Keine Schokolade ist auch keine Loesung
Geschäft stehen und sehe, dass der Platinring mit dem von Diamantsplittern umkränzten ovalen Saphir noch da ist. Er ruht auf einem dunkelgrünen Samtkissen in einer Ecke des Schaufensters.
»Was gibt’s?«, frage ich Sarah, als sie abhebt.
»Wo steckst du?«, erwidert sie. »Du bist schon seit einer Ewigkeit weg. Bewunderst du wieder diesen Ring?«
»Nein«, sage ich bestürzt und drehe mich von dem Schaufenster weg. Woher weiß sie das? »Natürlich nicht. Warum sollte ich das tun?«
»Weil du mich jedes Mal an diesem Laden vorbeilotst, wenn wir zu Barnes & Noble gehen, damit du diesen Ring anstarren kannst, obwohl es ein Riesenumweg ist. Warum kaufst du ihn nicht einfach? Du hast einen Job, weißt du. Sogar zwei Jobs. Wofür arbeitest du so viel, wenn du dir nichts leistest?«
»Machst du Witze?« Ich lache so nervös, dass ich wie eine Hyäne klinge. »Das ist ein Verlobungsring.«
»Nicht zwingend«, erwidert Sarah. »Das kann jede Art von Ring sein, die du möchtest. Du kannst die Chefin dieses Rings sein.«
»Ich kann auch etwas bewundern, ohne es zu kaufen«, sage ich. »Vor allem, wenn es unpraktisch ist und wahrscheinlich ein Vermögen kostet.«
»Woher willst du das wissen? Du gehst ja nie rein, um nach dem Preis zu fragen, obwohl ich dir schon tausendmal gesagt habe …«
»Weil es unwichtig ist«, falle ich ihr ins Wort. »Ich will ihn gar nicht wirklich haben. Das ist nicht mein Stil. Er ist zu edel. Außerdem hast du immer noch nicht meine Frage beantwortet. Was gibt es?«
»Oh«, sagt Sarah. »Ich habe einen Anruf von Dr. Jessups Assistentin erhalten. Sieht so aus, als hätten sie es voll bracht.«
Ich habe keine Ahnung, wovon sie redet. »Was vollbracht?«
»Sie haben einen neuen Leiter für die Fischer Hall ausgewählt. Was denn sonst?«
»Heilige Scheiße!« Ich bleibe wie angewurzelt stehen.
Ich befinde mich auf der Fifth Avenue, Ecke Achtzehnte Straße. Ein Sex-and-the-City -Doppeldeckerbus fährt vorbei, der für die Sommertouristen all die Orte abklappert, wo Carrie Bradshaw und Co. ihre Cosmopolitan-Cocktails und Cupcakes konsumiert haben.
Menschen starren mich an, einige besorgt, andere verärgert. Die New Yorker sind nicht so abgebrüht, wie sie in den Medien gern dargestellt werden. Wenn ich jetzt wegen Sarahs Neuigkeit hier auf dem Bürgersteig in eine tiefe Ohnmacht fallen würde, bin ich mir sicher, dass mehrere gute Samariter stehen bleiben und die 911 wählen würden, vielleicht sogar meinen Kopf hochlagern, um sicherzustellen, dass ich nicht ersticke. Aber nur weil ich saubere Kleidung anhabe und keinen zugedröhnten Eindruck mache. Wäre ich betrunken und mit meinem eigenen Erbrochenen vollgesabbert, würden die Leute einfach über mich hinwegsteigen, bis der Gestank nicht mehr auszuhalten wäre. Dann würden sie vielleicht die Polizei rufen.
»Willst du mich verarschen?«, brülle ich in den Hörer. »Wer? Wer ist es? Ist es Simon? Ich schwöre bei Gott, wenn es Simon ist, dann werde ich mich hier vor diesen Bus werfen …«
»Ich weiß nicht, wer es ist«, sagt Sarah. »Dr. Jessups Assistentin meinte am Telefon, dass er gleich mit ein paar Leuten hier vorbeikäme, um uns den Kandidaten persönlich vorzustellen und uns ein paar Neuigkeiten zu eröffnen, die das Gebäude betreffen.«
»Jetzt gleich?« Ich fange an zu traben. Großer Fehler. Ich trage keinen Sport-BH. Ich besitze nicht mal einen. Was habe ich mir dabei gedacht? Ich verlangsame das Tempo wieder. »Warum hast du mir das nicht schon früher gesagt? Bist du sicher, dass Dr. Jessup uns den Kandidaten persönlich vorstellen will? Denn falls er das tatsächlich vorhat, kann es nicht Simon sein. Den kennen wir ja schon. Warum sollte er uns Simon vorstellen?«
»Vielleicht meint er mit Vorstellen so was wie ›Das hier ist Ihr neuer Chef, Simon‹«, sagt Sarah. »›Sie kennen ihn wahrscheinlich als ehemaligen Direktor der Wasser Hall, aber ab sofort leitet er die Fischer Hall. Einen schönen Tag noch, ihr Loser.‹«
Mein Herz fühlt sich an, als wäre es bis zu den Knien gerutscht, wo sich auch meine Brüste befinden, weil ich in einem BH gerannt bin, der nicht für diese Art von körperlicher Betätigung gemacht ist.
»O Gott«, sage ich, während ich gegen Brechreiz an kämpfe. »Nein. Jeder, nur nicht Simon.«
»Natürlich«, sagt Sarah, »könnte es auch diese Frau sein, die ich vorhin aus Dr. Jessups Büro habe kommen sehen, als ich drüben im Hauptgebäude die Stundenzettel abgegeben habe. So
Weitere Kostenlose Bücher