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Keks & Drugs & Rock 'n' Roll

Keks & Drugs & Rock 'n' Roll

Titel: Keks & Drugs & Rock 'n' Roll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Virág
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da drüben?“ zeige ich auf die beiden taumelnden Figuren. „Die sind jetzt glücklich?“
    „Ach, Bullenscheiße! Das ist nicht maßgebend. Kümmere dich nicht um diese Schrotthüllen. Für die ist das hier auch noch zu langsam. Wenn du die harten Drogen meidest, hast du keine Probleme. Merk dir das, Mensch!“ Er schiebt seine schokobraune rechte Hand nach vorn, dreht die rosarote Handfläche nach oben. Ich schlage rein, dann schlägt er in meine Hand. „Also, wenn du willst, dass ich dir wegen Papieren helfe, hier findest du mich meistens“, damit dreht er ab in den Laden.
     
    Auf der Dritten Avenue sprudelt das Leben, als wären alle Leute, die sich bewegen können, hier in Harlems Zentrum geströmt. Die Bürgersteige wimmeln von Menschen, überall bunte Schaufenster, fliegende Händler bieten schreiend ihre Spielzeugautos, Spielzeugpuppen, Spielzeug-Ninjas feil.
    An einem ruhigeren Platz steht ein Dealer und „Psss!“, zwinkert er mir zu.
    „Ü, ühm“ sage ich, „kein Geld“.
    Zwanzig Schritte weiter an einer Kreuzung steht ein riesiges Schild auf einem Tisch: „NIEDER MIT DEM CRACK“. Ein Schwarzer Herr im eleganten Anzug, eine hübsche blonde Frau und noch einige nette Gesichter sammeln Unterschriften in großen Mappen. „Nieder mit den Drogen, sozialen Wohlstand für jedermann, neue Arbeitsplätze für die Arbeitslosen!“
    „Nanu“, sage ich halblaut vor mich hin, „hier ist wohl der Kommunismus ausgebrochen?“ Aber ich werde alsdann von dem eleganten Herrn zurechtgerückt: „Das größte Problem dieses Landes ist das Rauschgift. Deswegen sammeln wir Unterschriften, und wenn wir genügend zusammen haben, können wir Gesetze dagegen beantragen.“
    „Was meinst du, Gesetze. Ich dachte, das Gesetz verbietet den Besitz und den Verkauf von Rauschgiften?“
    „Ja, es ist schon verboten, jedoch das größte Problem ist, dass die kommunistischen Länder immense Mengen an Drogen in unser Land schmuggeln. So wollen sie dieses Land, die Heimat der Freiheit zerstören, das totale Chaos erreichen und dabei noch Milliarden Profit machen.“
    „Aha, und von dem Geld kaufen sie Waffen. Und sie lernen schon als Kinder das Töten. Und alle laufen in Uniformen mit kahlgeschorenem Kopf herum“ sage ich ihm zustimmend.
    „Genau! Deswegen wollen wir den Kommunismus verbieten. Terrorismus, die Bombenexplosionen, Attentate sind alles Werke der Kommies. Schau, in Nicaragua morden sie Frauen und Ki nder zu Hauf. Ein Glück, dass es die Kontras gibt, die die Dörfer schützen.“
    „Ein Glück“, kontere ich, „sonst würden die Kommunisten und die Sandinisten schon auf Washington zu ma rschieren.“
    „Ja, ja, das möchten die gerne. Vor paar Tagen hatte ich gerade im Fernsehen gesehen ... bla, bla, bla ... Aber woher bist du denn über diese Sachen so gut informiert, mein Herr?“
    „Ach so, ich? Ich komme auch aus so einem Kommunistenland.“
    „Komm, mach keinen Spaß. Du und das Kommie-Regime, das ist ein schlechter Witz, mein Herr. Wie du hier aussiehst, die hätten dich schon längst kahl geschoren und in ein terroristisches Umerziehungslager gesteckt.“
    „Wenn du es wissen willst, ich bin genau aus so einem Lager entkommen.“
    „Oh ..., das ist interessant“, sagt er nachdenklich. „Und bist du schon lange hier?“
    „Seit einem Monat.“
    „Ein Monat, ähm, ähm und du hast schon so lange Haare, und so’n Bart?!
    „Ja, die wachsen hier in der Freiheit sehr schnell, sechs Zoll in der Woche.“
    „Du nimmst mich auf den Arm, stimmt s?“
    „Um Gottes Willen, ...“
    Der arme Kerl stand völlig fassungslos da und knüllte seine zusammengerollte Liste von einer Hand in die andere.
    (Ich weiß, ich bin ein Arschloch. Aber manchmal gibt es nicht Schöneres als das. Wiederum, was soll man mit Leuten machen, die Dinge vernichten wollen, die sie gar nicht richtig kennen?!)
                  Er grübelte bestimmt noch am Abend bei der Unterschriftenzählung. Als ich schon längst
     
im Bus Richtung Connecticut
    saß, um meine Freunde, die bereits aus Kanada zurückgekehrt waren, zu besuchen. Der Bus fährt an der 42. Straße ab, bald sind wir schon an der Amsterdam Avenue. Ich sitze hinter dem Fahrer, der seit wir in Harlem sind, ohne Unterlass schimpft. An jeder dritten Ecke hat er Zoff mit den Radfahrern:
    Unsere Ampel schaltet auf Grün, er gibt Gas, im selben Moment biegt ein Radfahrer aus der nächsten rechten Querstraße kurz in unsere Spur und spurtet dem Bus entgegen.

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