Keinen Plan, ein Paar Socken und 1000 km vor sich...
Liebeserklärung, nichts anderes! Nach dem Mittagessen geht
es mir dann auch besser. Annina leiht mir vorübergehend ihr I-Phone, um mich
ein paar Stücke ihrer Lieblingsband hören zu lassen. Ich habe bewusst alle
Technik zu Hause gelassen. Auf dem Weg treffe ich viele Menschen, die zumindest
ab und an mit Musik im Ohr laufen. Ich wollte im Vorfeld den Weg genießen, ohne
Berieselung. Heute probiere ich kurzerhand die musikalische Untermalung aus.
Ein ganz anderes Wandern, ein ganz anderes Gefühl. Die britische Folk-Rock-Band
„Mumford & Sons“ gefällt mir. Ich muss zugeben, dass die Musik und speziell
die Gruppe zum Weg passt. Ich bin weiterhin überzeugt, dass es für mich richtig
war, ohne loszugehen, aber manchmal wäre sie eine gute Ergänzung gewesen.
Wir kommen in Palas de Rei an, früher als erwartet und
urplötzlich. Komisch, wie schnell die Zeit vergeht, wenn man sich intensiv
unterhält. Wir beziehen die öffentliche Herberge und bekommen ein „eigenes“
Zimmer mit Dusche und Toilette. Es sind nur drei weitere Betten bei uns frei
und wir hoffen, dass wir unter uns bleiben. Nachdem die ersten Pflichten
erledigt sind, staunen wir nicht schlecht als Andreas das Zimmer betritt. Er
hat heute wirklich die Beine in die Hand genommen, um Kilometer auf uns gut zu
machen. Beim Check-Inn ist er direkt bei dem Brasilianer auf der Liste
hellhörig geworden und hatte nach einem Bett in unserem Zimmer gefragt. Wenn et
einmal läuft, dann läuft et!! Wir waschen unsere Wäsche wieder in der
Waschmaschine. Und wieder ohne richtiges Ergebnis, als wäre das Waschmittel
ohne Seife und Duft. Die Sachen stinken nicht so sehr wie beim Beladen der
Maschine, aber gewaschen riechen sie auch nicht. Es ist kein Drama, aber frisch
riechende Wäsche wäre schon schön. Als wir vom Einkauf für‘s Frühstück
zurückkehren hält neben uns ein Taxi. Ein kurzer Blick und der Jubel ist groß.
Sandy und Jacqueline haben sich tatsächlich auf den Weg zurück gemacht, um mit
uns zu Abend zu Essen. Sandy hat vom gestrigen Abend auch direkt ein
Restaurantvorschlag. Wir bringen nur kurz die Einkäufe in die Herberge und
gehen gemeinsam ins Restaurant. Im Innenhof sitzen Simone und Eike. Die Idee,
die beiden mit an unseren Tisch zu holen wird vom Kellner eindeutig und sehr
restriktiv mit einem „NEIN!“ beantwortet. Warum begreifen wir nicht – er ist
der einzige Kellner draußen, sollte also eigentlich kein Problem darstellen –
aber es gibt halt auch Idioten unter uns Glatzenträgern. Der Abend ist wirklich
sensationell. Erst taucht Andreas auf und dann auch noch Jacqueline und Sandy.
Die Familie ist vereint! Wir beschließen, die beiden morgen einzuholen. Sie
haben heute eine ruhige Etappe eingelegt und sind uns 15 Kilometer voraus. So
vereinbaren wir, sie gegen 11:00 Uhr eingeholt zu haben, um dann zusammen
weiterzugehen. Die beiden wollen auf uns in der Stadt Melide warten, wo sie
heute übernachten. Wir haben zwar noch zwei „Gäste“ mit auf‘s Zimmer bekommen,
sind aber trotzdem fast unter uns. So schlafen wir ohne andere Schnarcher
ereignislos gut bis zum nächsten Morgen.
14.06.: Palas de Rei – Arzua (30,3km)
Dem amüsanten Umstand folgend, dass Südeuropäer anscheinend
genau wie viele Deutsche nicht in der Lage sind, zu flüstern, scheppert nach
drei leiseren Worten der Bass einer tiefen Stimme unseres älteren Spaniers, der
eines der beiden freien Betten in unserem Raum bekommen hat, durch eben
denselben. Aber wir sind ja wach, wenn auch erst gerade. Es ist wirklich interessant
mit anzuhören. Sowohl die Damen der Schöpfung, als natürlich auch die Herren,
sind einfach offensichtlich nicht in der Lage, zu flüstern. Sie können es
nicht. Ich bin mir nicht sicher, ob sie es nie gelernt haben, oder aber jedes
Mal ihr Temperament mit ihnen durchgeht. Das Ergebnis, sollten sie in der
Kategorie „leise sprechen“ jemals eine Note bekommen, wäre vernichtend! Damit
der Morgen nicht allzu schön wird, zetert die Housekeeping-Dame in der Küche
schon um 7:50 Uhr, dass wir noch „cinco minutos“ haben. Wir haben gerade erst
begonnen, zu frühstücken. Bis zum heutigen Tag stand es nie zur Debatte, wenn
man die angeschlagene Zeit zum Verlassen um 15 Minuten streckte. Wir hätten uns
auch wesentlich kooperativer gezeigt, wenn der Hausdrachen nicht direkt das
Keifen angefangen hätte. So sorgen wir zwar, dass wir rauskommen, allerdings
nicht ohne bewusst langsam zu machen, sobald sie in der Nähe ist. Alex bekommt
zu
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