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Keinesfalls Liebe (German Edition)

Keinesfalls Liebe (German Edition)

Titel: Keinesfalls Liebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoi Karampatzaki
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ihr das dabei helfen würde über seinen Tod hinwegzukommen.
Ich beschloss, es erst einmal nur Sean zu sagen. Ohne ein weiteres Zögern ging ich zu ihm ins Wohnzimmer.
Er saß auf einem der Sofas, müde erschlafft und mit dem Kopf weit im Nacken. Als er mich hörte, hob er den Kopf und richtete sich etwas auf.
    „Oh, hallo Jo“, sagte er mit einem müden Lächeln. „Du kannst auch nicht schlafen?“
    „Ich – nein.“
    „Mir geht viel durch den Kopf.“
    „Ja, mir auch“, flüsterte ich.
    Wie fängt man mit so was am besten an ?, fragte ich mich. Ich war nicht überrascht, dass ich keine Antwort erhielt. Obwohl: Tee. Tee, mein altes Laster, übernommen aus dem täglichen High Tea während meiner Zeit in England.
    „Ich mach uns Tee, ja?“, sagte ich schließlich.
    Er nickte. „Ja, das wäre schön.“
    Ich entschied mich für die schnelle Version mit Wasserkocher. Während das Wasser heiß wurde, lehnte ich an der Arbeitsplatte in der Küche und legte mir Worte zurecht. Aber so, wie ich mich kannte, würde alles verschwunden sein, sobald ich neben Sean saß und den Mund öffnete, um zu beginnen. Wasser in zwei Tassen, je einen Teebeutel rein, zurück ins Wohnzimmer!, gab ich mir einfache Befehle, um Herr über mich selbst zu bleiben.
    Mit einem schon etwas wacheren Lächeln begrüßte mich Sean, als ich zu ihm kam und die dampfenden Tassen abstellte. „Danke, Jo.“
    „Gern geschehen.“
    Angenehmes Schweigen umhüllte uns, doch meine Anspannung wurde stärker, je länger wir nichts sagten. Nach ein paar Minuten begannen wir am Tee zu nippen, vorsichtig, um uns nicht Lippen und Zunge zu verbrühen. Dann gab ich mir den finalen Ruck.
    „Du, Sean …“
    „Hmmh?“ Er pustete in seine Tasse, nahm den fünften oder sechsten Schluck und seufzte zufrieden.
    „Ich hab euch etwas nicht gesagt.“
    „Was betreffend?“, fragte er mit einem leichten Grinsen – sicher dachte er, ich sprach von Daniel.
    „Es betrifft Carlos.“
    „Carlos?“, wiederholte Sean verwundert, sofort hellwach.
    „Ja. Soll ich es dir langsam erklären oder schnell und schmerzlos?“
Mit großen Augen starrte er mich eine Weile an und schüttelte dabei den Kopf wie ein Pferd, das eine lästige Bremse vertreiben will. Schließlich nickte er.
    „Kurz und schmerzlos?“, fragte ich, um sicher zu gehen.
    „Ja, bitte“, murmelte er.
    „Carlos hat mir einen Brief hinterlegt.“
    „Vor … seinem Selbstmord?“
    „In der Nacht, als er herkam, um sich zu essen und zu trinken für seine Wanderung durch die Berge zu holen.“
    Sean nickte langsam. „Und was … stand in dem Brief?“
    „Er hat es nicht nur mir gesagt, weil er dir nicht vertraut hat“, sagte ich hastig. „Er hatte Angst vor deiner Reaktion darauf.“
    „Worauf, Jo?“
    „Und er hat mich gebeten, es niemandem zu sagen, aber jetzt –“
    „Ich wollte eigentlich die Schnellversion, Jo“, sagte er leise.
    Tatsächlich blieb Sean überraschend ruhig, während ich erzählte – als hätte er etwas geahnt.
    Er seufzte tief. „Natürlich hab ich gemerkt, dass etwas mit ihm los ist, und klar habe ich ein bisschen mitbekommen, dass er irgendwelche Probleme mit Paul hatte … aber Carlos wollte sich mir partout nicht anvertrauen.“ Er lachte kurz und bitter auf. „Er hätte es wissen müssen. Er hätte wissen müssen, dass ich ihn wie einen Bruder geliebt habe – immer noch liebe. Für den Rest meines Lebens. Ich will doch nur – wollte ihn doch nur glücklich sehen. Ob mit einem Mann oder mit einer Frau … oh Gott. Er hätte nur den Mund aufmachen müssen, und das alles wäre nie passiert.“
„Das … ist noch nicht das Ende.“
    „Der Unfall war kein Unfall – oder?“
    „Ja und nein.“ Ich musste mich räuspern. „Wie gesagt, Carlos hat Paul mit Gewalt bedroht und diese Drohung mehrmals wahr gemacht. Während dieser Nacht war er nach einer Party im Auto auf dem Heimweg, als er Paul auf dem Gehweg gesehen hat. Er wollte ihm Angst machen, ist auf ihn zugerast und hat das Steuer herumgerissen – leider zu spät“, schloss ich flüsternd.
    Lange Zeit sagte Sean nichts. Wortlos trank er seinen Tee leer, in kleinen Schlucken, die er hin und wieder nahm. Irgendwann – ich hatte meinen Tee auch fast ausgetrunken – stellte er mit einem Seufzen die leere Tasse auf dem niedrigen Wohnzimmertisch ab und umarmte mich.
    „Es geht mir viel, viel, viel besser“, flüsterte er, „obwohl es auch wehtut. Danke, dass du es mir gesagt hast. Beiden geht es gut. Jetzt

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