte. In den
Monaten nach Ranieris Wahlsieg hatte er sich als aufgeweckter, ambitionierter Bursche erwiesen, als einer, der vor allem Taten
sprechen ließ. Und so wie die Dinge lagen, war es vielleicht an der Zeit, einen Profi hinzuzuziehen.
|218| Sechsunddreißig
Luciani
Bogliasco, heute
Es stand vier beide im dritten Satz, und am Spielfeldrand hatte sich eine Handvoll Zuschauer versammelt, um die Schlussphase
des Matches zu verfolgen. Im Club von Bogliasco kam es nicht oft vor, dass Igino Cevasco unter Druck geriet. Er war die unangefochtene
Nummer eins und der absolute Favorit auf den Sieg im Vereinsturnier. Aber Marco Luciani schien einen seiner besten Tage zu
haben. Er war entschlossen, in diesem Halbfinale bis zum letzten Ball zu fighten, auch weil Cevasco, Abkömmling
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