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Keks & Drugs & Rock 'n' Roll

Keks & Drugs & Rock 'n' Roll

Titel: Keks & Drugs & Rock 'n' Roll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Virág
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beiden ein. Der erste, der hellste von den dreien, fängt an mich auszufragen, indem er über sich Auskunft erteilt: „Wir sind Sioux Indianer“ und zeigt mir seinen nassen, schwarzen Zopf, „Siehst du, ich habe auch so was, so sieht ein echter Sioux aus.“
    Ich präge mir seinen Anblick fest ein: Levi’s Anzug, Cowboy-Stiefel, mit pitschnassem, blaugemustertem Halstuch umwundener Kopf, scharfgeschnittenes markantes Gesicht und besoffen schielende Augen.
    Ich bleibe aber lieber bei der Hospiz Variante , und hoffe eine warme Schlummerecke in der Wartehalle erreden zu können.
    Ab er ich kann mich auch mal irren! Sie zeigen nämlich kein Erbarmen mit mir, schließlich wären sie kein Motel und kein Bahnhof. Nach einer Stunde kaltnassem Marsch und Hoffnung bin ich also wieder auf der Straße. Das mehrstöckige Krankenhausgebäude liegt ganz am oberen Ende der Stadt, wo die Berge beginnen. Zurück, stadteinwärts ragt auch ein anderes Haus in die Mehrstöckigkeit, woran ein Schild ein Altersheim ankündet. Nun Alter, schau dich um, vielleicht findest du irgendwo eine regengeschützte Nische dort ums Haus.
    Der Eingang besteht aus zwei Glastüren, die äußere ist offen, die innere aber zu. Zwischen den beiden ist ein mit Teppichboden ausgelegter Vorraum von zwei mal zwei Metern mit einem Tisch, Stuhl, Heizkörper und Telefon an der Wand. Na dann, nasse Schuhe und Klamotten auf die Heizung, Schlafsack ausrollen und es ist mir einerlei, dass man mich von draußen und von drinnen auch sehen kann, im Nu schlafe ich ein. Der Pförtner drinnen hat zwar ein halbes Auge auf mich, unternimmt jedoch bis um sechs Uhr nichts.
    Dann aber weckt er mich ganz sanft und bittet mich schnell aufzustehen, denn es ist schon reges Raus- und Rein hier. Hastig räume ich meine Sachen zusammen. Es kommen ständig Leute rein, einige alte Menschen verlassen das Gebäude, und der Pförtner verschließt jedes Mal sorgfältig die innere Tür hinter ihnen.
    Als ich fertig bin mit dem Einpacken, deutet mir eine alte Frau durch die Glaswand, ich soll noch warten, denn ich bekomme einen heißen Kaffee. Schon denke ich, nun werde ich in die Halle gelassen, aber denkste. Meine Wohltäterin kommt mit dem Becher Kaffee, öffnet die Tür gerade mal spaltbreit und balanciert ihn mit zwei Fingern haarscharf hindurch. Sobald ich den Becher berühre, lässt sie ihn los, zieht blitzschnell ihre Hand zurück und verschließt die Tür. Ich bedanke mich sehr herzlich und setze mich mit dem Kaffee an den Tisch, um auch unter diesem Vorwand ein bisschen Zeit im Warmen rauszuschindern. Ich beginne sogar Postkarten zu schreiben, um zu zeigen, dass ich kein gefährlicher Penner, sondern ein harmloser netter Bursche bin, der irgendwo Verwandte und Freunde hat. Damit breche ich das Eis. Eine Oma kommt heraus und drückt mir ein Sandwich in die Hand: „Iß es mit Appetit, ich gebe es dir gerne!“ Was für eine Solidarität, denke ich mir! Und von jetzt ab bleibt sogar die Tür angelweit offen ...
     
    Es regnet immer noch in Strömen, als ich gut aufgetankt gen Stadt loslaufe. Der Himmel runzelt dunkel seine Stirn. Aber schau mal das an! Der Wahnsinnszufall will, dass genau vor dem Haus, wo mich nachts der betrunkene Indianer um ein paar Dollar kürzen wollte, vor der Treppe in einer Pfütze zwei grüne Eindollar-Scheine kleben. Hurra, es leben die Sioux Indianer, grüße ich sie (die Dollars)! Tja, es lohnt sich doch manchmal vor die Füße zu schauen.
     
    Im Waschraum des Bahnhofs begrüße ich zwei unausgeschlafene Gesichter. Das eine steht im Unterhemd in der Ecke und wäscht sich, das andere bekommt glänzende Augen und fragt mich mit hoffnungsvoller Stimme: „Tag Freund, haste ein ‘gerolltes’ Papier für mich?“ Er hebt dabei einen imaginären Joint zwischen seinen Fingern vor seine zum Schnabel gerundeten Lippen und zieht genussvoll daran. Aber der Genuss wird bitter in seinem Mund. „Ich rauche nicht. Es tut mir leid Kumpel“ sage ich und er schaut mich mit perfektem Unverständnis an. „Verwichste Scheiße!“ ruft er mit verstörtem Blick vor sich hinstarrend und geht unsicheren Schrittes hinaus.
    Ich beginne auch, mich zu waschen und umzuziehen. Der blauäugige Bursche in der Ecke kämmt sein kurzes blondes Haar und b egrüßt mich freundlich.
    „Habt ihr immer so schlechtes Wetter hier“ frage ich ihn.
    „Nun ... jetzt im Herbst ist das normal.“ Er ist damit beschäftigt, seine gewechselte Wäsche in eine kleine Sporttasche zu stopfen.

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