Keks & Drugs & Rock 'n' Roll
Von dem Hügel, auf dem wir vor der Bude stehen, können wir hinüber ins richtige Mexiko schauen. Ich sehe zwischen hüben und drüben keinen Unterschied. Enge Gassen, flache Häuser und dunkle Berge. Unser Weg verliert sich auch in dieser
texanischen Finsternis.
Ich kaufe mir noch einen großen Becher Kaffe. Ich möchte nicht einschlafen, sonst fürchte ich, dass er auch einpennt.
Aber Jr. hat wieder Blei in der Schuhsohle und fährt und fährt. Er will mir, als Entschädigung für meine Beteiligung am Tanken, von seinem Essen etwas abgeben, doch am Ende isst er sogar mein Mais und meine Tomaten. Ich gebe ihm auch noch Brot und sage, dass das alles aus der Mülltonne ist, sogar die Avocados. Aber alles, was ich damit erreiche ist, dass er mir immer weniger glaubt. Zum Glück, haben wir die gute, alte Countrymusic.
Wir sind schon sehr weit in Texas, als wir einen so genannten Grenzkontrollpunkt erreichen. Die Autobahn ist gesperrt und der Verkehr wird über einen Parkplatz vor eine kleine Baude geleitet. Wir müssen anhalten und warten, bis ein Typ in brauner Uniform, mit einem Sheriffhut zu unserem Wagen kommt:
„Amerikanische Staatsbürger?“ fragt er.
Jr. antwortet sofort, fast hastig.
„Ich ja. Und der Typ hier aus Jugoslawien oder irgend sowas.“
„Na, dann einen Passport bitte“ sagt der Beamte. Dann verschwindet er mit meinem blauen Heftchen.
Ich warte eine Weile, dann gehe ihm hinterher. Es ist warm so bleibe ich barfuss, oberkörperfrei. Ich frage den Beamten ob es lange dauern wird?
„Gleich, einige Minuten noch. Fahrt ihr bitte solange zur Seite.“
Ich sage es Jr. weiter und er parkt auch ordentlich ein. Ich öffne die Tür und will meine Mokassins anziehen, da sehe ich, dass die zwei letzten Bierdosen da drinnen stecken. Die eine ist sogar geöffnet. Jr. Zischt mir zwischen den Zähnen zu:
„ Ich habse reingepackt. Wennse mich erwischen, is aus für mich!“
Er flüstert mir noch zu, dass man seinen Führerschein in Sacramento eingezogen hatte. Ja, klar ich weiß, man darf keinen Alkohol im Auto haben, und erst recht nicht trinken.
Ich gehe noch mal ohne Schuhe in das Revier zurück und frage, warum das so lange dauert? Es sind drei Uniformierte drinnen und an einem Tisch sitzen noch zwei Mexikaner. Auf dem Tisch ein großer Haufen Marihuana. Die eine Politesse füllt ein Protokollblatt mit ihnen aus. Die Jungs sind ganz locker. Ich meine die Uniformierten. Sie entschuldigen sich bei mir, aber es wird noch ein Weilchen dauern, denn wie ich sehen kann, sind sie jetzt gerade beschäftigt. Ich setze mich an eine Tischkante und so unterhalten wir uns.
„Warum gibst du nicht meine Daten in den Computer? Der kann sofort bestätigen, wer ich bin. Im Staat New York brauchte der Polizist nur eine Minute dazu“ gebe ich ein bisschen an.
Aber er blättert nur darin.
„Der Computer ist gerade beschäftigt“ zeigt er auf die Mexikaner. „Aber was ist diese Eintragung hier in dem Visum: B/I 2? Bist du aus einem Kommunistenland eingewandert, oder bist du Arbeitsuchender?“
„Ja, das mit dem Kommunisten stimmt. Aber ich bin kein Emigrant und kein Arbeitsuchender.“
„Schon gut. Dann machen wir es mal gleich fertig. Aber, kann ich dich darum bitten, draußen am Auto zu warten.“
Meine klugen Tipps gehen ihm bestimmt auf den Geist... oder wegen des Vernehmens der Mex ikaner? Ist auch egal. Ich gehe zum Auto, da fragt Jr. ganz aufgeregt:
„Wo sindse? Drinn? Dann pass auf, wennse rauskommn!“ und klemmt die Plastekappe der Innenbeleuchtung mit hastigen Bewegungen ab, nimmt eine sorgfältig zusammengefaltetes Papie rtütchen heraus und wickelt es auf. Es ist weißes Pulver darin. „Pass auf, obse kommn!“ Mit zitternden Händen dreht er einen Füllerbleistift auseinander, „Pass auf! Pass aufse auf!“ und saugt das Pulver mit dem Röhrchen in die Nase.
Mittlerweile entdecke ich, dass die beiden Bierdosen in meinen Mokassins auch schon leer und flachgedrückt sind. Ich steige aus, da ich den mit dem Sheriffhut kommen sehe. Er drückt mir meinen Pass in die Hand:
„Entschuldigung, es hat ein bisschen länger gedauert. Aber es ist alles in Ordnung mit dir. Gute Fahrt in Texas!“ winkt er und geht zu dem gerade ankommenden nächsten Auto.
Jr. atmet auf und fährt gelassen weiter. Kaum erreichen wir jedoch die Autobahn, mutiert er wieder zum Bleifuß und wir rasen in einem Kamikaze Tempo durch die Nacht. Es spielt nun keine Rolle mehr, was das Auto so verbraucht. Er meint,
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