Keiner wie er (German Edition)
Schwein ausgesagt. Schon, um sich an ihm zu rächen. Ein für alle Mal.
Ja, so in etwa hätte sie ihre Reaktion vorhergesagt.
Doch am Ende kam es ganz anders. Wie immer, wenn dieser Mensch in ihrem Leben herumfuhrwerkte. Nein, sie wollte keine Rache. Die Geschichte mit dem Zettel erschien ihr in der Nachschau total dämlich, unreif, nicht sie! Auch wollte sie Daniel nicht verletzen, oder dass er vielleicht litt – nicht einmal einen derartigen Gedanken konnte sie ertragen.
Sie selbst war verletzt. Sehr sogar.
Unfassbar. Niemals hätte sie geglaubt, dass es noch etwas gab, was sie derart aus der Bahn werfen konnte. Nach reiflicher Überlegung musste sie sich eingestehen, dass Daniel im Grunde ebenso unschuldig war, wie sie. Es handelte sich um eine ungünstige Verkettung von Zufällen und ... ihrer Dämlichkeit. Auch, wenn ihr absolut nicht schmeckte, dass sie offenbar nicht halb so clever war, wie sie sich immer zugestand. Oder aber, ihre Dämlichkeit ließ sich auf seine Anwesenheit zurückführen ...
Tauchte D.G., alias der irre Prof, alias der grünäugige Dämon am Horizont auf, stellte sich bei Tina Hunt eine schlagartige Degeneration der Gehirnaktivität ein. Ohne Kondom trieb sie es mit einem Mann, der es bewiesenermaßen mit jeder trieb. Etwas, was sie abgesehen von ihm, noch nie getan hatte. Das konnte ja nur total schiefgehen!
Schlag ihn dir aus dem Kopf, Tina!
* * *
Eine weitere Stunde später betrachtete sie die Hand auf ihrem Bauch, die sich regelmäßig dorthin stahl. Obwohl kein Baby des grünäugigen Dämons mehr existierte.
Ihn traf wirklich keine Schuld, oder? Sie hatte ihn dazu genötigt, dann verlassen und er folgte ihr. Nicht unbedingt erforderlich, wo sie sich zehn Jahre lang nicht sahen, in denen er ja auch keine Anstalten machte, mal nach ihr zu suchen, oder so.
Irgendwann innerhalb der fünf Tage hatte er sogar versucht, ihr zu erklären, warum er nicht früher zu ihr kam. Jedenfalls konnte sie sich dunkel entsinnen. Doch nicht dieser Vortrag spukte Tina ständig im Kopf umher und trieb sie zunehmend in den Wahnsinn.
„Tina, bitte. Ich liebe und ich brauche dich. Bitte bleib. Ich will ohne dich nicht leben.“
So ungefähr lauteten seine letzten Worte, für die sie vor einiger Zeit – zehn Jahre in etwa - alles gegeben hätte. Mal ganz abgesehen von dem Flehen in den dämonischen Augen und ...
Verzweifelt seufzte sie auf und holte tief Luft. Auch wenn das heute nicht länger widerstandslos von ihr hingenommen wurde, blieb so etwas nicht ohne Wirkung.
Wie auch?
Sie liebte ihn. Daran gab es keine Zweifel, sie hatte es längst akzeptiert. Eher musste Tina eine Entscheidung treffen. Wollte sie ein einsames, aber halbwegs zufriedenes Leben ohne ihn? Oder würde sie sich auf eines mit ihm einlassen? Was einen Wust an unkalkulierbaren Problemen und Risiken bedeutete. Zum Beispiel, in nicht allzu ferner Zeit von ihm verlassen zu werden.
Ihr Verstand reagierte da eisern. Dringend empfahl er, sich für die Sehnsucht zu entscheiden. Die würde vergehen – hoffte Tina wenigstens. Und konnte sie nicht auf eine wunderbare Zukunft blicken?
Arbeit, ein toller Job, viele Städte, Erfolg, Arbeit, Arbeit, Arbeit, kein Daniel, kein grünäugiges Dämonenkind mit süßen Pausbäckchen und kleinen Händchen und Beinchen ...
Stöhnend schloss Tina die Lider.
„Hier!“
Als sie aufblickte, sah sie ein Glas mit dicklicher gelber Flüssigkeit vor sich. „Mom, du sollst mich nicht bewirten.“
Die setzte sich neben sie. „Das tue ich gern. Wenn du schon einmal da bist ...“
Widerwillig nahm sie das Glas. Orangensaft, frisch gepresst. Vera meinte, sie bräuchte Vitamine, wegen der 'unnatürlichen Blässe'. Bisher gab sie sich mit Tinas Stresserklärung zufrieden. Doch scheinbar wurde die Glückssträhne gerade beendet. „Was ist wirklich passiert?“ Lange Vorreden gehörten auch nicht zu Vera Kings Angewohnheiten.
„Nichts, abgesehen von viel Arbeit. Zu viel, vermutlich.“
Energisch schüttelte Tinas Mutter den Kopf. „Ich weiß nicht, ich kann das nicht glauben. Du hattest immer Stress, es machte dir nie viel aus.“
„Man wird älter.“
Diese Bemerkung brachte ihr ein Kichern ein „Nein, noch nicht. Ich sage dir, wenn es so weit ist.“
Tina verzog das Gesicht und blickte aufs Meer. Und Vera, die mit den Jahren älter und vor allem ruhiger geworden war, tat es ihr nach. Erst nach geraumer Zeit versuchte sie es erneut. „Ich war immer sehr stolz auf dich, wusstest du
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