Keks & Drugs & Rock 'n' Roll
gewahrt, denn das Gesetz hatte er durchgesetzt. Aber jetzt ist er wieder provoziert worden, was er schon wegen des Gesetzes klären muss. Es ist ihm anzumerken, dass es ihn ankotzt. Die Verhaftung würde seine eigene Schwäche beweisen und würde ein Haufen Wirbel machen, jetzt wo alles voller Touristen wimmelt. Er versucht streng zu bleiben. „Putz es weg!“ sagt er und lässt sein Pferd nach vorn tanzen. „Ich sage nur eins, putz es weg!“
„Klar, weil ich dein schwarzer Sklave bin.“ Er redet die ganze Zeit so, dass ihn jeder deutlich hören kann. Er macht seine Show. „Schwarze und Weiße kommen nie zusammen. Es war immer so. Der Weiße kann nur befehlen.“ Sein Freund gibt ihm die Begleitstimme, als wäre er gerade zu sich gekommen: „Genau. So isses!“
Aber der Polizist ist unbeirrbar: „Los, putz es weg! Genug vom Schwarz-Weiß-Gelaber. Putz es weg! Sonst bring’ ich dich aufs Revier und dort wirst du Zeit haben deine keimige schwarz-weiße Ideologie zu erörtern...“
„Bitte, bring mich hin, du Pferdeschwanzheld. Zeig’s nun, wie man nem Schwarzen eins auswischt.“ Er spricht überheblich und lässt sich scheinbar nicht von dem Pferdekopf, der den Atem in sein Antlitz bläst, beeindrucken. Einem Zuschauer wird alles zu bunt und er macht drei Schritte zu den Glasscherben. Er kennt anscheinend den Angeklagten, denn er ruft ihm zu: „Lass das, Cam! Schade um die verfickte Zeit mit denen.“ Er dreht sich zu den Polizisten. „Ich bringe das in Ordnung, Jungs. Man muss nicht gleich wegen einer Flasche Rum eine Riesenbullenscheiße einrühren.“ Anschließend bückt er sich locker, mit einem Griff hebt er das Groß der Splitter mit der Tüte und pflopp, schmeißt er es salopp in den nahen Papierkorb. „Das war alles.“
Der Polizist kann endlich aufatmen. Er hebt seine Hand salutierend: „Danke, das war alles. Was ist daran so schwer zu verstehen?“ und bisschen ernster setzt er, sich ‘Cam’ zuwendend fort: „Nächstes Mal werd’ ich nicht so nachsichtig sein. Und du kannst dann nachdenken, wenn der Richter dich bestraft.“ Damit lässt er sein Pferd würdevoll kehrt machen, und sie reiten beide schnell davon.
Er will die Antwort, die er sowieso in seinem Rücken hört, nicht g ehört haben.
„Ihr weißarschigen Scheißefresser, Ihr wollt mir scheiß Ordnung beibringen.“ Siegestrunken schaut er zu seinen Kumpeln und zu mir. Ich versuche mit ihnen zusammen zu wiehern. Er zwinkert mich freundlich an, als würde er sagen: „Du musst es nicht persönlich nehmen, Kumpel. Es sind halt nicht alle Weißärsche Scheißefresser!“
Das hatte mich ungemein beruhigt, so konnte ich in Ruhe weitergehen, um der Ursache der großen Aktion nachzustöbern. Den Polizisten folgend gelangte ich wieder auf den Times Square. Und das selbst auferlegte Rätsel war geknackt.
Aus den Seitenstraßen des Broadways strömen elegante Damen und Herren in die Nacht. Die Theatervorstellungen sind gerade zu Ende gegangen. Vor den Ausgängen wachen berittene Polizisten über die Sicherheit des ‘teuren’ Publikums. Die Parkhöllen spucken riesige Limousine aus, die dann die lieben Herrchen und Frauchen verschlucken. Hurra, auf dem Programm waren gerade die „42-ste Straße“ und das in der Dreiundvierzigsten Straße. Wunderbar, wie die frisurgestylten Theaterbegeisterten in schicken Designerkleidern mit vom Klatschen erröteten Händen und zufriedenem Lächeln auf die Straße herausschweben. Sie haben jetzt in dem Glitzer-Prunk-Saal bestimmt alles über die Nachbarstraße erfahren. Und ich kann es mir gut vorstellen, dass sie völlig hingerissen waren von dem Schwarzen Girl, das aus der Bronx auf der 42-sten Straße landete, aber am Ende einen Millionär heiratete. Also Happy End, oder ähnliches. Aber es kann auch sein, dass das Ganze in eine herzzerreißende Tragödie mündete, die das nette Publikum in ein Tränenbad tauchte. Ach, Wurst! Kandis drüber! Der Broadway hat seine Maske aufgesetzt, um die Nacht zu durchglitzern. Deswegen musste die Gegend ihren Pöbel loswerden. Anzüge und feine Abendkleider sind angesagt bei der angenehmen Gesellschaft, die jetzt zum sterilen Spaziergang in die Legenden umwobene Nacht sticht. Sie flanieren auf und ab, kehren mal hier, mal dort ein. Einige fliegende Händler sind schon wieder aufgetaucht und bieten ihre goldenen Armbanduhren und Billigschmuck feil. Talentierte Maler, Grafiker fertigen im Schnellverfahren phantastische Portraits, die perfekter sind
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