Keks & Drugs & Rock 'n' Roll
„Bis Kalifornien ist noch ein weiter Weg.“ Er greift ins Zeitungsregal nach einem Kalifornien-Autoatlas. „Hier, den schenke ich dir. Ich hoffe, dass er dir gute Dienste leistet.“
„Danke schön, ich hoffe auch, dass ich ihn schon morgen benutzen kann.“
Jimi nickt nur, er sagt selten etwas und das auch schnell in kurzen Sätzen, deren Ende er immer verschluckt. Die schwarzen Haare schauen ungekämmt unter der Mütze hervor, und seine runde Brille macht sein hageres Gesicht verträumt.
„Ich war auch drüb’n... gedient in Deutschland... zwei Jahre“ sagt er.
„Und, warum biste wieder zurück. Haben sie nicht gut bezahlt?“
„Nein. Ganz gut bezahlt. Aber... es war genug. Ach, ich brauch’s nicht... ‘siss nicht gut als Soldat im Ausland. Ich bin fünfunddreißig... Amerikaner. Hier bin ich z uhaus...“
„Unsere Soldaten sind überall“ sagt Ted, „und schützen uns in wildfremden Ländern. Das sagt die Regierung. Aber wir, die Leute, wollen das gar nicht. Ich habe keine Probleme , mit niemandem, auch mit den Russen nicht. Ich denke, die sind auch Menschen wie wir. Wenn sie Kommunisten sein wollen, sollen sie es sein! Aber mich lassen sie in Ruhe. Wir sollten auch sie und alle anderen in Ruhe lassen. Die Politiker sagen, unsere Armee ist im Ausland, um uns zu schützen. Ah, Scheiße! Sie sollen sie nach Hause bringen, damit sie uns hier hinter unseren Grenzen schützen. Es ist alles nur Gelaber, erfunden von den Politikern und den Regierungen hier und da, damit sie einander bekriegen können. Und wir sollen es bezahlen. Dafür zahle ich doch keine Steuer. Mit meinem Geld sollen sie keine Soldaten nach Nicaragua schicken.“
Jimi nickt zustimmend, sagt aber nur: „Ja, ja. So isses.“
Ted geht erneut hinaus, um jetzt, bevor er nach Hause fährt , an seinem eigenen Pickup zu basteln. Ich helfe Jimi die Werkzeuge wegzuräumen, und wenn inzwischen ein Kunde kommt, lässt er mich alleine im Gebäude. Die Kasse ist offen, aber das stört ihn nicht. Mich auch nicht. Irgendwie ist es völlig selbstverständlich, dieses Vertrauen. Ich helfe ihm die Werkstatt abzuschließen, die für größere Reparaturen und für Reifenwechsel gedacht ist.
Es ist gleich Mitternacht. Jimi muss jedoch noch bis morgen früh um sechs Uhr allein die Front halten, dann kommt seine Ablösung. Sie halten die Tankstelle und das, bescheidene Motel daneben zu fünft in acht Stunden Schichten in Betrieb. Achthundert Dollar im Monat, plus Essen und Unterkunft bekommen sie dafür. Ah, ja. Der Greyhound hält auch hier, die Tankstelle ist gleichzeitig die Bushaltestelle. Ich steige genau um Mitternacht hier ein.
HURRA! Der Fahrer nimmt mein Ticket ohne weiteres entgegen. Es gibt nur wenige Fahrgäste, so kann ich mich bequem hinlegen und sofort eindösen.
In Nevada, irgendwo
in Winnemucca, wache ich wieder auf. Das ist schon eine bedeutende Haltestelle, mit McDonald’s. Einige Leute steigen aus und ich schlafe weiter bis die Lichter von Reno, die weit in die Wüste leuchten, mich und meine Neugier wecken. Es wird gerade hell, als wir von den letzten Neonlichtern begleitet, im Stadtzentrum, in den Busbahnhof einrollen.
Das Gebäude hat alles, was ein Reisender braucht; einen Warteraum, ein, mit groß en, breiten Tischen bestücktes Restaurant, zum unbehelligten Nusskrembrotschmieren geeignet, bequeme Waschräume mit Haarföhn, ich meine Händetrockner, und eine Reihe von Fahrkartenschaltern, wo es mir gelingt, mein Ticket zur Weiterreise, für die nächsten zwei Tage nochmals zu aktualisieren. Also mein Weg nach San Francisco ist gesichert. Es lebe der Greyhound!
Trotz der frühen Zeit, - es ist gerade mal um Sieben - ist in der Stadt alles geöffnet, ausgenommen die Lebensmittelläden. Ein Kasino am anderen, winzig kleine Buden und fußballfeldgroße, mehrstöckige Riesen. Ich besuche wahllos etliche von denen, und klappere die Freispiele, zu denen man durch die, auf der Straße verteilten Handzetteln eingeladen wird, ab. Na klar, damit locken sie die Leute rein. Und wenn man, - zum Beispiel, bei dem Verein Fitzgeralds - ein Freispiel probieren will, muss man erstmal bis zum ersten Stock zwischen den zahllosen Spielmaschinen durchlaufen, die ständig klirren, knattern, blinken, um einen zum Spiel zu verleiten.
Deswegen bieten sie die Freispiele in obersten Etagen oder hintersten Räumen stehenden Spielmaschinen an. Nun ja, ich möchte mal die Person sehen, die hier bis zu dem großen Glücksrad mit steinerner
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