Keinesfalls Liebe (German Edition)
zu erzählen – erst nur davon.
Daniel runzelte nachdenklich die Stirn, als ich fertig war.
„Hmm. Ryan ist ein sehr … temperamentvoller Mensch, sehr leidenschaftlich. Mir hat er tausendmal gedroht, er würde mir den Schwanz abschneiden, wenn ich nicht pünktlich wäre, und so Sachen.“ Er kicherte. „Aber er macht das nie wahr, selbst wenn ich ihn lang warten lasse.“
Ein leichter Stich Mitleid ließ mein Herz zusammenzucken.
Armer Engel.
Armer Paul …
„Das ist noch nicht alles“, fuhr ich leise fort.
Daniel merkte, dass ich zitterte, nahm zu meiner großen Überraschung die Decke und legte sie sanft über mich. „Du hast doch keine Angst vor Ryan, oder?“, fragte er zärtlich. „Er wird dir nichts tun, da bin ich mir sicher.“
„Er nicht“, wisperte ich, gab mir einen Ruck und kuschelte mich an Daniels Brust.
Er legte nach einem kurzen Zögern die Arme um mich. „Wie, er nicht?“
„So ein Kerl hat mich heute Morgen angeschaut, als würde er mich gleich … angreifen“, erzählte ich mit zittriger Stimme.
„Der sollte dir bestimmt nur Angst machen.“
„Aber Sean und Celine haben gesagt, er sei jemand, der hier andauernd Leute zusammenschlägt.“
„Wie heißt er den?“
„Es war Ryans Stiefbruder“, flüsterte ich.
Bis zu der darauffolgenden Sekunde hatte ich geglaubt, dass Jake mir wirklich nur hatte Angst machen sollen. Doch kaum hatte ich gesprochen, spannte sich Daniel so abrupt an, dass mir Panik wie eine Welle durch den Körper schwappte. Ich hob ängstlich den Blick – und sah, dass sämtliches Gefühl aus Daniels Augen gewichen war.
„Daniel …“
„Halte dich von seinem Vater fern.“
„Seinem Vater? Aber Jake –“
„Jake ist nur ein prügelnder Idiot“, sagte er so tonlos, dass ich fürchtete, seine Seele hätte seinen Körper verlassen. „Halte. Dich. Von. Seinem. Vater. Fern.“
„Du kennst ihn?“
Ganz, ganz, ganz kurz loderte feuriger Hass in den dunkelgrünen Schluchten auf; im nächsten Moment war das Gefühl wieder nur in seiner kühlen Stimme.
„Ja, ich kenne ihn.“
„Ist er so böse, wie alle sagen?“, fragte ich ängstlich.
Daniel schwieg. Er starrte blicklos vor sich hin, das innere Auge auf etwas gerichtet, das in der Vergangenheit lag.
„Ich werde mit Ryan reden“, murmelte er plötzlich zu sich selbst. Doch dann runzelte er die Stirn. „Andererseits – vielleicht wäre es besser, wenn wir gar nichts sagen. Vielleicht würde es dich in Gefahr bringen. Jo, hör mir zu“, sagte er schließlich entschlossen, umfasste mein Kinn und bohrte seinen stürmischen grünen Blick in meine vor Schreck geweiteten Augen. „Was auch immer du tust – halte dich von Michael Grey fern.“ Es war ihm sichtlich schwergefallen, diesen Namen auszusprechen.
„Versprich es mir, Jo!“
Ich legte meine Hand auf seine, um ihn zu beruhigen. „Ja“, flüsterte ich, „ich verspreche es dir. Aber sag mal, wie geht es eigentlich Ryans Mutter?“
„Hm?“, machte Daniel überrascht und ließ mein Kinn los. „Oh, du weißt es gar nicht. Stimmt, woher auch.“
„Was denn?“
„Ryan ist mit Paul im Heim gewesen. Die beiden sind bei Grey aufgewachsen. Sie haben ihre Eltern nie kennengelernt.“
Daniels gute Laune war gänzlich verschwunden, seit wir über die Greys gesprochen hatten, und ich war wenige Minuten später wieder unten bei Celine und Sean, die gerade das Abendessen vorbereiteten. Während wir aßen, erzählte ich ihnen von Daniels erschreckender Warnung.
„Sieht so aus, als wüsste Daniel noch mehr über Michael Grey als ich“, sagte Sean. Während meiner Erzählung war die Sorge nicht aus seinen Augen gewichen; auch Celine wirkte benommen von Daniels heftiger Reaktion.
„Ich habe gedacht, er tickt gleich aus und schmeißt mit irgendwas das Fenster ein“, murmelte ich. „Ihr hättet seinen Blick sehen sollen! Er war unbeschreiblich wütend, aber ich hab keine Ahnung, wieso.“
„Hm.“ Sean schob seinen nur noch von Brotkrümeln bedeckten Teller beiseite. „Klar ist, er weiß etwas über Grey, das er nicht aussprechen will. Warum?“
„Ich habe keine Ahnung“, seufzte ich.
Celine öffnete den Mund, um etwas zu sagen, als das Telefon klingelte.
Sean sprang sofort auf. „Vielleicht ist es endlich wegen Carlos. Der Polizist hat doch gesagt, er wird uns anrufen, wenn sie Carlos haben.“
Mein ganzer Körper spannte sich an. Ich fühlte, was jetzt kommen würde.
Ich sah, dass Seans Hände zitterten, als er
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