Keks & Drugs & Rock 'n' Roll

dem ich mich bei der Goldmiene getrennt habe, und der jetzt am Ende der Stadt, wie abgesprochen, auf mich wartet, um mir Nachhilfeunterricht in ‘Goldabbau’ zu verpassen:
    „Fünf Gramm Gold in einer Tonne Erde lässt sich schon gewinnbringend abbauen. Die abgebaute Erde wird in die Zyanidlauge transportiert und dort wird das Gold aus der Erde gelaugt. Die Abbau- und Transportkosten sind so, dass sie pro Tonne mehr als fünf Gramm reines Gold gewinnen müssen... Dann haben sie Profit dran. Und... - natürlich in je größerem Volumen, umso rentabler. Die Erde entgiftet man nachher und sie wird wieder rekultiviert.“
    „Aha! Jetzt verstehe ich es.“
    Aber Kyrt versteht immer noch etwas von meinen Erzählungen von vorhin unterwegs im Auto nicht: Wie zum Teufel kommt jemand einfach aus dem Sowjetblock, um hier so schwups lala herumzutrampen. Hier, in der Heimat der Freiheit! Er glaubt mir gern, dass meine Geschichten über „Drüben“ ausnahmsweise nicht Teile einer wahrheitsverzerrenden kommunistischen Hetzpropaganda sind, aber exotisch sind sie schon. Die zwei einfachen Farbfotos, Made in DDR, die ich ihm zur visuellen Unterstützung meiner phantastischen Tatsachenberichte über die dortigen Leute zeige, bringen in ihm eine ganze Reihe von Fernsehfilmen ins Schwanken. Und dazu mein noch unglaublicher klingendes Bekenntnis; ich mag Ost-Berlin, die Stadt, wo die Fotos herstammen, die er nur so kennt, dass sie in jedem Film, der dort spielt, schwarz-weiß und in grauem Nebel gehüllt erscheint. Wie konnte ich es so lange dort aushalten, wo man wohlbekanntlich für einen Brotdiebstahl schon auf der Stelle erschossen wird.
    Seine noch exotischere Geschichte lautet nämlich: Die ostdeutsche Geheimpolizei heißt ‘GESTAPO’, und die Menschen laufen in Uniformen herum, und alle haben denselben militanten Haarschnitt, ...die Bürgersteige werden abends hochgeklappt, ...nur so was. Es ist klar, in dem kommunistischen Europa gibt’s Ausgangssperre,... und Diktatoren. Das Ganze muss ähnlich sein, wie Nazideutschland, nur dass die Menschen noch unfreier sind als damals...
    Tja, ich glaube, dass die ‘NBC’, ‘ABC’... und die anderen TV Gesellschaften ganz schön zu tun haben werden, um ihn wieder in die ‘normale’ Spur zu bringen, sein Hirn von dem ganzen Mist wieder reinzuwaschen . Wenn sie es überhaupt schaffen...
     
    Aber, aber! Ich bin hier, um zu trampen und nicht um zu antipropagieren. Sollen die es lieber tun, die dafür bezahlt werden, dass die Völker sich besser verkennenlernen. Es gibt so viele von denen, beiderseits. Die vertreten uns und wissen sowieso besser, was ich oder eben Kyrt brauchen, selbst, wenn ich das nicht will... Bla-bla...
    Nun, aber: Abenteuer. Raus auf die Straße! Lass meinen Daumen den Wind spüren.
     
    Die Straße verliert sich in den hügeligen Bergen in meinem Rücken, während ich den spärlichen Verkehr aus Deadwood beschwöre. Nicht ohne Erfolg. Ein sportlicher Typ rettet mich vor dem eben begonnenen kalten Regen. Bye-bye goldige Legenden, authentische Saloons. Good bye goldene Pläne schmiedender Goldschmiedesohn und grüße deine Eltern!
     
Ich küsse dich Landstraße,
    Amerikas Blutkreislauf! Saug mich auf und schleudere mich in deinem zwischen Ozeanen pro tzenden Körper herum.
    Der Fahrer ist ein weltoffener Lebemann. Sein Leben ist Tennis und er hat einen tschechischen Freund, der ein sehr guter Tennisspieler sei, mit dem er die tschechischen Super-Tennis-Stars verehrt. Er schwärmt mir den ganzen Weg - eine halbe Stunde - etwas über Navratilova und über die herrlichen Rückhandschläge von Ivan Lendl vor. „Das ist das richtige Leben, Junge: Tennis und Golf...“
    Er muss schon eine bekannte Figur in der Gegend sein, denn in dem Restaurant, wo wir uns trennen, grüßen ihn die Leute im Voraus. Er mich auch: „Also, Tschüß, Gute Reise!“ sagt er in der Tür und schreitet vorwärts, als wären wir uns nie begegnet.
    Ich habe keine Lust mehr auf ein heißes Getränk, so kehre ich mit saurer Miene zu den vier Sp uren zurück.
    Die Interstate Neunzig bei Spearfish lehrt mich , was launisches Wetter hierzulande bedeutet. Wenn die Sonne hinter den Wolken hervorkommt, wird es mir warm, wenn sie wieder verschwindet, friere ich. Und die Autofahrer rasen alle an mir vorbei.
    Schließlich gewinnt das schöne Wetter und stimmt meine Laune bombig. Die Autofahrer sollen ruhig vorbe idüsen, ich habe meine Mundharmonika.
     
    Ich hatte mal wieder wunderschöne Ideen