Keks & Drugs & Rock 'n' Roll
Mein Hirn streikt, will nicht, dass ich mich auf Kommando nach innen wende und so tue, als würde mir das wer weiß wie gut bekommen. Ich brauche es in diesem Moment überhaupt nicht. Mein Auffassungsvermögen ist unendlich erweitert und ich fühle es, ich bin in der Lage alles zu verarbeiten, denn ich bin mit mir selbst völlig einig. Ich will mich nicht nach innen, sondern nach außen wenden. Mein inneres Gleichgewicht ist bereit, jede Einwirkung von außen auszugleichen, und auf alles, was neu ist, unverzüglich zu reagieren. Ich weiß, es kommt davon, wenn man richtig unterwegs ist. Also, ich stelle fest, ich bin okay, ich liebe mich selber. Ich küsse meinen rechten Handrücken, strecke mich hin ins trockene Gras, und beobachte die Bäume und den kitschig blauen Himmel. Wir sind soweit oben, dass ich von hier aus sehr weit über den leichten Bogen der Berge hinwegschauen kann. Weit entfernt sehe ich kalksteinartig leuchtende weiße Flecken, aus denen Dampfsäulen gen Himmel schlängeln. Ah ja, das müssen Geysire sein. Ich stehe bezaubert auf, und bis Peggy und Dave zurückkommen, genieße ich den warmen Segen der Herbstsonne.
Dann fahren wir mit dem Ausdruck einer höheren Inspiration in unseren Gesichtern weiter. Sehr gelassen kommen wir am „Norris-Geysir-Becken“ an, und das ist der Gipfel unserer bisherigen Erlebnisse. Aus der Erde steigen überall schwefelhaltige Dampfwolken hoch. Verschieden große Löcher und Spalten husten blubberndes, in jeder Schattierung des Blaus spielendes, heißes Geysirwasser hoch. Manche Geysire sind so klein, dass man sie überspringen könnte, manche aber groß, wie Schwimmbecken. Die Ränder der Löcher sind mit blendend weißen, zitronen-orangen-ockergelben und rostbraunen gezackten, durchbrochenen Spitzen aus Ablagerungen gekräuselt. Wir kurven auf schmalen Holzwegen zwischen den, unter die Erde gesteckten, ewig brodelnden Bottichen und haben das Gefühl, dass es der selbstverständlichste Lauf der Dinge ist, diesen hier zu begegnen. Wir spüren alle drei, dass die Tatsache, dass wir die Natur wunderschön finden und sie in uns aufnehmen, in uns die Grenzen der menschlichen Werte erweitert und uns selber vollkommener macht. Wenn wir dagegen hier nur durchrennen würden, nach dem Motto; das haben wir auch gesehen und machten eine Menge Fotos, würden wir nicht begreifen, dass die Aufnahme jeder Farbe, jeder Form unsere Seelen bereichert, sogar unsere Gesichter verschönert. An dieser Erscheinung gemessen, kommt mir jede Abhandlung von solchen Philosophen, Ästheten, Soziologen, Theologen, Tintologen, Furzologen lächerlich vor, die, vor ihren Blättern in künstlich beleuchteten Räumen in Tabakdunst sitzend mit ärmelschonergeschützten Gehirnen Tinte sabbernd über Ästhetik, Harmonie und menschliche Beziehungen absolutistische Wahrheiten zusammenbasteln, derweilen sie sich nicht mal vorstellen können, was es bedeutet, dass das entgegenkommende ältere Paar uns zulächelt und die Frau uns gefühlvoll entgegen ruft:
„Bezaubernd.“
Nur dieses eine Wort genügt, dass wir alle dasselbe fühlen: ‘Jetzt und hier’ haben wir ein gemeinsames Erlebnis.
„Wenn du mich anlächelst, du weißt, ich versteh’s“, sagt Dave singend, „denn das ist das, was jeder in derselben Sprache tut... tut-tu-dup... Das ist ein ‘Jefferson Airplane’ Song“ erklärt er.
Die beiden Alten lächeln fröhlich zurück und gehen ihrer Wege.
„Und du?“ fragt David, „Kennst du die ‘Jefferson Airplane’?“
„Klar“ sage ich, „die Musik klingt doch in jeder Sprache gena uso.“
Er öffnet seine Arme.
„WUNDERBAR!“ sagt er mit so einer Wollust, dass in diesem einem Ausdruck die ganze Landschaft und unsere Beziehung dazu drinnen stecken... Wir beobachten die brodelnden Löcher wieder und Peggy muss ein Kopftuch wegen dem Schwefelgeruch vors Gesicht binden, David folgt ihrem Beispiel.
Als wir zurück zu den Autos gehen, entdecken wir erst den ergreifendste n Teil der Gegend. Hinter dem geschlossenen Museum erstreckt sich eine, mit hunderten von dampfenden Geysiren bestückte, leicht ansteigende Terrassen-Landschaft, in der der weiße Stein in einer breiten Strömung zu fließen scheint, voller Löcher und Risse, an deren Oberfläche eine heiße Wasserschicht den Berghang entlang plätschert. Wir sind schon Künstler im Einspeisen, so spachteln wir das hier auch mit Wonne in unsere Grausubstanz.
Erfüllt von der Natur, von einander und vor allem jeder von sich selbst ,
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