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Keks & Drugs & Rock 'n' Roll

Keks & Drugs & Rock 'n' Roll

Titel: Keks & Drugs & Rock 'n' Roll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Virág
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überhaupt nichts über diesen Kamikaze-Cowboy. Er mag aber auch nichts über mich wissen. Irgendein verrückter, seltsamer Tscheche oder sowas aus Jugoslawien, der nicht mal einen Joint und kein Geld hat, aber über irgendwelche großen Reiseerlebnisse herumlabert. New York City, die Niagara Falls, San Francisco. Ach Blödsinn! Und der trinkt nicht mal Bier, und bei Austin weiß er nicht mal, wo lang er überhaupt will!
    Das war unser Abschied. Anstelle in gegenseitigem Vertrauen, in gegenseitigem Misstrauen. Er hat es seinen Joints, dem Bier und Speed zu verdanken. Er war sich dessen bewusst, dass sie ihn nur noch für eine begrenzte Zeit aufputschen werden. Dann aber kommt der Hammer und macht ihn K.O. anstatt O.K. Sogar mitten im Fahren. Das hat ihn so nervös gemacht. Ja, aber wenn jede Minute wichtig war, warum hat er mich nicht fahren lassen. Ich hatte ihm doch angeboten, mit ihm bis nach Hause zu fahren. Ja, zu seinen Eltern hätte er mich schon gerne als Gast mitgenommen, aber dass ich fahre? Nein, das nicht!
    Ich kann es nur schwer verdauen, dass ich jemandem begegnet bin, zu dem ich überhaupt gar keinen Faden finden konnte. Er bleibt mir immer ein Rätsel! Und am Ende hat er noch Recht. Ich stehe
     
unausgeschlafen bei Austin
    und weiß wirklich nicht, was ich mit mir anfangen soll. Ach, zurück in die Stadt! Auf derselben Route, die wir gerade gekommen sind.
    Ich frage einen alten Herrn:
    „Seien Sie so nett, welcher Bus bringt mich hier in die Stadt?“
    Der Alte nimmt mich an den Arm und läuft mit mir um die Ecke.
    „Komm, ich zeig’s dir. Ich gehe auch dorthin.“ Ich bin völlig überrascht von soviel Zutrauen. „Woher kommst du? fragt er. „Ah... Und bist du Student? Studierst du hier bei uns?“
    Eine Menge Fragen. Wir bleiben mitten auf dem Wege stehen und unterhalten uns mit breiten Gesten.
    „Aha“ sagt er, „und auf welcher Universität studierst du?“
    „Ich bin kein Student“ öffne ich meine Arme entschuldigend. Aber in diesem Moment bewegt sich etwas in mir. „Bessergesagt, ich studiere an der größten Universität: an der ‘High Way Universität“ füge ich schnell hinzu.
    Der Alte lächelt.
    „Und wie ist Amerika? Ich heiße übrigens Nelson“ sagt er im selben Atemzug.
    Wir schütteln uns die Hände. Ich stelle mich auch vor. Uns gegenüber, in einem kleinen Park, mäht ein kurzbärtiger Typ im blauen Overall das Gras und findet dermaßen Gefallen an uns, dass er sich neugierig dazu gesellt.
    „Hallo, wie geht’s? Woher denn?“
    Ich komme noch nicht dazu, mich zu äußern, da werde ich schon durch den alten Nelson vorgestellt. Und er ergänzt:
    „Schau , ich bin schon dreiundsiebzig, und ich habe noch nie jemanden gesehen, der von den Kommunisten erzogen wurde.“
    „Ich auch nicht“ sagt der Kerl im blauen Overall, „ obwohl ich Russe bin. Mein Großvater kam in den Dreißigern rüber. Wie hieß dieses Zauberwort da drüben noch mal?“
    „Meinst du Glasnost?“
    „Was für Glas?“
    „Ich meine auf Russisch heiß das sowas wie Öffnung“ sage ich.
    Der alte Nelson rückt seine Baseballmütze zu recht, und ist völlig begeistert:
    „Genau, die Menschen sollen sich direkt verständigen, nicht nur die Politiker. Wenn die Politiker nicht so viel Wind in der Welt rühren würden, würden die Menschen eher zueinander finden.“
    Ivan Pankow fällt inzwischen ein:
    „Ah, ja! Glasnost heißt auf Russisch; öffnen, aufmachen. Ja ich kann noch russisch, ich hatte es von meinem Vater gelernt.“
    Der Alte dreht wieder an seiner Baseballmütze und lächelt zufrieden. Ivan setzt weiter fort. „Wir haben hier eine Orthodoxe Kirche und um neun ist Messe. Wenn du die Stadt angeschaut hast, komme zurück dorthin. Siehst du, das blaue Haus da? Das ist unsere Kirche“ sagt er und winkt meinem Bus hinterher.
    Im Bus und in der Innenstadt sehe ich überwiegend Schwarze Leute, was mich ein bisschen überrascht. Ich dachte, Texas wird von „Niggerhassern“ beherrscht. Und mich guckt auch keiner schief an, wie ich das in dem „Easy Rider“ gesehen hatte. Die Menschen sind höflich. Vielleicht sogar ein wenig zu höflich. Sie beobachten mich mit Neugier. Elegante Anzüge, glänzend geputzte schwarze Schuhe, solide Kostüme, große Ordnung und Sauberkeit.
    Ich la ufe zwischen den zwei Stockwerk hohen Häusern der Innenstadt herum, und spüre, dass irgendeine unsichtbare Kraft die Menschen in der Hand hält. Sie überwacht die Ruhe. Wenn ich meinen Rucksack nicht hätte,

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