Keine Schokolade ist auch keine Loesung
werden von ihm selbst überbracht, gern in Personalmeetings – wie das eine Mal, als wir erfuhren, dass es wegen des Einstellungsstopps und der Wirtschaftskrise keine Erhöhung unserer Leistungszulagen geben würde. (Da ich noch in der Probezeit bin, habe ich erst im nächsten Jahr Anspruch auf eine Erhöhung der Leistungszulage. Aber Simon hatte schwer daran zu knabbern.)
»Ich kann mir vorstellen, dass die Neuigkeiten was mit dem Vorfall vorletzte Woche zu tun haben«, sagt Sarah. » Erinnerst du dich ?«
Sie bleibt absichtlich vage. Bestimmt ist Brad bei ihr im Büro. Sarah und mir ist es gelungen, die Tatsache geheim zu halten, dass Jordan Cartwright und Tania Trace in der Fischer Hall waren (ein Geheimnis, das ich nur notgedrungen mit Sarah teile, weil sie mich dabei erwischt hat, wie ich die Seite aus dem Gästeregister vernichtete, auf der Christopher die beiden eingetragen hatte).
Bis jetzt wurde die Schießerei vor dem Epiphany nur von den Boulevardmedien aufgegriffen, wie in dem TV-Interview, das Jordan und Tania bei Access Hollywood ga ben (»Amerikas beliebtestes Musikerpaar spricht über seine Begegnung mit dem Tod«), und in Klatschblättern. (Auf einem Foto mit der Unterschrift »Tania Trace besucht ihren geliebten Bodyguard im Krankenhaus« steht Ta nia in einem Krankenzimmer und übergibt einen riesigen Strauß »Gute-Besserung«-Luftballons an einen extrem großen schwarzen Mann, der im Bett sitzt. Seine riesige Hand lässt ihre noch winziger erscheinen, als er den Strauß von ihr entgegennimmt.)
»Wir haben nichts Falsches getan«, erinnere ich Sarah. »Die Paintball-Waffen waren schlimm, das gebe ich zu, aber sie gehören dem College. Niemand wurde verletzt. Zu mindest«, füge ich hinzu, nach kurzer Überlegung, »keine Studenten.«
Cooper berichtete mir von seinem Besuch im Beth Israel Medical Center, dass die Verletzungen von Tanias Bodyguard etwas gravierender waren, als Stephanie versucht hatte, uns weiszumachen. Obwohl man davon ausging, dass Bear wieder vollständig genesen würde, hatte man ihm nicht nur die Milz entfernen müssen, sondern eine weitere Kugel hatte seinen Fuß gestreift. Vor ihm lag eine wochenlange Physiotherapie.
Nichtsdestotrotz, laut Cooper sieht es so aus, als wären die Schüsse tatsächlich blind abgefeuert worden. Die Polizei fand eine Patronenhülse, die zu dem Projektil passte, das Bear getroffen hatte, aber sie lag auf dem Dach eines Wohnhauses schräg gegenüber dem Nachtclub, das mit Dutzenden weiteren leeren Hülsen übersät war … ganz zu schweigen von den Überresten zahlreicher Feuerwerkskörper, den weggeworfenen Kondomen, den leeren 40-Unzen-Flaschen Starkbier und sogar einem Grill. Dieses Dach war offensichtlich ein beliebter Treffpunkt von Jugendlichen und außerdem zugänglich für die Bewohner aller Gebäude auf der anderen Straßenseite. (Gelangte man auf eines der Dächer, war es nur ein einfacher Sprung zum nächsten.)
Abgesehen von Cooper und Access Hollywood habe ich nichts mehr über den Vorfall gehört. Auch habe ich seitdem weder Christopher noch Stephanie Brewer jemals wieder in der Fischer Hall gesehen, obwohl ich das Gästeregister jeden Morgen überprüfe. Es ist nichts darüber dokumentiert, dass die zwei noch einmal hier waren, und in der Presse wurde nichts erwähnt, was in Zusammenhang mit der Fischer Hall stand.
»Ich weiß nicht«, sagt Sarah. »Glaubst du, Simon hat das mit dem Bier gepetzt? Und das mit dem Wodka?«
Ich knirsche mit den Zähnen. »Es war keiner unter einundzwanzig.«
»Nun, worum auch immer es sich handelt, es macht jedenfalls keinen besonders guten Eindruck, wenn man sich gleich am ersten Tag von seinem neuen Chef dabei erwischen lässt, dass man zwei Stunden lang Mittagspause macht.«
Damit hat sie recht. Ich muss mich sputen …
Wie als Antwort auf ein unausgesprochenes Gebet nehme ich aus dem Augenwinkel plötzlich einen gelben Streifen wahr. Zuerst bin ich mir sicher, dass es sich nur um eine Halluzination handeln kann, hervorgerufen durch Nervosität. Dann gleitet der Streifen in mein Blickfeld, und ich erkenne, dass mein Glück sich tatsächlich zum Besseren wendet: Es ist ein New York City Cab, dessen Taxi-Schild auf dem Dach gelb leuchtet und somit anzeigt, dass es frei ist. Das ist in diesem Teil der Stadt ein genauso seltener Anblick wie ein Hundert-Dollar-Schein, der vom Himmel schwebt.
Ich stürme sofort darauf zu. Ich rufe nicht »Taxi!«, wie das die New Yorker im Fernsehen immer tun,
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