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Keinen Plan, ein Paar Socken und 1000 km vor sich...

Keinen Plan, ein Paar Socken und 1000 km vor sich...

Titel: Keinen Plan, ein Paar Socken und 1000 km vor sich... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Sedlacek
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Hape‘s
Wegbeschreibung irgendwo zu erwarten. Dass es Gemeinschaftswaschräume und
-toiletten gibt, daran haben sich auch die etwas genierten Leute gewöhnt. Aber
hier und nun, kurz vor Santiago, nach knapp 800 Kilometern zeigt man uns, dass
Steigerungen immer möglich sind. Die gemischten Duschen haben nicht nur keine
abschließbare Türe – nein – sie haben noch nicht einmal einen Vorhang! Alex
berichtet dies völlig konsterniert und unterlässt natürlich nicht eine wirklich
bildhafte Darstellung seiner hektischen Duschszenerie in der Angst, vom anderen
Geschlecht überrascht zu werden. Wir meistern auch diese Situation ohne größere
Komplikationen und bleibenden Schäden.
    Eigentlich müsste ich früh ins Bett gehen, aber ich habe
mir vorgenommen mein Tagebuch lückenlos zu schreiben und muss zwei Etappen
infolge nachtragen, um nicht auf die letzten Tage den Schlendrian einreißen zu
lassen. So ist es dann doch 23:00 Uhr, als ich ins Bett gehe. Aufstehen ist für
5:00 Uhr geplant, da wir am morgigen Tage die Pilgermesse um 12:00 Uhr in
Santiago mitmachen und günstigstenfalls unsere Urkunden vorher abgeholt haben
wollen. Dem Ganzen verleiht die Nachricht, dass der große Weihrauchbehälter
geschwenkt werden soll, einen besonderen Reiz. Normalerweise wird dieses
Monstrum von Behältnis mit einem Durchmesser von einem geschätzten Meter nur
sonntags geschwungen. Dabei sind sechs Männer von Nöten, um dem Ding den
Schwung zu verleihen und es im wahrsten Sinne des Wortes durch das gesamte
Längsschiff der Kathedrale fliegen zu lassen. Angeblich hat ein asiatischer
Sender genügend Geld gezahlt, um die Bilder für eine Reportage filmen zu
können.

16.06.: Pedrouzo – Santiago de Compostela (21,2km)
    Um 5:00 Uhr werde ich durch sanftes Tippen an der Schulter
geweckt. Es ist soweit, wir gehören für heute zu den Idioten, die noch vor dem
Sonnenaufgang im Dunkeln die Pfeile und Muschelwegweiser suchen werden. Der
einzige Trost bleibt die Ausrede, dass wir keine andere Wahl haben, wenn wir
denn die Pilgermesse erreichen wollen. Nach Packen und einem kleinen Frühstück
geht es los. 6:00 Uhr, die Stirnlampe im Anschlag, begeben wir uns auf unsere
vorerst letzte Etappe – ein komisches Gefühl. So ist dieser Morgen auch;
komisch. Da sind wir nun kurz vor dem Ziel, dass wir so lange zu erreichen
versuchten, lassen jeder für sich den Weg Revue passieren, denken darüber nach,
was wohl danach passieren mag. Ich für mich überlege vor allem auch, was mich
erwartet, wenn ich nach Hause komme. Ich freue mich auf zu Hause, meine Wohnung,
meine Freunde, ja auch auf die Arbeit … aber ich will die Leute hier nicht
verlassen. Insbesondere mit dem Wissen, dass diese Gruppe, einmal getrennt,
unter regulären Umständen nie wieder in dieser Konstellation zusammenkommen
wird. Ich bin weder traurig noch melancholisch … aber es ist ein ganz eigenes
Gefühl, zu wissen, dass es dem Ende zugeht. So wandern wir von wenigen
Unterhaltungen unterbrochen zwar nebeneinander, aber jeder für sich. Wir haben
beschlossen für heute das Trödeln der letzten Tage etwas einzuschränken und
auch nur eine kurze Pause zu machen. Sonst wird das nix mit der Messe.
    So sind wir dann auch ziemlich zügig unterwegs und haben
schon einen Großteil der Strecke geschafft, als wir unser letztes „zweites
Frühstück“ einlegen. Nikki wartet mit einer Überraschung und trägt ihr selbst
verfasstes Gedicht über den Camino vor. Es handelt, wie soll es anders sein,
über die Müdigkeit und das Lächeln am Ende eines Wandertages, die Eindrücke auf
dem Weg, natürlich die Schmerzen und Wehwehchen und in letzter Instanz über
unsere Familie. Insbesondere über deren enge Bindung, die Traurigkeit und das
gleichzeitige Glücksgefühl, was uns auf der letzten Etappe begleitet und den
für mich wichtigsten Satz: „So may these small steps lead to bigger things and
this camino be only the start“. Gegen 10:00 Uhr erreichen wir den Stadtrand von
Santiago. Von hier sind es nur noch wenige Kilometer zur Kathedrale. An der
ersten Bäckerei besorge ich uns die standesgemäßen Neapolitaner, Alex steuert
noch Cola für jeden bei. Als wir die Altstadt erreichen und kurz vor unserem
Ziel der Kathedrale sind, tauchen wie aus dem Nichts nacheinander Catia, Simone
und Eike und auch Sandy auf. Jacqueline ist dabei, unsere Betten im Hostel zu
reservieren und demnach noch unterwegs. Aber die Familie ist somit eigentlich
wieder komplett. Wir gehen gemeinsam auf den Platz

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